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Geschwindigkeitskontrolle im Tunnel

Technik. – Geschwindigkeitskontrollen sind vielerorts Alltag, ob stationär als "Starenkästen" oder mobil als nahezu unsichtbare Radarpistolen. Beide Verfahren haben die Schwachstelle, dass sie nur eine kurze Strecke messen, bremst der Autofahrer vorher ab, bleibt er unbehelligt und kann nach der Messstation aufs Gas treten. In Wien werden Geschwindigkeitssünder mit diesem Verhalten bald ihr blaues Wunder erleben.

    Der Kaisermühlentunnel ist ein Nadelöhr der Wiener Stadtautobahn. 150.000 Autos passieren die an dieser Stelle sechsspurig ausgebaute Schnellstraße jeden Tag. Bis zum vergangenen Herbst war der 2200 Meter lange Tunnel eine bei Rasern beliebte Strecke, auf der regelmäßig Tempojagden veranstaltet wurden. Damit ist jetzt Schluss. Josef Binder, Chef der Wiener Gendarmerie: "Das Fahrverhalten der Verkehrsteilnehmer hat sich enorm verändert. Die Autofahrer halten sich größtenteils an das Limit und sie halten mehr Sicherheitsabstand im Tunnel. Das erhöht natürlich die Sicherheit und minimiert die Unfallgefahr. Und auch der Fahrstreifenwechsel findet nicht mehr so oft statt wie früher." Die Ursache der plötzlichen Verhaltensänderung ist ein neues Geschwindigkeitskontrollsystem. Jedes Fahrzeug wird bei Ein- und Ausfahrt per Kamera und per Lichtschranke erfasst und die Zeit zwischen beiden Erfassungen gestoppt. "Section Control" nennt die Autobahnverwaltung Asfinag das. Asfinag-Manager Georg Steyrer: "Der Tunnel hat eine Länge von 2200 Meter. Beim Tempolimit von 80 Stundenkilometern dürfen sie 100 Sekunden oder länger brauchen. Wenn Sie den Wert unterschreiten, haben Sie eine Geschwindigkeitsübertretung begangen." Dann wird unverzüglich ein Strafzettel ausgestellt und an den Fahrzeughalter verschickt.

    Die technische Innovation steckt nicht in der Messung der Fahrzeit sondern in der eindeutigen Unterscheidung der 150.000 Fahrzeuge täglich. Alfred Knapp vom Hersteller PKE Electronics erklärt das Prinzip: "Im wesentlichen werden Bild und Kennzeichen des Fahrzeuges in einer Datenbank abgelegt und sofort nach der Ausfahrt verglichen. Je nachdem ob es eine Geschwindigkeitsübertretung vorliegt, wird der Datensatz verwendet, sonst wird er automatisch verworfen." Das Kennzeichen wird per Computerscanner aus dem Foto ausgelesen. Das Verfahren hilft, die Zahl der Strafzettel geht von Woche zu Woche zurück. Dennoch bleiben genügend Raser übrig, um das System innerhalb von Rekordzeit zu amortisieren. Asfinag-Manager Steyrer: "Die ersten Wirtschaftlichkeitsberechnungen mit den bereits vorhandenen Daten zeigen, dass wir diese Anlage innerhalb eines Jahres sozusagen wieder refinanziert haben." In Österreich sollen vier weitere Kontrollanlagen dieser Art eingerichtet werden und auch deutsche Verkehrsminister wollen in diesem Fall vielleicht einmal von der Alpenrepublik lernen.

    [Quelle: Paul Reifferscheid]