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Gesetzentwurf
Grüne wollen Maghreb-Staaten nicht zu sicheren Herkunftsländern machen

Wenn es nach der Großen Koalition geht, so sollen Algerien, Tunesien und Marokko zu sicheren Herkunftsstaaten erklärt werden. Kommende Woche könnte dieses bereits vom Bundestag beschlossene Vorhaben durch den Bundesrat gekippt werden: Insgesamt müssten drei grün-mitregierte Länder dem Vorhaben zustimmen - doch die Grünen sind dagegen.

Von Katharina Hamberger | 09.06.2016
    Der Bundesrat in Berlin tagt.
    Über den Gesetzentwurf soll kommende Woche im Bundesrat abgestimmt werden. (picture alliance / dpa / Wolfgang Kumm)
    Alle Länder der europäischen Union, Bosnien-Herzegowina, Mazedonien, Albanien, Serbien, Montenegro, Kosovo, Ghana und der Senegal. Diese Länder haben alle etwas gemeinsam: Sie gelten nach deutschem Recht als sichere Herkunftsstaaten. Jemand der aus einem dieser Länder kommt, hat nur eine sehr geringe Chance bei uns Asyl zu bekommen.
    Vorhaben könnte im Bundesrat scheitern
    Die Große Koalition möchte, dass auch die drei Maghreb-Staaten Algerien, Tunesien und Marokko zu sicheren Herkunftsstaaten werden. Im Bundestag ist das bereits beschlossen, nun könnte das Vorhaben allerdings in der kommenden Woche im Bundesrat scheitern – am Widerstand der Länder mit grüner Regierungsbeteiligung. Das berichtet die "Frankfurter Allgemeine Zeitung". Die Grünen waren schon bei vorangegangenen Abstimmungen zu sicheren Herkunftsstaaten das Zünglein an der Waage. Doch bislang hat die Stimmen Hessens, wo die Grünen Juniorpartner sind und Baden-Württembergs, wo die Grünen den Ministerpräsidenten stellen, die erforderliche Mehrheit gebracht. Dieses Mal hadert Winfried Kretschmann jedoch offenbar. Er hatte bereits angekündigt, den Gesetzentwurf genau zu prüfen.
    Das ist so auch im grün-schwarzen Koalitionsvertrag festgelegt worden: Die im Bundesrat anstehende Entscheidung werde unterstützt, falls die entsprechenden hohen verfassungsrechtlichen Voraussetzungen vorlägen heißt es dort. Bei den Grünen bestehen jedoch genau daran Zweifel. Denn im Grundgesetz heißt es, solche Staaten können zu sicheren Herkunftsländern erklärt werden, bei denen es gewährleistet erscheine, dass dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfänden. Das sehen die Grünen für die Maghreb-Staaten nicht gegeben. Bestätigt sehen sie sich auch durch eine kleine Anfrage der grünen Bundestagsfraktion an die Bundesregierung von der die "taz" berichtet. In der Antwort der Regierung heißt es, dass es in Tunesien häufig gewalttätige Übergriffe auf Schwule, Lesben und Transsexuelle gebe und sie ebenso häufig Diskriminierungen ausgesetzt seien. Zudem widerspricht die Bundesregierung auch dem nicht, dass in Tunesien Folter durch staatliche Stellen gebe, wenn auch weniger als früher.
    Alterniv-Konzept aus Schleswig-Holstein
    Aber selbst wenn Baden-Württemberg und Hessen zustimmen würden, würde das nicht ausreichen. Seit den vergangenen Landtagswahlen sind die Grünen mit Sachsen-Anhalt noch in einem Bundesland mehr – und damit in zehn insgesamt in der Koalition. Es müssten also drei grün-mitregierte Länder zustimmen. Möglich wäre hingegen, dass die Grünen, so berichtet es die "FAZ", eine Bundesratsinitiative mit einem Alternativ-Konzept einbringen - ausgearbeitet vom grünen stellvertretenden Ministerpräsidenten von Schleswig-Holstein, Robert Habeck. Er plädiert für ein neues System, mit einem beschleunigten Verfahren für Asylbewerber aus solchen Ländern mit einer niedrigen Schutzquote, sprich, deren Asylantrag nur in seltenen Fällen angenommen wird, was vor allem Menschen aus den Ländern betreffen würden, die nun sichere Herkunftsstaaten sind oder als solche eingestuft werden sollen. Das soll aus Habecks Sicht in einem gesetzlichen Automatismus festgelegt werden.