Jochen Spengler: In der sächsischen Korruptionsaffäre ist Innenminister Albrecht Buttolo in die Offensive gegangen. Gestern hat er den Präsidenten des sächsischen Verfassungsschutzes Rainer Stock von seinem Posten abberufen und bestätigte erstmals konkrete Bedrohungen von Ermittlern, Informanten und Journalisten. Auch Buttolos Amtsvorgänger, der heutige Kanzleramtschef Thomas de Maizière, steht wegen der Affäre unter Druck.
Am Telefon ist nun Steffen Winter. Er ist Spiegel-Korrespondent in Dresden. Er hat sich um die journalistische Aufklärung der sächsischen Korruptionsaffäre bemüht und er wurde deswegen bedroht. Guten Morgen Herr Winter!
Steffen Winter: Guten Morgen!
Spengler: Zunächst: worüber haben Sie recherchiert? Worüber recherchieren Sie noch?
Winter: Es ging in dem konkreten Fall um ein Grundstück am Stadtrand von Leipzig, 27.000 Quadratmeter in sehr idyllischer Lage an einem See gelegen, die in wundersamer Weise an einen Leipziger Bauunternehmer gingen und später auch tatsächlich zu Bauland wurden. Es gab da eine Quelle des Verfassungsschutzes, die behauptet hat, dass ein hochrangiger Leipziger Kommunalpolitiker dabei behilflich war.
Spengler: Und das haben Sie überprüft?
Winter: Das habe ich überprüft. Ich habe den Bauunternehmer daraufhin angerufen und mit meinen Erkenntnissen konfrontiert. Die Reaktion war insofern äußerst merkwürdig, als dass er dann zu mir sagte, wenn ich in dieser Richtung weiter recherchieren würde, dann würde er in Leipzig herumerzählen, ich hätte mich dann selbst auch an Kindern vergangen und ich sollte auch mal an meine Familie denken.
Spengler: Wie haben Sie dann reagiert?
Winter: Ich habe das zumindest nicht so sehr ernst genommen und habe ihm gesagt, dass das Gespräch jetzt damit beendet ist. Er hat dann später noch mal einen Anwalt anrufen lassen, um das alles ein bisschen wieder in ein anderes Licht zu rücken, aber es ist schon ein denkwürdiger Vorgang in diesem Falle.
Spengler: Aber Sie haben es auch den Behörden des Landes dann weitergegeben?
Winter: Das habe ich nicht weitergegeben, nein. Der Innenminister ist zwar darauf eingegangen. Wie er selbst darauf gekommen ist weiß ich nicht. Ich habe das natürlich im Kollegenkreis erzählt und auch meinen direkten Vorgesetzten in Hamburg.
Spengler: Zeigt das eigentlich, dass es sich bei der ganzen Affäre, die ja noch sehr, sehr im Nebel liegt, nicht eben um eine Geschichte der Vergangenheit, eine abgeschlossene Sache handelt, sondern dass es bis in die Gegenwart hineinreicht?
Winter: Das scheint tatsächlich so zu sein. Diese Netzwerke, die ja mehr oder weniger Verbindungen sind zwischen Richtern, Staatsanwälten, Politikern und Polizisten zur Halbwelt in Leipzig, sowohl im Immobilienbereich als auch im Rotlichtbereich, diese Strukturen scheinen durchaus bis heute noch zu wirken und man hat ja offensichtlich auch jahrelang nichts getan, um diese Klüngelkreise, wie ich sie mal nennen möchte, in irgendeiner Weise zu stören. Das passiert jetzt durch die Berichte und auch durch die Ermittlungen, die natürlich ausgelöst worden sind, und jetzt ist erstmals wirklich Druck auf die Leute vorhanden und da wird vielleicht auch überreagiert.
Spengler: Sie fühlen sich nicht eingeschüchtert und hören jetzt auf, sondern Sie machen weiter?
Winter: Ich mache selbstverständlich weiter, ja. Davon lasse ich mich erst mal nicht einschüchtern.
Spengler: Womit haben wir es denn insgesamt Ihrer Ansicht nach zu tun, mit einer richtigen Mafia, oder sind das alles zufällige Stränge, die da miteinander in Verbindung stehen?
Winter: Ich halte diese These von den Mafia-Strukturen, die ja auch der sächsische Innenminister gern benutzt, bisher für nicht erwiesen. Es scheint wirklich so zu sein, dass das informelle Netzwerke dort in Leipzig sind - nicht nur dort; es gibt ja auch im Bereich Plauen, Vogtland derartige Strukturen -, sondern dass das einfach ein Netz von gegenseitigen Abhängigkeiten zwischen den vorhin schon genannten Personenkreisen ist, die da über Jahre einfach ihre Geschäfte miteinander betrieben haben und die einen oder anderen Gefälligkeiten geleistet haben. Die Folge dessen sind natürlich dann vielleicht auch Rechtsbeugungen und andere Dinge, die jetzt ja offensichtlich ans Licht kommen.
Spengler: Herr Winter, was die ganze Sache so verwirrend macht ist, dass neben dieser Affäre natürlich jetzt eine ganze Menge Nebenkriegsschauplätze eröffnet worden sind, also die Fragen wann hat welcher Politiker was gewusst, jetzt auch die Versetzung des Verfassungsschutzpräsidenten, ob der überhaupt das alles aufzeichnen durfte. Für wie wichtig halten Sie denn diese Nebenstränge?
Winter: Es sind in der Tat Nebenstränge, aber trotzdem sind sie natürlich wichtig, weil es auch zeigt, dass ein Geheimdienst offenbar nur sehr schwer kontrolliert werden kann. In dem speziellen Fall war es ja so, dass diese Erkenntnisse schon in einem frühen Zeitraum, nämlich im Jahre 2005 von Mai bis August, wenn man den Akten glauben darf, im Dienst bekannt geworden sind und es zu strafrechtlichen Ermittlungen und Würdigungen ja erst jetzt wirklich kommen wird. Das heißt man hat jahrelang zugewartet und es ist nichts passiert. Es wurden ja auch die Parlamentarier, die eigentlich diesen Geheimdienst kontrollieren sollen, in keiner Weise informiert und sie haben per Zufall letztendlich von den Akten erfahren.
Spengler: Also auch da herrscht Aufklärungsbedarf! - Das war der Spiegel-Korrespondent Steffen Winter in Dresden. Herr Winter, danke für das Gespräch!
Winter: Bitte schön!
Am Telefon ist nun Steffen Winter. Er ist Spiegel-Korrespondent in Dresden. Er hat sich um die journalistische Aufklärung der sächsischen Korruptionsaffäre bemüht und er wurde deswegen bedroht. Guten Morgen Herr Winter!
Steffen Winter: Guten Morgen!
Spengler: Zunächst: worüber haben Sie recherchiert? Worüber recherchieren Sie noch?
Winter: Es ging in dem konkreten Fall um ein Grundstück am Stadtrand von Leipzig, 27.000 Quadratmeter in sehr idyllischer Lage an einem See gelegen, die in wundersamer Weise an einen Leipziger Bauunternehmer gingen und später auch tatsächlich zu Bauland wurden. Es gab da eine Quelle des Verfassungsschutzes, die behauptet hat, dass ein hochrangiger Leipziger Kommunalpolitiker dabei behilflich war.
Spengler: Und das haben Sie überprüft?
Winter: Das habe ich überprüft. Ich habe den Bauunternehmer daraufhin angerufen und mit meinen Erkenntnissen konfrontiert. Die Reaktion war insofern äußerst merkwürdig, als dass er dann zu mir sagte, wenn ich in dieser Richtung weiter recherchieren würde, dann würde er in Leipzig herumerzählen, ich hätte mich dann selbst auch an Kindern vergangen und ich sollte auch mal an meine Familie denken.
Spengler: Wie haben Sie dann reagiert?
Winter: Ich habe das zumindest nicht so sehr ernst genommen und habe ihm gesagt, dass das Gespräch jetzt damit beendet ist. Er hat dann später noch mal einen Anwalt anrufen lassen, um das alles ein bisschen wieder in ein anderes Licht zu rücken, aber es ist schon ein denkwürdiger Vorgang in diesem Falle.
Spengler: Aber Sie haben es auch den Behörden des Landes dann weitergegeben?
Winter: Das habe ich nicht weitergegeben, nein. Der Innenminister ist zwar darauf eingegangen. Wie er selbst darauf gekommen ist weiß ich nicht. Ich habe das natürlich im Kollegenkreis erzählt und auch meinen direkten Vorgesetzten in Hamburg.
Spengler: Zeigt das eigentlich, dass es sich bei der ganzen Affäre, die ja noch sehr, sehr im Nebel liegt, nicht eben um eine Geschichte der Vergangenheit, eine abgeschlossene Sache handelt, sondern dass es bis in die Gegenwart hineinreicht?
Winter: Das scheint tatsächlich so zu sein. Diese Netzwerke, die ja mehr oder weniger Verbindungen sind zwischen Richtern, Staatsanwälten, Politikern und Polizisten zur Halbwelt in Leipzig, sowohl im Immobilienbereich als auch im Rotlichtbereich, diese Strukturen scheinen durchaus bis heute noch zu wirken und man hat ja offensichtlich auch jahrelang nichts getan, um diese Klüngelkreise, wie ich sie mal nennen möchte, in irgendeiner Weise zu stören. Das passiert jetzt durch die Berichte und auch durch die Ermittlungen, die natürlich ausgelöst worden sind, und jetzt ist erstmals wirklich Druck auf die Leute vorhanden und da wird vielleicht auch überreagiert.
Spengler: Sie fühlen sich nicht eingeschüchtert und hören jetzt auf, sondern Sie machen weiter?
Winter: Ich mache selbstverständlich weiter, ja. Davon lasse ich mich erst mal nicht einschüchtern.
Spengler: Womit haben wir es denn insgesamt Ihrer Ansicht nach zu tun, mit einer richtigen Mafia, oder sind das alles zufällige Stränge, die da miteinander in Verbindung stehen?
Winter: Ich halte diese These von den Mafia-Strukturen, die ja auch der sächsische Innenminister gern benutzt, bisher für nicht erwiesen. Es scheint wirklich so zu sein, dass das informelle Netzwerke dort in Leipzig sind - nicht nur dort; es gibt ja auch im Bereich Plauen, Vogtland derartige Strukturen -, sondern dass das einfach ein Netz von gegenseitigen Abhängigkeiten zwischen den vorhin schon genannten Personenkreisen ist, die da über Jahre einfach ihre Geschäfte miteinander betrieben haben und die einen oder anderen Gefälligkeiten geleistet haben. Die Folge dessen sind natürlich dann vielleicht auch Rechtsbeugungen und andere Dinge, die jetzt ja offensichtlich ans Licht kommen.
Spengler: Herr Winter, was die ganze Sache so verwirrend macht ist, dass neben dieser Affäre natürlich jetzt eine ganze Menge Nebenkriegsschauplätze eröffnet worden sind, also die Fragen wann hat welcher Politiker was gewusst, jetzt auch die Versetzung des Verfassungsschutzpräsidenten, ob der überhaupt das alles aufzeichnen durfte. Für wie wichtig halten Sie denn diese Nebenstränge?
Winter: Es sind in der Tat Nebenstränge, aber trotzdem sind sie natürlich wichtig, weil es auch zeigt, dass ein Geheimdienst offenbar nur sehr schwer kontrolliert werden kann. In dem speziellen Fall war es ja so, dass diese Erkenntnisse schon in einem frühen Zeitraum, nämlich im Jahre 2005 von Mai bis August, wenn man den Akten glauben darf, im Dienst bekannt geworden sind und es zu strafrechtlichen Ermittlungen und Würdigungen ja erst jetzt wirklich kommen wird. Das heißt man hat jahrelang zugewartet und es ist nichts passiert. Es wurden ja auch die Parlamentarier, die eigentlich diesen Geheimdienst kontrollieren sollen, in keiner Weise informiert und sie haben per Zufall letztendlich von den Akten erfahren.
Spengler: Also auch da herrscht Aufklärungsbedarf! - Das war der Spiegel-Korrespondent Steffen Winter in Dresden. Herr Winter, danke für das Gespräch!
Winter: Bitte schön!
