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Gesetzentwurf
Steuerpläne: Bangen um Betriebsfeste

In den Kneipen ist schon wieder Saison: Kaum ein Betrieb, kaum eine Abteilung die nicht zum Jahresende zu einer gemütlichen Weihnachtsfeier zusammen kommt. Doch damit könnte bald Schluss sein. Bundesfinanzminister Schäuble will Betriebsfeiern künftig anders besteuern. Heute hat der Bundestagsfinanzausschuss darüber beraten.

Von Stefan Maas | 24.11.2014
    Eine Bedienung trägt am 29.10.2013 in Erfurt (Thüringen) in einem Lokal ein Tablett mit Bier.
    Wirtschaftsverbände warnen, die Pläne von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble, die Besteuerung geldwerter Vorteile, könnten dazu führen, dass Arbeitgeber künftig auf Betriebsfeiern verzichteten. (picture alliance / dpa - Marc Tirl)
    Der Name des Gesetzentwurfes, um den es heute Mittag bei der öffentlichen Anhörung im Finanzausschuss des Bundestages geht, ist sperrig: Es geht um die "Anpassung der Abgabenverordnung an den Zollkodex der Union" und die "Änderung weiterer steuerlichen Vorschriften." Es war dieser letzte Teil, der besondere Aufmerksamkeit auf sich zog. Wirtschaftsverbände hatten im Vorfeld der Anhörung gewarnt, die Pläne von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble könnten in vielen Unternehmen das Ende für Betriebsfeiern bedeuten, weil diese zu teuer würden. Der Gesetzentwurf sieht vor, die Besteuerung geldwerter Vorteile, die Arbeitgeber ihren Mitarbeitern im Rahmen von Betriebsveranstaltungen gewähren, neu zu regeln.
    "Das Aus wird es nicht sein, aber es ist eine Verschärfung. Eine Verschärfung sowohl für die Arbeitnehmer auf der einen Seite als auch für den Arbeitgeber," sagt Berthold Welling. Er ist Abteilungsleiter Steuern und Finanzpolitik beim Bundesverband der Deutschen Industrie. Der BDI sehe keinen Handlungsdruck die bisher geltenden Regelungen zu ändern.
    "Denn eine Betriebsveranstaltung kommt damit viel eher in den Bereich der Lohnsteuerpflicht als es zuvor der Fall war."
    Der Gesetzentwurf des Finanzministeriums sieht vor, die bisherige Freigrenze von 110 auf 150 Euro anzuheben, zugleich aber die Bemessungsgrenze zu erweitern. Bei der Prüfung der Freigrenze sollen sämtliche Kosten einbezogen werden.
    "Bisher war es so, dass zunächst einmal die unmittelbaren Kosten dem Arbeitnehmer zugerechnet wurden. Hier geht es um Getränke oder das Abendessen. Nicht aber um den Blumenschmuck, die Anreise und sonstige Gemeinkosten."
    Für Unternehmen würden Feiern deutlich teurer
    Auch anteilige Kosten der Begleitperson sollen den Arbeitnehmern zugerechnet werden.
    "Der Bundesfinanzhof hat entschieden, dass wenn ein Partner des Arbeitnehmers oder eine Partnerin des Arbeitnehmers mit zur Betriebsveranstaltung kommt, dass dieser sogenannte geldwerte Vorteil dem Arbeitnehmer nicht zugeschlagen wird. "
    Das wolle das Finanzministerium nun ändern, sodass Arbeitnehmer Lohnsteuer zahlen müssten, wenn Ihre Partner an der Betriebsfeier teilnehmen. Der Neue Verband der Lohnsteuerhilfevereine fürchtet, dass deutlich mehr Arbeitnehmer wegen geldwerter Vorteile Steuern zahlen müssten, nur weil sie etwa zur Weihnachtsfeier gefahren seien.
    Doch auch für die Unternehmen würden solche Veranstaltungen dadurch deutlich teurer.
    "Es geht da wirklich um die Frage, was ist denn wirklich als Betriebsausgabe abziehbar und was muss notfalls der Unternehmer oder das Unternehmen selber tragen", erklärt Richard Pitterle Sprecher für Steuerpolitik der Linkspartei im Bundestag und Mitglied im Finanzausschuss.
    "Für den Bundesrat, der ja diese Änderung angeregt hat, war der Anlass, dass es da Missbräuche gegeben hat, was man da alles finanziert hat unter dem Stichwort Betriebsfeier. Und da müssen wir feststellen durch die Anhörung, ob diese Änderung berechtigt ist, oder nicht."
    Die Frage, die zu klären sei, sagt Lisa Paus, die steuerpolitische Sprecherin der Grünen Bundestagsfraktion, ob "der Steuerzahler unbedingt riesenausschweifende Partys mit 100 GoGogirls mitfinanzieren sollte, wenn ein Unternehmen das machen will, dann sollte es das auch normal besteuern müssen und nicht als Betriebsausgaben abziehen können."
    Die Anhörung habe gezeigt, so Paus, die Große Koalition müsse einige Punkte überarbeiten. Vor allem soll eine missverständliche Formulierung fallen. Die war so zu lesen, dass die höheren Freibeträge nur dann gelten sollten, wenn es sich um eine Gesamtbetriebsfeier handele. Das sei für Unternehmen mit mehreren Standorten nicht handhabbar. Natürlich könnten einzelne Standorte für sich feiern.