Dienstag, 23. April 2024

Gespräch
Die unerzählte DDR im Film

Die Filme "Gundermann" und "Adam und Evelyn" erzählen vom Ende der DDR, wie man es im Kino bislang nicht gesehen hat. Was hat sich geändert, dass solche Filme möglich und nötig wurden, und was zeichnet das filmische Erzählen von der DDR heutzutage aus?

mit Jakobine Motz und Laila Stieler | 16.03.2019
Szene aus dem Film "Adam und Evelyn" von Andreas Goldstein. Zu sehen sind die Schauspieler Florian Teichtmeister, Lena Lauzemis, Anne Kanis und Milian Zerzawy
Szene aus dem Film "Adam und Evelyn" von Andreas Goldstein (Andreas Goldstein)
// Samstag, 16. März, 13.00 Uhr, Konferenzraum 1
"Gundermann" ist ein großer Erfolg, vor allem im Osten. Viele scheinen sich identifizieren zu können mit den Brüchen in der Biographie des singenden Baggerführers, der aus freien Stücken und eigenem Idealismus für die Stasi spitzelte und sich nach der Wende dafür auch nicht entschuldigen wollte. Zuschauer im Westen sagten den Filmemachern Laila Stieler und Andreas Dresen, erst durch diesen Film hätten sie die DDR zum ersten Mal verstanden. Dabei ist der Gundermann im Film eine Kunstfigur, die mit der realen Person nur bedingt zu tun hat.
Auch "Adam und Evelyn", von der Kritik hochgelobt, meidet alle DDR-Klischees. In langen Einstellungen erzählen Andreas Goldstein und Jakobine Motz vom Damenschneider Adam, der sich im Stillstand des Sozialismus sein kleines Paradies eingerichtet hat. Im Sommer 1989 folgt er eher widerwillig seiner Freundin nach Ungarn und nach Westdeutschland.
Welche Bedürfnisse und Erwartungen gibt es an das filmische Erzählen von der DDR, welche davon wurden bisher erfüllt, welche nicht? Und wie verändert sich der Blick zurück im Abstand von 30 Jahren?
Das Gespräch führt Wolfgang Schiller
Jakobine Motz, 1967 geboren und in der DDR aufgewachsen, studierte Kamera an der Hochschule für Film und Fernsehen "Konrad Wolf" in Potsdam-Babelsberg. Als DAAD-Stipendiatin ging sie für ein Jahr nach Ghana, danach nach Los Angeles, wo sie in Cinematography am American Film Institute 1998 mit dem Master of Fine Arts graduierte. Sie ist vor allem als Kamerafrau, aber auch als Schnittmeisterin, Filmautorin und freie Dozentin tätig. Zu ihren filmischen Arbeiten gehören neben "Adam und Evelyn", "Freedom Bus" (2013), "Kick in Iran" (2012) und "Behauptung des Raums" (2009).
Laila Stieler, 1965 in Neustadt/Orla, Thüringen, geboren, studierte Dramaturgie an der Hochschule für Film und Fernsehen "Konrad Wolf" in Babelsberg. Seit 1990 arbeitet Laila Stieler als Autorin, Dramaturgin und Producerin für Film- und Fernsehproduktionen.
Zu ihren bekanntesten Drehbüchern zählen die Kinofilme "Stilles Land" (1992), "Die Polizistin" (2000) und "Willenbrock" (2005), die Andreas Dresen verfilmte, für die sie 2001 den Adolf-Grimme-Preis in Gold für das Beste Drehbuch erhält ("Die Polizistin") sowie den Internationalen Literaturfilmpreis 2005 ("Willenbrock"). Sie schrieb u.a. die Drehbücher zu "Mitten in Deutschland: NSU – Die Opfer – Vergesst mich nicht" (2016; Regie: Züli Aladag), "Die Friseuse" (2010) von Doris Dörrie sowie "Liebesleben" (2007) unter der Regie von Maria Schrader.