Archiv


Geschützte Hörbücher

Nicht nur Musik wird zunehmend per Download verkauft, sondern auch vertonte Literatur. Hörbücher zum Herunterladen sind auf der Frankfurter Buchmesse ein wichtiges Thema. Und die Verlage haben mit dem Kopierschutz den gleichen Kummer wie die Musikvermarkter.

Von Max Schönherr |
    Die Buchmesse 2005 ist eine Messe der Hörbücher. Jeder Verlag, der mit seinen Texten noch einen müden Euro verdienen will, stellt neben seine Bücher kleinere Kartons ins Regal. Da sind CDs drin, wo ein Sprecher eine Stunde lang Ausschnitte aus einem Buch vorliest. CDs sind - anders als Bücher - Medien, die sich leicht kopieren lassen. Aber darf man das? Barbara Dietz, Arbeitskreis Piraterie des Börsenvereins des Deutschen Buchhandls, Justiziarin beim Lübbe-Verlag:

    " Ich darf für meinen privaten Bereich eine Kopie fertigen, auch mehrere Kopien. Ich kann aber nicht eine Kopie vom Download oder der CD machen, um sie dann einem Freund oder Bekannten zu schenken. "

    Barbara Dietz ist die Piraterie-Beauftragte des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels. Ihre Arbeitsgruppe verteilt in Frankfurt leere CDs, auf denen steht, was man darf und was man nicht darf. Titel der neuen Kampagne: "Nur Original ist legal". Damit will der Börsenverein Bewusstsein vor allem bei den Verlagen schaffen. Die Aktion ist indirekt auch ein Plädoyer für einen aktiven Kopierschutz, genannt Digitales Rechtemanagement (DRM), und gegen das heute in Audiobüchern weit verbreitete digitale Wasserzeichen. Dieses stellt keinen Kopierschutz dar, sondern hinterlegt nur für den Kunden unsichtbare Copyright-Daten.

    " Ich muss die Kette herstellen können von der Ausgangs-CD bis zur illegalen Vervielfältigung, und ich muss auch jemanden haben, der das nachverfolgt. Ich bin also gegenüber dem Wasserzeichen eher kritischer eingestellt und befürworte DRM, womit ich Kopien von Vornherein in einem gewissen Maß verhindere. Mir ist auch bewusst, dass es niemals einen nicht-knackfähigen Kopierschutz geben wird. "

    Barbara Dietz meint hier keinen Kopierschutz für das klassische Hörbuch, also die Audio-CD, sondern für Hörbücher, die man übers Internet in den eigenen Rechner herüberlädt. Hörbuch-Portale schießen aus dem Boden. Eins der meist besuchten mit rund 10.000 Hörbüchern in vier Sprachen, ist Audible.de. Paul Fritze:

    " Audible ist ein Downloadportal für Hörbücher im Internet. Das heißt, Sie kriegen Hörbücher nicht als CD nach Hause geschickt, sondern Sie kriegen sie direkt in Ihren Rechner gespielt und haben sie dann zum Download auf den iPod oder sie auf CD zu brennen. "

    … natürlich mit Digitalem Rechtemanagement DRM. Nach der zweiten Kopie sagt die Datei: "Sorry, das reicht".

    Groß ist die Vielfalt der Ideen, das Hörbuch auf direktem Weg an den Kunden zu bringen. Da ist im Hörbuch-Forum z.B. die "mp3-Tankstelle" zu sehen, eine in eine Zapfsäule eingebaute Jukebox für Literatur. Etwas Ähnliches präsentiert Uwe Gagelmann mit "Allegro", einem in hellem Holz gehaltenen Kasten, der beim Buchhändler an der Wand hängen und Kunden einladen soll, Hörbücher über Kopfhörer vorzuhören.

    " Der Vorteil ist, dass man dann weiß, dass man das Hörbuch auch haben möchte. Ohne Hörbuchstation ist es halt immer ein kleines Abenteuer. Man weiß, man möchte etwas von Kafka haben, vielleicht "Die Verwandlung", der Buchhändler bestellt das Hörbuch, man hört es sich dann an, wenn es in der Buchhandlung vorrätig ist, und stellt dann fest, das ist doch nicht das, was man gesucht hat. Dann hat der Buchhändler eine aufgerissene Verpackung, die er nicht retournieren kann, und der Kunde geht unter Umständen leer aus. "

    Doch zurück zu den Verlagen, die sich im Hörbuch-Boom sonnen. Es ist der einzig wachsende Bereich der Branche. Lothar Kleiner, Geschäftsführer des S. Fischer Verlags, plädierte am Mittwoch bei einer Podiumsdiskussion auf der Buchmesse für eine konsequentes Durchsetzen eines Kopierschutzes mit DRM.

    " Wenn Sie keinen Kopierschutz haben, drücken Sie einfach auf "CC" und schicken es an Ihren Verteiler. Und das ist das Problem: Da merken Sie gar nicht, dass Sie etwas Unrechtes tun. "

    Wie er möchte kein Verleger auf der Buchmesse die Kunden, die sich eine Kopie zu viel ziehen, verdammen.

    Ein elektronisches Medium ist seit einigen Jahren von der Messe verschwunden, das eBook, ein etwas unsinnlicher tragbarer Computer, auf dessen schlechtem Display man Dostojewski lesen sollte. Lothar Kleiner hatte aber ein Schlüsselerlebnis und gibt dem eBook eine zweite Chance.

    " Wir hatten eine Veranstaltung in New York, wo der Verantwortliche von Sony vorgesprochen hat. Und wir haben uns alle so ein bisschen lächerlich gemacht über ihn, das ist doch alles tot und so. Und plötzlich zieht er dieses Buch heraus. Und da ist es schon erstaunlich, wie die Reaktionen sind: Da will man das einfach haben! "