Auf der Bühne sieht man fünf Clowns in weißen Hängerkleidchen, Schaftstiefeln und Wintermützen, von der Anmutung her eine Mischung aus Ku-Klux-Klan und Kinderparty. Sie spielen Spiele der Heranwachsenden aus der Unterschicht, also Tiere quälen, bisschen Sex, andere schikanieren, manchmal auch vergewaltigen. Dann kommt ein sechster Clown hinzu, ein Fascho-Clown, er trägt weiße Lederjacke und lila Strumpfhosen, Haare nach hinten gegelt, und er sucht sich eine Frau aus, die mit dem Petticoat und dem Tigershirt. Und er macht sie sich untertan. Als Geschenk hat er ein Buch dabei: Adolf Hitler, "Mein Kampf". Super.
Bei diesem Paar handelt es sich – nach einem realen Kriminalfall - um Ian und Myra, die sich für erwählt halten und dann gerne Kinder umbringen, Minderwertige, Unwürdige, und sie im Moor versenken. Sie nennt ihn "mein Führer", er nennt sie "Hessie", nach Rudolf Hess, weil er ja einen Stellvertreter braucht. Wenn die Clowns in ihren Labor-Situationen vergewaltigen, dann sagen sie: "Geile Fotze das". "Geile Sau". "Die legen wir jetzt hin". Wenn Ian seine Myra bei ihren Eltern besucht, dann sagt er nicht etwa: Ich werde Wein mitbringen. Sondern: Ich werde mitbringen Wein. Und sie antwortet nicht etwa: Ich werde auf Sie hören. Sondern: Ich werde hören auf Sie.
Durch die simple Umstellung von Satzgliedern wird also stakkatoartige Bedeutsamkeit erzeugt. Rainer Werner Faßbinder, der spätere Kitschfilmer aus Deutschland, wusste schon 1969, wie das geht mit der Postmoderne: Einfach auf der Sprachmüllhalde irgendwas zusammenkarren, ein bisschen braune Soße drüber kippen, schon haben wir ein unheimlich provokantes Theaterstück, auch wenn die einzelnen Szenen oft kaum eine halbe Seite füllen. 1969 im Münchner "Antitheater", als noch reale Altnazis im Publikum saßen, mochte das ja noch angehen. Aber heute?
Die Regisseurin Annette Pullen, eigentlich eine sehr genaue Personen-Beobachterin, hat vor dem Stück offenbar schon kapituliert, bevor sie überhaupt mit dem Inszenieren anfing. Das ganze Arrangement zeugt von Hilflosigkeit: Clowns, eine zentrale Bühne, um die das Publikum herumsitzt, dann eine tiefergelegte Butze, in der das Mörderpaar herumschwadroniert und seine Taten begeht. Nach jedem Mord ein weißer Flash. Selbstverständlich wird das Geschehen in der Mörder-Kombüse Castorf- und Pollesch-artig abgefilmt, damit man außen auch was davon hat und, wie es im Programmheft heißt, die Kamera als "Dokumentationsmedium" den Figuren "mediale Resonanz" garantiert. Ganz was Neues.
Im Programmheft ist auch viel vom "kollektiven, halb- bis unbewussten strukturellen Rassismus" von heute die Rede, den Faßbinders Stück angeblich untersucht. Und den, zum Beispiel, die braune Terrorzelle "Nationalsozialistischer Untergrund" dann ausagiere, unbehelligt von der insgeheim kollaborierenden Polizei. Bevor man so große Worte in den Mund nimmt, sollte man in der Freiburger Dramaturgie vielleicht mal die Struktur des Stückes untersuchen: In seiner hingekotzten Gleichgültigkeit ist es nämlich selber ein Zeugnis faschistoiden Denkens. Faßbinder inszenierte sich später ja selbst gern als schwulen Diktator, als genialischen Wüterich – die Regisseurin nimmt das auf, indem sie die mörderische Hauptfigur dezent als Faßbinder-Parodie anlegt.
Allerdings muss man in Freiburg die Leere dieses Stücks durch allerlei Zirkusübungen übertünchen, seichte Unterhaltungsmusik drüberspülen, singen und springen und turnen und greinen. Der Mörder Ian trinkt nur deutschen Wein – "hol Wein, Hessie. Ich wünsche Liebfrauenmilch". Zum Aufgeilen benützt er dann aber doch frankofones Schriftwerk, die "Justine" des Marquis de Sade. Faßbinder hat auch bösartige Vermieter-Gespräche auf Bayerisch und viel kryptisch-liturgisches Religionsgefasel dazwischengequirlt, um die Herkunft des Faschismus aus "kultischen Kannibalismen" zu verdeutlichen. Dann lässt er alle Szenen in umgekehrter Reihenfolge noch mal spielen. Die Freiburger Inszenierung mit ihrer Clockwork-Orange-Ästhetik kann uns aber leider nichts erklären, weil sie selber vom Faschismus nur das Allerbanalste verstanden hat. Im grünen Freiburg gibt das immerhin lebhaften Gesinnungsapplaus.
Bei diesem Paar handelt es sich – nach einem realen Kriminalfall - um Ian und Myra, die sich für erwählt halten und dann gerne Kinder umbringen, Minderwertige, Unwürdige, und sie im Moor versenken. Sie nennt ihn "mein Führer", er nennt sie "Hessie", nach Rudolf Hess, weil er ja einen Stellvertreter braucht. Wenn die Clowns in ihren Labor-Situationen vergewaltigen, dann sagen sie: "Geile Fotze das". "Geile Sau". "Die legen wir jetzt hin". Wenn Ian seine Myra bei ihren Eltern besucht, dann sagt er nicht etwa: Ich werde Wein mitbringen. Sondern: Ich werde mitbringen Wein. Und sie antwortet nicht etwa: Ich werde auf Sie hören. Sondern: Ich werde hören auf Sie.
Durch die simple Umstellung von Satzgliedern wird also stakkatoartige Bedeutsamkeit erzeugt. Rainer Werner Faßbinder, der spätere Kitschfilmer aus Deutschland, wusste schon 1969, wie das geht mit der Postmoderne: Einfach auf der Sprachmüllhalde irgendwas zusammenkarren, ein bisschen braune Soße drüber kippen, schon haben wir ein unheimlich provokantes Theaterstück, auch wenn die einzelnen Szenen oft kaum eine halbe Seite füllen. 1969 im Münchner "Antitheater", als noch reale Altnazis im Publikum saßen, mochte das ja noch angehen. Aber heute?
Die Regisseurin Annette Pullen, eigentlich eine sehr genaue Personen-Beobachterin, hat vor dem Stück offenbar schon kapituliert, bevor sie überhaupt mit dem Inszenieren anfing. Das ganze Arrangement zeugt von Hilflosigkeit: Clowns, eine zentrale Bühne, um die das Publikum herumsitzt, dann eine tiefergelegte Butze, in der das Mörderpaar herumschwadroniert und seine Taten begeht. Nach jedem Mord ein weißer Flash. Selbstverständlich wird das Geschehen in der Mörder-Kombüse Castorf- und Pollesch-artig abgefilmt, damit man außen auch was davon hat und, wie es im Programmheft heißt, die Kamera als "Dokumentationsmedium" den Figuren "mediale Resonanz" garantiert. Ganz was Neues.
Im Programmheft ist auch viel vom "kollektiven, halb- bis unbewussten strukturellen Rassismus" von heute die Rede, den Faßbinders Stück angeblich untersucht. Und den, zum Beispiel, die braune Terrorzelle "Nationalsozialistischer Untergrund" dann ausagiere, unbehelligt von der insgeheim kollaborierenden Polizei. Bevor man so große Worte in den Mund nimmt, sollte man in der Freiburger Dramaturgie vielleicht mal die Struktur des Stückes untersuchen: In seiner hingekotzten Gleichgültigkeit ist es nämlich selber ein Zeugnis faschistoiden Denkens. Faßbinder inszenierte sich später ja selbst gern als schwulen Diktator, als genialischen Wüterich – die Regisseurin nimmt das auf, indem sie die mörderische Hauptfigur dezent als Faßbinder-Parodie anlegt.
Allerdings muss man in Freiburg die Leere dieses Stücks durch allerlei Zirkusübungen übertünchen, seichte Unterhaltungsmusik drüberspülen, singen und springen und turnen und greinen. Der Mörder Ian trinkt nur deutschen Wein – "hol Wein, Hessie. Ich wünsche Liebfrauenmilch". Zum Aufgeilen benützt er dann aber doch frankofones Schriftwerk, die "Justine" des Marquis de Sade. Faßbinder hat auch bösartige Vermieter-Gespräche auf Bayerisch und viel kryptisch-liturgisches Religionsgefasel dazwischengequirlt, um die Herkunft des Faschismus aus "kultischen Kannibalismen" zu verdeutlichen. Dann lässt er alle Szenen in umgekehrter Reihenfolge noch mal spielen. Die Freiburger Inszenierung mit ihrer Clockwork-Orange-Ästhetik kann uns aber leider nichts erklären, weil sie selber vom Faschismus nur das Allerbanalste verstanden hat. Im grünen Freiburg gibt das immerhin lebhaften Gesinnungsapplaus.