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Gesichtsverlust

Mit Zahlen und Fakten zum kalifornischen Social-Network-Unternehmen Facebook sollte man dieser Tage vorsichtig sein. Der 24jährige Gründer von Facebook, Marc Zuckerberg, soll es mit der Wahrheit nicht ganz so genau nehmen. Jetzt ist herausgekommen: Das Unternehmen hat 65 Millionen Dollar an ein anderes Unternehmen bezahlt, um Plagiats-Streitigkeiten beizulegen.

Marcus Schuler im Gespräch mit Manfred Kloiber |
    Manfred Kloiber: Facebook gehört zu den größten sozialen Netzwerken. Nach eigenen Angaben kommt es weltweit auf 150 Millionen Mitglieder. Auf Facebook kann man ein Profil hinterlegen und mit Freunden und Bekannten in Kontakt bleiben. Es ist besonders unter Studenten beliebt. Marcus Schuler, was genau ist da passiert?

    Marcus Schuler: Die Geschichte ist ein wenig kompliziert. Sie rückt den jungen Harvard-Studenten Mark Zuckerberg, der auf Internet-Kongressen gerne in Badelatschen auftritt, in ein etwas anderes Licht. Drei ehemalige Kommilitonen warfen Zuckerberg vor, er habe Ideen von Ihnen geklaut, als er im Jahr 2004 Facebook gründete.

    Kloiber: Diese Firma seiner Kommilitonen hieß U-Connect und dort war Zuckerberg beschäftigt?

    Schuler: Ganz genau. Dort hat er als Programmierer gearbeitet. Und zwar an einem Portal, über das sich Studenten miteinander vernetzen können. Also die Facebook-Idee. Nach einiger Zeit soll sich Zuckerberg aber von U-Connect verabschiedet und alleine weitergemacht haben. Facebook wurde ein großer Erfolg, U-Connect nicht. Vorwurf: Die Idee eigener Profilseiten sei geklaut. Man traf sich vor Gericht und einigte sich im Sommer vergangenen Jahres außergerichtlich. Streng geheim. Bemerkenswert ist die Summe, die Zuckerberg wohl an seine ehemaligen Mitstreiter bezahlt haben soll: 20 Millionen Dollar in bar und rund 45 Millionen Dollar in Facebook-Aktien.

    Kloiber: Das ist also eine Summe, die nahe legt, dass an den Plagiatsvorwürfen wohl etwas dran gewesen ist?

    Schuler: Ja, das kann man vermuten. Nun kommt aber noch ein weiteres Unternehmen ins Spiel. Nämlich kein geringeres als Microsoft.

    Kloiber: Der Software-Konzern soll sich Ende 2007 mit 240 Millionen Dollar an Facebook beteiligt haben.

    Schuler: Genau. Und als Grundlage für diesen Einstieg taxierte man damals den Gesamtwert von Facebook auf 15 Milliarden Dollar. Für seine wohl 240 Millionen bekam Microsoft also 1,6 Prozent von Facebook. Durch eine Unachtsamkeit der U-Connect-Anwälte und offenbar auch des Gerichts kam heraus: Für den Deal mit U-Connect haben die Facebook-Anwälte einen anderen Vergleichswert festgelegt: 3,7 Milliarden Dollar. Und das – wohlgemerkt noch vor der Wirtschafts- und Finanzkrise.

    Kloiber: Also: 15 Milliarden gegen 3,7 Milliarden. Wie hat sich Facebook dazu geäußert und was sagt Anteilseigner Microsoft?

    Schuler: Alle Beteiligten schweigen natürlich. Microsoft hat einen politischen Preis bezahlt, weil man dadurch Google zuvorkommen gekommen ist. So jedenfalls dürfte man die vermutlich überhöhte Summe in Redmond zu verargumentieren suchen. Hinzu kommt, der Wert von Facebook ist angesichts der Finanzkrise noch weiter gefallen, so wie der vieler anderer Unternehmen auch.

    Kloiber: Bleiben die Plagiats-Vorwürfe. Dass im Internet andauernd abgekupfert und kopiert und vermischt wird, ist doch eigentlich nichts Neues.

    Schuler: Da haben Sie recht. Aber wer im Glashaus sitzt. Facebook hat nämlich die zum deutschen Holtzbrink-Verlag gehörende Studenten-Community "Studi VZ" verklagt. Nicht nur in Deutschland, auch vor einem amerikanischen Gericht. Studi-VZ ist hierzulande sehr beliebt. Und sie hat in Deutschland mehr Nutzer als Facebook, das es erst seit wenigen Monaten auch auf deutsch gibt. Der Vorwurf von Facebook lautet Ideen-Klau.