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Gestrauchelter Hoffnungsträger

Pharmakologie. - Für den Bayer-Konzern war es eine Hiobsbotschaft, einer der Hoffnungsträger der Leverkusener Pharmasparte muss vorerst vom Markt genommen werden. Der Cholesterinsenker Lipobay steht im Verdacht, für tödliche Fälle von Muskelschwund verantwortlich zu sein.

    Der Wirkstoff des Medikaments, Cerivastatin, gehört zur Klasse der Statine, die zu den leistungsfähigsten Blutfettsenkern gehören. Mit ihrer Anwendung will man die Gefahr von Gefäßkrankheiten bei Patienten mit erhöhtem Cholesterinspiegel senken. Cerivastatin gelingt dabei eine Senkung um bis zu 40 Prozent. Allerdings hat auch dieses Hochleistungsmedikament Nebenwirkungen, die jedoch bekannt sind und auf die Hersteller wie die Bayer AG in ihren Patienten und Arztinformationen hinweisen. "Die wichtigste und gravierendste Nebenwirkung sind Veränderungen in der Muskulatur, im Extremfall können die Muskelzellen zerstört werden und durch freigesetzte Produkten aus der Muskelzelle kann die Niere geschädigt werden", erklärt der Pharmakologe Winfried Beil von der Medizinischen Hochschule Hannover. Die äußerste Konsequenz ist der Tod des Patienten.

    Diese Nebenwirkungen treten nur bei sehr hohen Statinspiegeln im Blut auf. Diese können bei extrem hoher Dosierung des Medikament entstehen. "Allerdings ist das der geringste Teil der Fälle", so Beil. Wesentliche wichtiger sind die Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten, die dazu führen, dass auch bei moderater Einnahme des Mittels der Statinspiegel im Blut über die kritische Grenze steigt. Insbesondere Gemfibrozil, ein anderer Cholesterinsenker, behindert den Statinabbau in der Leber und sorgt dadurch für eine längere Verweildauer des Wirkstoffs im Körper. Durch regelmäßige Neuzufuhr des Medikaments kann so der gefährliche Spiegel erreicht werden. Über diese Wirkung der gesamten Stoffklasse waren sich die Hersteller im klaren, entsprechende Hinweise in den Informationsschriften fehlten nicht.

    [Quelle: Ralf Krauter]