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Obwohl der Öffentliche Personennahverkehr täglich Millionen Fahrgäste von A nach B bringt, hat so mancher Passagier den Eindruck, es läuft nicht immer alles rund bei Bus und Bahn. Nun hat der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen in Berlin zur Jahrespressekonferenz eingeladen.

Von Dieter Nürnberger |
    Der VDV präsentierte heute Vormittag keine neue Umfrage zur Kundenzufriedenheit oder auch -unzufriedenheit. Man verwies aber auf die immer noch, im internationalen Vergleich, - so wörtlich - vorbildliche Infrastruktur im deutschen Schienenwesen. Und die Vorkommnisse hier in Berlin - Stichwort S-Bahn-Chaos - wurde als ärgerlicher und imageschadender Einzelfall charakterisiert. Dem Verband Deutscher Verkehrsunternehmen ging es eher um die Bewertung der ersten 100 Tage der schwarz-gelben Bundesregierung. Und Positives stehe hier zumindest auf dem Papier, so Claudia Langowsky, sie ist Hauptgeschäftsführerin des VDV:

    "Positiv generell ist, dass die neue Bundesregierung in ihrem Koalitionsvertrag das Thema öffentlicher Verkehr – Personen- und Schienengüterverkehr – bemerkenswert herausstellt. Die Bedeutung des Themas wird erkannt. Und nun ist man dabei, die Rahmenbedingungen zu etablieren, die dafür notwendig sind."

    Somit sei der politisch formulierte Wille zur Stärkung des Schienenverkehrs in Deutschland vorhanden. Bei den Rahmenbedingungen, auch bei den Finanzstrukturen, sei derzeit aber vieles noch unklar. Bisher sei es so gewesen, dass beispielsweise die finanziellen Mittel aus der Lkw-Maut zu 38 Prozent auch dem Ausbau oder Erhalt der Schiene zugute kamen. Nun würde aber auf Regierungsseite über eine Reform nachgedacht – so ungefähr nach der Prämisse "Straße finanziert ausschließlich Straße". Das sei nicht hinnehmbar, sagt die VDV-Geschäftsführerin.

    "Wen wir bedenken, dass die Lkw-Maut jährlich der Schiene rund 1,3 Milliarden Euro brachte, dann wäre ein Wegfall dieser Gelder eine dramatische Situation."

    Dabei gebe es gute Gründe in den Öffentlichen Personen-Nahverkehr zu investieren. So sei die Umweltbilanz von Bussen und Bahnen im Vergleich mit Pkw, Lkw oder Flugzeug drei- bis viermal besser. Das betreffe vor allem den Schadstoffausstoß. Zudem würden in diesem Bereich vorgenommene Investitionen vor allem auch wieder in die deutsche Wirtschaft zurückfließen – zu 90 Prozent, so die Rechnung des VDV. Deshalb sei gerade auch die Substanzsicherung in Deutschland wichtig.

    "Der Erneuerungsbedarf, der bis heute aufgelaufen ist, beträgt rund 3,5 Milliarden Euro. Wir reden hier auch über die Infrastruktur des Nahverkehrs – also über Tunnel, Brücken, Gleise, Stellwerke und Signaltechnik. Das ist nur der Nachholbedarf. Jährlich kommen hier aber auch rund 330 Millionen Euro dazu. 220 Millionen können die Aufgabenträger und die Unternehmen selbst beitragen, insgesamt beträgt der Bedarf aber rund 550 Millionen Euro. Damit bleibt eine Lücke von 330 Millionen. Wenn die Politik diese Infrastruktur nicht verrotten lassen will, dann muss sie jetzt handeln."

    Und für diese Substanzsicherung und die damit verbundenen Finanzierungsmittel müsse der Bund, die Regierung, nun auch langsam konkrete Konzepte erarbeiten. Ein weiteres Sorgenkind des VDV sind die nicht-staatlichen Eisenbahnen. Hier gibt es deutschlandweit inzwischen rund 4000 Kilometer Strecke, das entspricht rund elf Prozent des Eisenbahnnetzes. Auch hierfür gebe es bislang noch keine Finanzierungsgrundlage, so Claudia Langowsky.

    "Nicht bundeseigne Infrastruktur muss von ihren Besitzern selber finanziert werden. Gerade dort, wo Güterverkehr fährt, ist dies mit Trassenpreiseinnahmen überhaupt nicht zu decken. Nach der Bahnreform hat ja der Bund die Infrastrukturen – die bundeseigenen wie auch nicht bundeseigenen – auf eine Stufe gestellt. Hier hat sie sich zu einer Verantwortlichkeit bekannt. Insofern ist jetzt hier die Bundesregierung in der Pflicht, ein Finanzierungsinstrument für diese wichtigen Zulaufstrecken an das Hauptnetz mitzuetablieren."

    Die 100-Tage-Bilanz des VDV über die Arbeit der schwarz-gelben Regierung fällt also verhalten aus. Positive Programme und Ankündigungen gebe es, nun aber will der VDV Ergebnisse sehen. Und daran hat man die Regierung heute erinnert.