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Gesellschaften nach britischem Recht
Brexit kann für deutsche Limiteds teuer werden

Viele Unternehmen sind in Deutschland als Gesellschaft nach britischem Recht registriert. Den sogenannten "Limiteds" droht mit dem Brexit ein Wechsel der Rechtsform, der vor allem für kleinere Betriebe aufwendig und teuer sein kann. Die Regierung will per Gesetz helfen.

Von Benjamin Dierks | 02.10.2018
    Näherinnen in der BOFA-Doublet GmbH (Bonner Fahnenfabrik) bei der Arbeit an den Flaggen Großbritanniens und der Europäischen Union. | picture alliance | Ulrich Baumgarten | Keine Weitergabe an Wiederverkäufer.
    Schwieriger Wechsel der Rechtsform: Näherinnen in einer Bonner Fahnenfabrik mit Flaggen Großbritanniens und der EU (Ulrich Baumgarten / picture alliance)
    "Ja, ab und zu, wenn mir drinnen im Büro der Kopf brennt, dann bin ich auch ganz froh, wenn ich mal rauskomme und ein, zwei Stunden am Lenkrad drehen kann."
    Stefan Stromberger sitzt nur noch selten selbst im Lkw. Die meiste Zeit verbringt der Geschäftsführer des Transportunternehmens AT Couriers in seinem Büro in der Nähe des Berliner Flughafens Tegel. 20 Fahrer koordiniert er von hier aus. Und zurzeit muss Stromberger sich außerdem darum kümmern, dass seine Lkw auch im kommenden Jahr noch rollen - dann, wenn Großbritannien die EU verlässt. Der Grund: Strombergers Unternehmen ist eine "private company limited by shares", eine sogenannte Limited. Das ist eine Kapitalgesellschaft mit beschränkter Haftung nach britischem Recht. Sofern es keine Einigung mit den Briten gibt, verlieren diese Gesellschaften nach dem Brexit ihre Niederlassungsfreiheit in Deutschland und werden nicht mehr anerkannt. Wer dann nicht vorgesorgt hat, wird wie eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts oder eine offene Handelsgesellschaft behandelt. Das bedeutet: Die Gesellschafter müssten auch mit ihrem Privatvermögen für Altschulden ihres Unternehmens haften.
    "Wir haben es erst mal eine ganze Weile nicht weiter beachtet, um erst mal abzuwarten, wie der politische Markt sich entwickelt, wollten uns aber trotzdem nicht darauf verlassen, dass uns jemand die Pistole auf die Brust setzt, sondern haben vorgebaut und eine GmbH gegründet und werden dann, wenn es so weit ist, die Geschäfte auf die GmbH rüberziehen."
    Bis zu 10.000 "Limiteds" und "plc" in Deutschland
    Durch die Gründung seiner GmbH sollte Stromberger keine Probleme haben, wenn das Königreich Ende März aus der EU scheidet. Der Weg dahin allerdings war aufwendig.
    "Das hat jetzt fast ein Jahr gedauert, um alle Zugänge und Lizenzen usw. zu beantragen und durchzudrücken und eben einfach, dass alle Papiere da sind, um vernünftig arbeiten zu können."
    Schätzungen zufolge gibt es etwa 8.000 bis 10.000 Unternehmen, die in Deutschland als "Limited" oder als ebenfalls britische "public limited company", kurz "plc", niedergelassen sind. Und vielen von ihnen dürfte der Übergang schwerer fallen als dem Spediteur Stromberger - vor allem, wenn sie nicht viel Geld auf der hohen Kante haben. Deshalb will Bundesjustizministerin Katarina Barley den betroffenen Unternehmen die Umwandlung in ein deutsches Unternehmen nun durch ein neues Gesetz erleichtern.
    "Zwar existieren bereits verschiedene Umwandlungsmöglichkeiten. Allerdings werden diese den besonderen Bedürfnissen von Gesellschaften in der Rechtsform einer Ltd. nicht immer gerecht."
    Kabinett berät im Oktober über Gesetz
    Heißt es im Gesetzesentwurf. Vor allem Kleinunternehmer und Existenzgründer haben Barley zufolge einst die britische Rechtsform gewählt, weil die Gründung als Limited besonders günstig und unkompliziert ist. Mit umgerechnet schon rund 100 Euro für den Verwaltungsaufwand ließ sich eine solche Gesellschaft starten. Wer nun sein Unternehmen etwa in eine GmbH umwandeln will, hat es schwerer - schon weil er vergleichsweise viel Geld für die Stammeinlage benötigt. Mathias Dubbert vom Deutschen Industrie- und Handelskammertag, kurz DIHK, in Brüssel:
    "Wenn Sie in eine GmbH umwandeln wollen, brauchen sie allein ein Startkapital in Höhe von 25.000 Euro. Und es ist mit weiterem Verwaltungsaufwand verbunden."
    Mit dem Gesetzentwurf aus dem Bundesjustizministerium soll den Betroffenen die Möglichkeit gegeben werden, mithilfe eines Verschmelzungsverfahrens in eine hiesige Gesellschaftsform zu wechseln. Schaffen sie dies nicht mehr vor März, ist eine Übergangsregelung angedacht - damit müssen sie den Plan dafür vor dem Brexit lediglich bei einem Notar beurkunden lassen. Das tatsächliche Verfahren kann dann auch danach durchgeführt werden. Im Oktober will sich das Bundeskabinett mit dem Gesetz befassen. In Kraft treten soll es am 1. Januar.