Hans-Jörg Bullinger: Guten Morgen. Ich mache mir da keine unrealistischen Hoffnungen. Aber ich teile die Bewunderung, die viele Wissenschaftler haben für Albert Einstein.
Durak: Weshalb? Weil er ein Genie war schlechthin?
Bullinger: Ich denke, er war ganz zweifellos ein Genie.
Durak: Was zeichnet ein Genie aus?
Bullinger: Ich glaube, dass ein Genie auszeichnet, dass man daran bleibt, komplexe Zusammenhänge zu erkennen und sie aber letztlich dann erklärbar und umsetzbar zu machen. Also nicht nur die Erkenntnis zu haben, sondern auch daraus etwas zu entwickeln und das hat Einstein ja gezeigt.
Durak: Tun das nicht alle Wissenschaftler?
Bullinger: Das versuchen alle Wissenschaftler und das gelingt auch häufig genug. Ich denke, wir haben viele Wissenschaftler, die ähnlich befriedigende Forschungsergebnisse erreicht haben wie Albert Einstein. Wir haben ja auch eine ganze Reihe von Nobelpreisträgern auch in Deutschland gehabt. In letzter Zeit ist es etwas dünner geworden. Ich glaube, für jeden von denen gilt, dass sie ähnlich bahnbrechend Erkenntnisse in ihrem Gebiet gemacht haben. Sie hatten eben nicht die grundlegende Bedeutung, wie die Arbeiten, die Einstein gemacht hat. Dazu muss man in der richtigen Zeit und in dem richtigen Erkenntnisstand geboren sein. Es ist ja, wie immer in der Wissenschaft, ich glaube sicher, wenn Albert Einstein seine Erkenntnisse nicht gebracht hätte zu der Zeit, dann wären sie später von anderen gebracht worden.
Durak: Hätte ein junger Einstein in Deutschland heutzutage die Chance, das zu werden, was der alte dann wurde?
Bullinger: Ich glaube, dass man das so sagen kann, dass es schwierig wäre, wenn Albert Einstein mit seinen schulischen Leistungen, die ja häufig genug von jungen Leuten herangezogen werden als Beispiel, was noch draus werden kann und mit seiner Vorgehensweise in der Karriere, an deutschen Universitäten und im Wechselspiel mit deutscher Forschungsbürokratie, hätte er sicher größere Schwierigkeiten gehabt. Das glaube ich sicher.
Durak: Ist das schade?
Bullinger: Ich finde, dass die Freiheit, die Autonomie, mit der Forscher seinerzeit umgehen konnten, dass die, natürlich angepasst auf die Bedingungen unserer Zeit, überdacht werden muss. Und wir sind ja gerade dabei, den Universitäten wieder ein Stück mehr Autonomie zurückzugeben. Damit kann man doch hoffen, dass für heutige Generationen wieder ähnlich gute Rahmenbedingungen entstehen, wie Einstein sie hatte.
Durak: Nun hat man ja manchmal auch seine Mühe mit solchen Feierlichkeiten, die sich über ein ganzes Jahr hinziehen. Nun wird es sich bei Albert Einstein, der ja eigentlich ein Sympathieträger ist, einfacher machen lassen. Aber wie nutzt die Fraunhofer-Gesellschaft diese Möglichkeit?
Bullinger: Nun schauen Sie, für uns ist es eine Möglichkeit, am Beispiel einer berühmten Forscherpersönlichkeit eben darauf aufmerksam zu machen, worüber wir auch gerade gesprochen haben, dass damit die Forschung natürlich nicht zu Ende ist und wir auch gerade in diesen Tagen mehr Innovation brauchen. Das wir allenthalben gefordert aber diese Innovation muss ja auf irgendetwas gründen. Und am Ende des Tage brauchen wir eben Forschungsergebnisse, auf die wir aufbauen können. Und wenn es dann gelingt, an solchen Beispielen, an solchen sicher positiv darzustellenden Beispielen zu zeigen. Das gab es, das gibt es, das brauchen wir in der Zukunft, dann, darf ich sagen, hilft uns das aus der Forschungsperspektive.
Durak: Herr Bullinger, Einstein war ja kein unpolitischer Mensch. Sein Ruf, seine Bekanntheit, sein Nimbus ja auch, speisen sich ja auch aus seinem politischen Engagement. Täuscht der Eindruck oder zeigen sich heutige Forscher da eher zurückhaltender, unpolitischer?
Bullinger: Es ist immer sehr schwierig, das auseinander zu dividieren, woher - fast könnte man ja schon sagen - der "Mythos" Einstein kommt. Der kommt natürlich aus der Gesamtpersönlichkeit. Aber es ist sicher richtig, das ist klar, das was er für politisch richtig gehalten hat, auch artikuliert hat. Hier würde man sich manchmal wünschen, dass die Forschung klarer Position bezieht. Sie kann aber natürlich nur in den Fragen Position beziehen mit Rückgriff auf die Forschung, wo das eben gestützt ist durch Forschungserkenntnisse. Auch sonst können sich die Forscher natürlich in die politische Debatte einbringen aber sie können nicht ihr Forschungsgebiet verhaften, da wo dieses nichts hergibt für die Argumentation.
Durak: Wissen Sie etwas darüber, Herr Professor Bullinger, ob im Zuge dieses Einsteinjahres auch die Verbindungen zur Schule, also zu Schülern, den Beginnern sozusagen, den jungen Möchtegernwissenschaftlern geplant ist? Wenn ja, was?
Bullinger: Das ist geplant. Das Forschungsministerium, auch die Max-Planck-Gesellschaft, die sich auch Einstein sehr verbunden fühlt, andere Forschungsorganisationen, auch wir haben solche Aktivitäten vor, dass wir gerade auch die jungen Menschen über solche Beispiele mit heranführen möchten.
Durak: Was könnte, Sie sind ja ein reiferer Mann schon, was könnte denn junge Leute an Einstein reizen, außer sein Zug zur Anarchie mit der herausgestreckten Zunge, mir seinem persönlichen - ich will nicht sagen Lotterleben aber doch - lockeren Leben?
Bullinger: Ich denke, das was an Einstein faszinieren kann, dass es ihm gelungen ist, komplexe Zusammenhänge für Dritte erklärbar zu machen und ich glaube, diese Zusammenhänge mit einer Thematik sich zu beschäftigen, ihre Wirkungskette zu erkennen, Neugierige zu befriedigen, das sind eigentlich Züge, die man zu allen Zeiten brauchte, die man aber, darf ich das vielleicht sagen, nach meiner Einschätzung, gerade zur Zeit braucht. Und wir brauchen eine neugierige Jugend, die sich nicht zufrieden gibt, mit dem was erreicht ist. Und da kann Einstein allein nicht helfen. Aber Einstein kann eben mitherangezogen werden, um das zu erreichen und um das zu bewegen.
Durak: Besten Dank. Das war Professor Hans-Jörg Bullinger, Präsident der Fraunhofer-Gesellschaft. Wir haben über Albert Einstein gesprochen.
Durak: Weshalb? Weil er ein Genie war schlechthin?
Bullinger: Ich denke, er war ganz zweifellos ein Genie.
Durak: Was zeichnet ein Genie aus?
Bullinger: Ich glaube, dass ein Genie auszeichnet, dass man daran bleibt, komplexe Zusammenhänge zu erkennen und sie aber letztlich dann erklärbar und umsetzbar zu machen. Also nicht nur die Erkenntnis zu haben, sondern auch daraus etwas zu entwickeln und das hat Einstein ja gezeigt.
Durak: Tun das nicht alle Wissenschaftler?
Bullinger: Das versuchen alle Wissenschaftler und das gelingt auch häufig genug. Ich denke, wir haben viele Wissenschaftler, die ähnlich befriedigende Forschungsergebnisse erreicht haben wie Albert Einstein. Wir haben ja auch eine ganze Reihe von Nobelpreisträgern auch in Deutschland gehabt. In letzter Zeit ist es etwas dünner geworden. Ich glaube, für jeden von denen gilt, dass sie ähnlich bahnbrechend Erkenntnisse in ihrem Gebiet gemacht haben. Sie hatten eben nicht die grundlegende Bedeutung, wie die Arbeiten, die Einstein gemacht hat. Dazu muss man in der richtigen Zeit und in dem richtigen Erkenntnisstand geboren sein. Es ist ja, wie immer in der Wissenschaft, ich glaube sicher, wenn Albert Einstein seine Erkenntnisse nicht gebracht hätte zu der Zeit, dann wären sie später von anderen gebracht worden.
Durak: Hätte ein junger Einstein in Deutschland heutzutage die Chance, das zu werden, was der alte dann wurde?
Bullinger: Ich glaube, dass man das so sagen kann, dass es schwierig wäre, wenn Albert Einstein mit seinen schulischen Leistungen, die ja häufig genug von jungen Leuten herangezogen werden als Beispiel, was noch draus werden kann und mit seiner Vorgehensweise in der Karriere, an deutschen Universitäten und im Wechselspiel mit deutscher Forschungsbürokratie, hätte er sicher größere Schwierigkeiten gehabt. Das glaube ich sicher.
Durak: Ist das schade?
Bullinger: Ich finde, dass die Freiheit, die Autonomie, mit der Forscher seinerzeit umgehen konnten, dass die, natürlich angepasst auf die Bedingungen unserer Zeit, überdacht werden muss. Und wir sind ja gerade dabei, den Universitäten wieder ein Stück mehr Autonomie zurückzugeben. Damit kann man doch hoffen, dass für heutige Generationen wieder ähnlich gute Rahmenbedingungen entstehen, wie Einstein sie hatte.
Durak: Nun hat man ja manchmal auch seine Mühe mit solchen Feierlichkeiten, die sich über ein ganzes Jahr hinziehen. Nun wird es sich bei Albert Einstein, der ja eigentlich ein Sympathieträger ist, einfacher machen lassen. Aber wie nutzt die Fraunhofer-Gesellschaft diese Möglichkeit?
Bullinger: Nun schauen Sie, für uns ist es eine Möglichkeit, am Beispiel einer berühmten Forscherpersönlichkeit eben darauf aufmerksam zu machen, worüber wir auch gerade gesprochen haben, dass damit die Forschung natürlich nicht zu Ende ist und wir auch gerade in diesen Tagen mehr Innovation brauchen. Das wir allenthalben gefordert aber diese Innovation muss ja auf irgendetwas gründen. Und am Ende des Tage brauchen wir eben Forschungsergebnisse, auf die wir aufbauen können. Und wenn es dann gelingt, an solchen Beispielen, an solchen sicher positiv darzustellenden Beispielen zu zeigen. Das gab es, das gibt es, das brauchen wir in der Zukunft, dann, darf ich sagen, hilft uns das aus der Forschungsperspektive.
Durak: Herr Bullinger, Einstein war ja kein unpolitischer Mensch. Sein Ruf, seine Bekanntheit, sein Nimbus ja auch, speisen sich ja auch aus seinem politischen Engagement. Täuscht der Eindruck oder zeigen sich heutige Forscher da eher zurückhaltender, unpolitischer?
Bullinger: Es ist immer sehr schwierig, das auseinander zu dividieren, woher - fast könnte man ja schon sagen - der "Mythos" Einstein kommt. Der kommt natürlich aus der Gesamtpersönlichkeit. Aber es ist sicher richtig, das ist klar, das was er für politisch richtig gehalten hat, auch artikuliert hat. Hier würde man sich manchmal wünschen, dass die Forschung klarer Position bezieht. Sie kann aber natürlich nur in den Fragen Position beziehen mit Rückgriff auf die Forschung, wo das eben gestützt ist durch Forschungserkenntnisse. Auch sonst können sich die Forscher natürlich in die politische Debatte einbringen aber sie können nicht ihr Forschungsgebiet verhaften, da wo dieses nichts hergibt für die Argumentation.
Durak: Wissen Sie etwas darüber, Herr Professor Bullinger, ob im Zuge dieses Einsteinjahres auch die Verbindungen zur Schule, also zu Schülern, den Beginnern sozusagen, den jungen Möchtegernwissenschaftlern geplant ist? Wenn ja, was?
Bullinger: Das ist geplant. Das Forschungsministerium, auch die Max-Planck-Gesellschaft, die sich auch Einstein sehr verbunden fühlt, andere Forschungsorganisationen, auch wir haben solche Aktivitäten vor, dass wir gerade auch die jungen Menschen über solche Beispiele mit heranführen möchten.
Durak: Was könnte, Sie sind ja ein reiferer Mann schon, was könnte denn junge Leute an Einstein reizen, außer sein Zug zur Anarchie mit der herausgestreckten Zunge, mir seinem persönlichen - ich will nicht sagen Lotterleben aber doch - lockeren Leben?
Bullinger: Ich denke, das was an Einstein faszinieren kann, dass es ihm gelungen ist, komplexe Zusammenhänge für Dritte erklärbar zu machen und ich glaube, diese Zusammenhänge mit einer Thematik sich zu beschäftigen, ihre Wirkungskette zu erkennen, Neugierige zu befriedigen, das sind eigentlich Züge, die man zu allen Zeiten brauchte, die man aber, darf ich das vielleicht sagen, nach meiner Einschätzung, gerade zur Zeit braucht. Und wir brauchen eine neugierige Jugend, die sich nicht zufrieden gibt, mit dem was erreicht ist. Und da kann Einstein allein nicht helfen. Aber Einstein kann eben mitherangezogen werden, um das zu erreichen und um das zu bewegen.
Durak: Besten Dank. Das war Professor Hans-Jörg Bullinger, Präsident der Fraunhofer-Gesellschaft. Wir haben über Albert Einstein gesprochen.
