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Geschäfte mit Kaffee, Eis und Wasser

Das Schweizer Unternehmen Nestlé ist der größte Lebensmittelkonzern der Welt - mit einem aktuellen Umsatz von rund 83,6 Milliarden Franken. Scharf kritisiert wird der Konzern vor allem für seine Geschäfte mit Trinkwasser.

Von Hans-Jürgen Maurus | 12.10.2012
    "Mein Name ist Peter Brabeck, ich komme aus Villach in Kärnten."

    Er ist der starke Mann des Nestlé-Konzerns: Peter Brabeck, langjähriger Vorstandschef und heutiger Verwaltungsratspräsident des größten Nahrungsmittelunternehmens der Welt. Ein Konzern, der 2011 immerhin einen Umsatz von 83,6 Milliarden Franken erwirtschaftete und einen Nettogewinn von 9,5 Milliarden Franken. Ein globaler Koloss also, der mehr als 330 000 Mitarbeiter in 150 Ländern beschäftigt. Auch an der Schweizer Börse ist Nestlé ein echtes Schwergewicht, so UBS-Analyst Stefan Meyer:

    "Nestlé ist der größte codierte Konzern der Schweiz, hinter den Pharmariesen Roche und Novartis. Im Swiss Marketing Index hat Nestlé ein Gewicht von beinahe einem Viertel, das ist riesengroß."

    Nestlé fährt eine Mehrsäulenstrategie, und seine Produkte kennt jeder. Ob Milchpulver, Babynahrung, Hundefutter, Eiscreme, Kaffee oder Wasser, Nestlé mischt im ganz großen Stil mit und dominiert in vielen Segmenten. Gerade beim Kaffee lässt der Konzern aus Vevey nichts anbrennen. Rund 14 Milliarden Franken setzt das Unternehmen allein mit Kaffee um, drei Viertel davon mit löslichem Kaffee, was Nestlé einen Weltmarktanteil von 50 Prozent beschert. Der ganz große Knaller ist Nespresso. Für diesen Marketing Geniestreich wurde niemand anderer als Hollywood Star George Clooney engagiert:

    "Nespresso, what else",

    ist ein geflügeltes Wort geworden, was nicht zuletzt die Konkurrenz aufgriff und ihrerseits zum Gegenangriff übergehen ließ. Denn die Umsätze und Gewinne im Kaffeekapselgeschäft sind atemberaubend, die US Investment Bank Morgan Stanley schätzt die Nespresso-Marge auf satte 38 Prozent. Eine Goldgrube, meint auch UBS Analyst Stefan Meyer:

    "Nestlé veröffentlicht dazu eigentlich keine Daten, aber die Marktvermutungen liegen in der Größenordnung von drei bis vier Milliarden Franken Umsatz. Das würde auch bedeuten, weil das eben eine überdurchschnittliche Marge hat, dass eine Milliarde Reingewinn in Franken gerechnet, drin liegen sollte."

    Angesichts solcher Umsätze, allein 2011 ein Plus von 22 Prozent, bieten mehr als ein halbes Dutzend Konkurrenten von Migros bis Fust allein in der Schweiz eigene Kaffeekapselprodukte an, worauf Nestlé mit massiven Klagen wegen Patentverletzungen reagiert. Der Kaffeekapselkrieg ist in vollem Gang und eine gütliche Einigung ist nicht in Sicht.
    Doch Nestlé steht an einer ganz anderen Front am stärksten unter Beschuss, es geht um das Wassergeschäft:

    "Leider kein Witz, das schmutzige Business mit dem Wasser. Wir recherchieren an der Quelle."

    Der Film "Bottled Life" des Schweizer Regisseurs Urs Schnell erhebt schwere Vorwürfe gegen Nestlé. Der Gigant pumpe in den USA, aber auch in Pakistan Grundwasser ab, fülle es in Pet-Flaschen ab und verkaufe es mit tausendfacher Marge. Urs Schnell zu seinem Projekt und wie er auf Nestlé kam:

    "Wir sind dann im Lauf der Recherchen rasch auf das Geschäft mit dem Flaschenwasser gekommen und dann auch sehr rasch auf Nestlé, weil Nestlé der Weltmarktführer in diesem Geschäft ist."

    Nestlé setzt bei Trinkwasser rund zehn Milliarden Franken um, doch über die eigenen Wasseraktivitäten, so Urs Schnell, wollte man mit dem Filmemacher nicht reden:

    "Das ist eine interessante – auch – Wirtschaftsgeschichte: Wie haben die das geschafft? Super Strategie? Gutes Marketingdenken? Cleveres Vorgehen? Und da hat sich dann herausgestellt, dass Nestlé darüber nicht sprechen wollte."

    Doch Nestle Übervater Peter Brabeck redet bei anderer Gelegenheit schon übers Wasser, etwa beim Weltwirtschaftsforum in Davos:

    "Ja, es gibt da bei uns ein schönes Lied. Wasser braucht das liebe Vieh, hollera und holleri. Es geht darum, ob wir das normale Wasserversorgen der Bevölkerung privatisieren oder nicht. Und da gibt es zwei verschiedene Anschauungen. Die eine Anschauung, extrem, wird von einigen NGOs vertreten, die darauf pochen, dass Wasser zu einem öffentlichen Recht erklärt wird. Und die andere, die sagt, Wasser ist ein Lebensmittel, und so wie jedes andere Lebensmittel sollte dies einen Marktwert haben."

    Und Brabecks Position ist klar:

    "Ich persönlich glaube, es ist besser, man gibt einem Lebensmittel einen Wert, sodass wir alle bewusst sind, dass das etwas kostet und dann anschließend versucht, dass man mehr spezifisch vor diesen Teil der Bevölkerung, der keinen Zugang zu diesem Wasser hat, dass man dann dort etwas spezifischerer eingreift und da gibt es ja verschiedene Möglichkeiten."

    Wasser ist durchaus ein Menschenrecht, räumt Peter Brabeck ein, aber nur 25 Liter am Tag, die der Mensch braucht. Für Wasserverschwendung wie z. B. Swimming Pools könne man ruhig zahlen. Der Kampf ums Wasser und die Geschäfte damit, das könnte die Megastory des 21. Jahrhunderts werden.