Donnerstag, 28. März 2024

Archiv


Geschäftsmodell Bildung

Bildung ist ein Geschäft: Bücher, CDs, Weiterbildungskurse - das Angebot ist vielschichtig. Doch aktuell macht sich auch in diesem Markt die Finanzkrise bemerkbar.

Von Katrin Sanders | 17.03.2010
    Wer ein Produkt zum Anfassen zu verkaufen hat, ist auf dem Bildungsmarkt derzeit klar im Vorteil. Zu den Gewinnern der Branche gehören die smarten Technologien, allen voran die Whiteboards.

    So sehen Tafelbilder im 21. Jahrhundert aus: Texte und Bilder werden auf Berührung hin aufgerufen und verschoben. Filme, Musiken sind verfügbar, sofern sie vorher vom Lehrer auch eingebunden wurden. Die Schüler im Werbespot halten jeder ein Handyartiges Gerät in der Hand. So kann jeder die Frage des Lehrers beantworten. Maximal effektiv soll der Unterricht werden. Dieses Segment der Bildungsbranche verzeichnet Gewinne - woran auch kritische Stimmen von Lehrerinnen und Lehrern in Internetforen nichts ändern.

    Fast alle anderen Anbieter auf dem Markt der Bildungsmedien können von Gewinn nur träumen. Rino Mikulic, vom "vds bildungsmedien", der Schulbuchverlage vertritt.

    "Die Entwicklung ist in den letzten Jahren sehr negativ gewesen, also in allen Teilmärkten hatten wir, Umsatzrückgänge, die waren im allgemeinbildenden Bereich bei minus ein Prozent, im berufsbildenden Bereich minus fünf Prozent, im Erwachsenenbereich minus sechs Prozent. Das ist eine enttäuschende Entwicklung und wir gehen davon aus, dass es in 2010 noch schlechter sein wird. Es war in den Vorjahren so, dass wir im Bereich des Freizeitlernens, des Selbstlernens, des sich Vorbereitens auf Prüfungen, dass wir dort eine positive Entwicklung hatten und die war 2008 schon ein wenig eingebrochen. Wir führen das zurück auf die Wirtschaftskrise, die sicherlich auch private Haushalte belastet, so dass es dort zu Kürzungen kam."

    Wiedervereinigung und später die Rechtschreibreform waren für die Bildungsmedien eine echte Konjunkturhilfe. Jetzt fehlt dem Markt frischer Wind - und das obwohl Zeichen nicht schlecht standen: Die Reformen in Schule, von G8 über zentrale Prüfungen bis zur Zusammenlegung hätte die Erneuerung der Buch- und Medienbestände in den Schulen erwarten lassen. Das, so der vds, habe in den allermeisten Bundesländern allerdings nicht stattgefunden. Schulbücher werden länger genutzt, die Kommunen müssen sparen. Auch die Eigenanteile der Eltern beim Schulbuchkauf wurde gesenkt:

    "Das ist allerdings eine politische Entscheidung, die dahinter steckt. Hier haben eine ganze Reihe von Bundesländern eine Regelung zur Kürzung der Elternteilung am Schulbuchkauf gehabt. Das ist in Bayern, Thüringen, Saarland - es gab dies aber auch in NRW. Das ist für uns natürlich erstmal nebensächlich solange der Staat das ausgleicht für die Schule, aber das tut er nicht."

    Die Branche kämpft gegen Gewinneinbrüche nun schon im dritten Jahr. Gewinner sind die Ausnahme. Dasselbe Bild bietet auch der weit schwerer zu überschauenden Mark der Anbieter, die durch den Didacta Verband der Bildungswirtschaft vertreten werden. Den Umsatz hat hier gehalten, wer nicht neben den Kommunen noch andere Kunden hat, zum Beispiel die Möbelbranche. Rainer Koslitz, Geschäftsführer des Didacta Verbandes der Bildungswirtschaft:

    "Von der Krise her sind alle, die mit Möbel und mit Ausstattungsgegenständen zu tun haben, nicht so schlecht weggekommen. Weil auch Teile des Konjunkturpakets doch etwas gegriffen haben. Natürlich reicht das nicht. In den naturwissenschaftlichen Fächern, Laborausstattung, siehts auch nicht gut aus. Man könnte viel mehr in Neuerungen investieren, weil auch dort die Kombination zwischen e-learning und content, also Material zum Anfassen wichtig wäre. Und ich glaube schon, dass wir alle miteinander sehen, dass die Investitionsgröße zurück gegangen ist, obwohl sie alle in der Politik erzählen, dass sie doch mehr investieren wollen."

    Weniger in Bildung als in den Vorjahren investieren offenbar auch die Unternehmen. Einen Trendbarometer erstellt seit 14 Jahren, Jürgen Graf, Mitgründer und Lektor im Verlag Manager Seminare. Der Weiterbildungsmarkt ist abhängig von der wirtschaftlichen Gesamtentwicklung. Seine aktuelle Befragung unter Weiterbildungsanbietern und Personalverantwortlichen zeigt größere Einbrüche:

    "Die Unternehmen sparen, wenn es hart auf hart kommt an der Weiterbildung. Die Unternehmen müssen natürlich sehen, wie sie ihre Gelder zusammen halten und dann werden natürlich auch Weiterbildungsetats zusammenkürzen, dass selbst große Unternehmen ihre Bildungsbudgets kappen. In der aktuellen Krise merkt man natürlich das speziell in den Bereichen Automobil, Finanzwirtschaft in dem Bereich Banken, dass da die Weiterbildungsetats zusammengestrichen wurden, um zu sehen, wie geht es denn jetzt da insgesamt weiter. Und erst dann lohnt es sich natürlich Personalentwicklungsprogramme aufzulegen. Und häufig ist das natürlich die blanke Not. Also da muss das Geld eingespart werden und man guckt, wo kann man sparen und da ist Weiterbildung auch kein Tabuthema mehr."

    Banken und Automobil waren für Weiterbilder und Trainer bislang eine feste Bank. An der Krise verdienen aktuell nur die flexiblen Freiberufler, die Krisenmanagement und ähnlich passgenaue Weiterbildungen anbieten können. Für jeden zweiten Anbieter in dieser Einzelkämpferbranche aber gilt:

    "Dass wirklich jeder zweite Weiterbildungsanbieter die Auftragsrückgänge gespürt hat im Jahr 2009, das ist signifikant. Das ist noch ein bisschen stärker sogar, als es bei der Börsenblase beziehungsweise "New economy"-Crash gewesen ist. Geht an den Weiterbildungsanbietern auch nicht spurlos vorbei: Jeder zweite sagt, dass die Aufträge deutlich zurückgehen und dass 2010 auch wieder ein schwieriges Jahr wird, bis sich die Unternehmen wieder gefangen haben."

    Umsatzeinbußen, die bei mehr als sieben Prozent liegen, vermutet Jürgen Graf. Die Bedeutung einer didacta ist somit für alle, die Dienstleistungen und Bildungskonzepte auf den Markt bringen, hoch. Ob Großanbieter, die sich im Schulbuchbereich den Großteil des Kuchens untereinander aufgeteilt haben, oder die vielen Einzelanbieter, die insbesondere mit Hilfen zum Schnelllernen oder mit Lernsoftware ihre Nischen gefunden haben - sie alle hoffen hier auf neue Kundschaft. Rino Mikulic vom Vds Verband der Bildungsmedien:

    "Grad eine Didacta auch im größten Bundesland, die ist von einer ganz großen Bedeutung, die schafft es eben auch den Umsatz zu halten oder sogar einen kleinen Kick zu geben."