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Geschlechtergerechte Sprache
Professx statt Professor oder Professorin

Professor oder Professorin: Lann Hornscheidt hält beide Ansprachen für problematisch. Die Linguistin, die an der der Humboldt-Universität eine Professur für Gender-Studies innehat, bevorzugt die geschlechtsneutrale Anrede "Professx".

Von Anja Nehls |
    Studenten gehen am 14.10.2014 auf dem Campus Westend der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt am Main (Hessen) durch die glasumfasste Rotunde, die auch als Cafe dient.
    Studierende der Goethe-Universität in Frankfurt am Main. (picture alliance/dpa - Frank Rumpenhorst)
    Der Mensch ist groß und schlank und durchtrainiert, die Haare sehr kurz und bereits etwas grau, die Augen hinter der blauen Brille wach und fröhlich. Dieser Mensch könnte ein Mann sein oder eine Frau, eine Professorin oder ein Professor. Lann Horscheidt unterrichtet Linguistik an der Humboldt Universität Berlin und ist Professx.
    "Professx, das schöne an der x-Form ist ja, dass das wie 'iks' ausgesprochen wird und deshalb relativ einfach überall anzuhängen ist, und ich benutzte nicht mehr so eine Grundform wie Student, sondern ich nehme das Verb, studieren, nehme da den Stamm und hänge da das X an, Studierx. Nicht dass das X schön ist, es geht auch nicht darum, dass das X sich durchsetzen sollte, aber es soll zeigen, es gäbe eine Möglichkeit diese Sprache noch mal zu verändern."
    Und zwar um - wie bei Professor_Innen mit großem I - nicht nur Männer und Frauen zu bezeichnen, sondern auch alles andere: Transsexuelle, Transgender oder Menschen wie Lann Hornscheidt, die sich weder als Mann, noch als Frau fühlen, unabhängig davon, was im Pass steht. Dass das mit dem X nun so ein bisschen klingt wie bei Asterix und Obelix, stört Lann Hornscheidt nicht:
    "Das haben viele gesagt, meine Assoziation ist es nicht gewesen, da sagen auch viele Malcom X oder Akte X, da gibt es die verschiedensten Assoziationen."
    Und die sind alle okay, findet Professx Lann Hornscheidt. Nicht "sie" oder "er" zu sagen ist mühsam und erfordert Konzentration:
    "Ich glaube, das ist eine Frage der Gewöhnung, und alles, was neu ist, erleben wir erst mal als anstrengend. Ich versuche, Leute dazu zu ermuntern, selber Verantwortung zu übernehmen und über Sachen nachzudenken. Aber was sie benutzen, das ist doch nicht meine Entscheidung, das müssen sie alleine wissen, ich kann nur Inspirationen bieten. Es ist jetzt nicht so, dass ich der Meinung bin, alle Leute sollten jetzt die ganze Zeit X benutzen, überhaupt nicht."
    Eine schlechte Note für die Studierx bei einer falschen Formulierung ist deshalb für Hornscheidt undenkbar. Es geht um das Nachdenken über Sprache. In Schweden sei man da schon weiter und habe eine eigene Form gefunden:
    "Das gibt es eben auch han oder hun ist es da, also er oder sie. Und da ist vor zwei Jahren ein drittes Pronomen eingeführt worden, hen. Um eben sich auszudrücken, ohne immer Weiblichkeit und Männlichkeit aufzurufen. Die ist in der Transbewegung mal erfunden worden und hat sich mittlerweile weitgehend durchgesetzt."
    In Schweden ist diese Formulierung sogar von einer staatlichen Sprachbehörde beschlossen worden. In Deutschland wäre das für Lann Horscheidt so undenkbar:
    "Ich glaube auch eigentlich, dass es besser ist, wenn Sprachveränderungen von unten kommen. Also dass aus Bewegungen, aus Personen, die betroffen sind, aus Personen, die in Sprache was ändern wollen, etwas geschieht."
    Bei weiblichen Formen in der Sprache entstehen im Kopf Bilder von Frauen, bei männlichen Formen, Bilder von Männern, das zeigen Untersuchungen, sagt Lann Hornscheidt. Deshalb sollen diese Formen auch auf keinen Fall abgeschafft, sondern eben nur bewusster eingesetzt werden:
    "Einmal gab es eine weibliche Präsidentin an der Humboldt Universität. Da jetzt eine neutrale Form zu benutzen würde meiner Meinung nach Sexismus verschleiern."
    In den sozialen Medien wie Facebook hatte es zum Thema Professx Lann Hornscheidt zunächst unzählige bitterböse Kommentare gegeben, bis hin zu Morddrohungen. Jetzt beginnt, das Blatt sich eher zu wenden. Lann Hornscheidt bleibt gelassen und lächelt - so oder so.
    "Nur weil Leute was sagen, ist das noch keine Kommunikation und wenn Leute nicht respektvoll sind, fühle ich mich nicht angesprochen. Und es gibt unglaublich viele Leute, die mir positive wertschätzende Mails schreiben, wie toll, vielen Dank, ich habe mich noch nie damit beschäftigt, wie toll, vielen Dank für die Anregung, das Leben ist vielschichtiger als ich bis jetzt gedacht habe, wie spanend."