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Gesundes aus der Truhe

Die biologisch wirtschaftenden Landwirte sehen sich derzeit im Aufwind, angesichts der vielen Skandale im konventionellen Bereich und der Verunsicherung der Verbraucher, ausgelöst vor allem durch die Rinderkrankheit BSE. Auch wenn die Zahl der Biobauern langsam, aber stetig steigt, so gibt es immer noch Probleme mit dem Absatz. In nur wenigen Kaufhausketten sind Bioprodukte zu finden, oft bleibt als Alternative nur der Direktvertrieb oder der Bauernmarkt um die Ecke.

von Annette Eversberg |
    Im Bundesland Schleswig-Holstein will nun Bioland, einer der großen Verbände des biologischen Anbaus, einen weiteren Absatzmarkt erschließen und Biogemüse als Tiefkühlprodukt anbieten. Ein Angebot, das auch viele Supermarktketten und andere Großabnehmer interessiert.

    Dithmarschen nördlich von Hamburg gehört zu den Gemüseangebaugebieten in Deutschland. Die Böden sind gut, das Klima ist gemäßigt, und der Vorteil für die Landwirte liegt darin, daß sie wenig mit Schädlingsbefall zu kämpfen haben, und auch Schimmelpilze sich kaum auf dem Gemüse niederlassen, weil der Nordseewind die Pflanzen immer wieder schnell abtrocknet. Das alles ist geradezu ideal für den biologischen Landbau, der ohne Spritz- und Düngemittel auskommen muß. Und so haben sich immer mehr Bauern im Raum Büsum und Heide dazu entschlossen, ihren konventionellen in einen ökologisch wirtschaftenden Betrieb umzuwandeln. Der Nachteil, die Märkte sind die ökologisch wirtschaftenden Betriebe in diesem Raum ebenso fern, wie für ihre konventionellen Kollegen. Regionale Absatzmöglichkeiten in großer Zahl, wie etwa im Rheinland oder in Westfalen gibt es in der Marschenlandschaft nicht. Rainer Carstens aus Wöhrden bei Büsum, seit mehr als 10 Jahren Biolandwirt, hat aus der Not eine Tugend gemacht.

    Es gibt immer wieder Zeiten, wo es zu viel Blumenkohl gibt, wo es zuviel Brokkoli gibt. Und da habe ich überlegt, Mensch, was kannst Du damit machen, und dann bin ich auf die Idee gekommen, es einzufrieren.

    Der Landwirt gründete ein Unternehmen, in dem nur biologisch erzeugte Produkte tiefgefroren werden. Neben den klassischen Kohlarten auch Möhren, Zucchini und vor allem Erbsen.

    Wir fangen unsere Saison mit den Erbsen an, das ist eigentlich unser Hauptprodukt. Erbsen wachsen hier besonders gut, es ist nicht zu warm. Die Erbsen reifen schön langsam ab. Und wir haben auch ungefähr 8 Wochen Zeit sie zu verarbeiten, dadurch daß wir unsere Ernte staffeln. Und wir können unsere Erbsen innerhalb kürzester Zeit verarbeiten. Das ist das Wichtigste. Sie müssen vier Stunden nach der Ernte verarbeitet sein.

    Das heißt, sie werden gesiebt, gewaschen, blanchiert und dann bei 18 Grad minus tiefgefroren. Das Biofrostunternehmen mit inzwischen 25 festangestellten Mitarbeitern gehört zum Biolandverband Schleswig-Holstein. Von den 100 landwirtschaftlichen Betrieben der Erzeugergemeinschaft liefern 70 ihre Ware an Rainer Carstens.

    Wir machen mit den Landwirten feste Verträge. Der Landwirt weiß ganz genau, wieviel Geld er für sein Produkt bekommt, das sagen wir ihm schon vorher zur Aussaat der Produkte. Und er weiß ganz genau, wann er sein Geld bekommt. Wir nehmen in der Regel alles frisch vom Feld ab. Die frische Vermarktung und die Tiefkühlvermarktung paßt eigentlich gut zusammen. Viele Sachen sind erst möglich geworden, z.B. der Blumenkohlanbau, daß ich den Überhang, den ich produzieren muß, um frisch zu verkaufen, anderweitig verarbeiten kann und auch zu Geld machen kann.

    Die Ernte des vorigen Jahres ist bis auf die letzten Vorräte verkauft. Mit der kommenden Ernte wird es ebenso sein. Immer mehr Kunden, die keine Biomärkte unmittelbar vor der Haustüre haben, nehmen das neue Angebot aus der Tiefkühltheke wahr. Auch wenn der Preis mit ca. 4 Mark pro Pfundpackung Gemüse etwas höher ist als bei konventionell erzeugten Produkten. Die Nachfrage steigt stetig. Mit 20 Tonnen hat das Unternehmen angefangen. 5000 Tonnen Tiefkühlware werden in der kommenden Saison produziert. Das entspricht bereits einem Viertel der Kapazität großer Tiefkühlunternehmen. Die bundes- und sogar europaweite Vermarktung ist garantiert. Z.B. über die Firma Frosta, die das Gemüse aus Dithmarschen unter dem Label Bioland in alle Supermärkte liefert. Auch Nestlé, Hipp und Alete gehören zu den Abnehmern der biologisch erzeugten Tiefkühlware. Für ihre Babykost. Und der Verbraucher kann, so Rainer Carstens, auch bei der Tiefkühlware sicher sein, daß der Biolandverband hält, was er verspricht.

    Diese Kontrollen werden vom Bioland durchgeführt. Der Bioland-Verband kontrolliert Frosta. Er guckt, wo kommt die Ware her. Sind es wirklich Biolandbetriebe. Stimmt es mit den einkauften Mengen überein. Eingekaufte und verkaufte Menge. Es wird praktisch die ganze Buchführung auf den Kopf gestellt.