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Gesundheitskarte im Test

Geht es nach dem Willen von Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt, dann soll ab kommendem Jahr die elektronische Gesundheitskarte die vertraute Versicherungskarte ersetzen. Ein ehrgeiziges Projekt. Schließlich soll es bundsweit Patienten, Ärzte, Apotheken, Krankenhäuser und Krankenkassen miteinander vernetzen. Das Ziel: die medizinische Versorgung zu verbessern, indem künftig Unverträglichkeiten von Medikamenten verhindert und Doppeluntersuchungen vermieden werden. Als eines von mehreren Pilotprojekten wird die elektronische Gesundheitskarte zur Zeit in Flensburg getestet.

Von Jasper Barenberg |
    Von der gewohnten Versicherungskarte unterscheidet sich die elektronische Gesundheitskarte äußerlich nur durch das digitale Passbild. Ihre Leistungsfähigkeit steckt in einem Mikrochip. Der nämlich speichert neben den üblichen Standartdaten der Versicherten zusätzlich auch Angaben zur Blutgruppe, zu Allergien, Impfungen. Und kann bei Bedarf mit weitern Informationen beschrieben werden – mit Warnhinweisen über Unverträglichkeiten etwa oder mit einer Dokumentation bisher verschriebener Medikamente.

    Ich bin fest davon überzeugt, dass die Gesundheitskarte sowie andere elektronische Kommunikationsstrukturen ein Muss sind für die Zukunft – um diesen wachsenden bürokratischen Bedarf in eine Form zu bringen, die noch handhabbar ist für alle Beteiligten.

    Ulrich Schröder, ärztlicher Direktor der Diakonissenanstalt – einem der beiden beteiligten Krankenhäuser in Flensburg. Ein Drittel ihrer Arbeitszeit verbringen die Ärzte der Klinik im Durchschnitt mit Dokumentationspflichten und Rückfragen bei niedergelassenen Kollegen. Mit der Gesundheitskarte ändert sich das: Mehr Zeit für die Patienten durch mehr Transparenz.

    Man weiß sofort, ob bestimmte Untersuchungen schon gelaufen sind, man kennt die Medikation des Patienten – egal, bei welchem Arzt er zuvor gewesen ist, wenn die gesamte Patientendokumentation in elektronischer Form jederzeit abrufbar ist.

    Von den Vorzügen der elektronischen Gesundheitskarte ist auch Ingeborg Kreutz überzeugt. Seit langem bemüht sich die praktische Ärztin darum, die Zusammenarbeit mit anderen Kollegen zu verbessern und hat deshalb vor einigen Jahren das Gesundheitsnetzwerk Flensburg mit ins Leben gerufen. Daraus ist nun das Pilotprojekt Gesundheitskarte hervorgegangen.

    Nehmen wir mal einen Patienten, der sich schon länger bei mir in Behandlung befindet und den ich jetzt zum Kardiologen weiterschicken möchte. Bei diesen Patienten kann ich wesentliche Vorerkrankungen auf der Karte vermerken. Und mit dieser Karte geht dann der Patient zum Facharzt. Und dort können diese Daten direkt über die EDV eingelesen werden und stehen dann dem mitbehandelnden Kollegen direkt zur Verfügung.

    Neben den beiden Krankenhäusern sind 45 Arztpraxen mit insgesamt 60 Ärzten am Test der Gesundheitskarte beteiligt und weit über 100 Karten an Patienten ausgegeben worden. Wo immer das geschieht, stößt das Angebot auf große Zustimmung bei den Patienten. So auch in der Praxis von Eckehard Meißner.

    Bei den Patienten, die wir fragen, ist die Akzeptanz sehr gut. Es gibt praktisch niemanden, der die Karte nicht möchte, weil die Vorteile, die die Patienten davon haben, das eben bestimmte Notfalldaten immer verfügbar sind, überzeugen. Wir haben jetzt eine Befragung gemacht bei 439 Patienten, die in den verschiedenen Arztpraxen waren. Und über 75 Prozent, knapp 80 Prozent der Patienten wollen die neuen Funktionen nutzen.

    Die AOK in Schleswig-Holstein treibt das Projekt entschieden mit voran. Von der Informationsvernetzung verspricht sie sich weniger Doppel- und Mehrfachuntersuchungen. Und damit auch Einsparungen bei Behandlungskosten und in der Verwaltung. Und für die Zukunft sind noch weitere Funktionen der Gesundheitskarte vorgesehen. So soll sie eines Tages auch als Schlüssel dienen für eine elektronische Patientenakte, in der wichtige Befunde wie etwa Röntgenbilder zentral gespeichert sind. Ein Herzpatient aus Kiel könnte dann aus der Ferne von einem Spezialisten in München begutachtet werden. All das ist nicht nur kostspielig, sondern auch technisch ausgesprochen anspruchsvoll. Wie sehr, das zeigt sich in Flensburg gerade bei dem Versuch, die Gesundheitskarte durch ein elektronisches Rezept zu ergänzen. Apotheker Peter Froese ist als Vorsitzender des Apothekerverbandes von Schleswig-Holstein in das Pilotprojekt eingebunden.

    Wir brauchen einiges an Zeit, um die technischen Voraussetzungen herzustellen, um Software zu entwickeln, um die Apothekensysteme auch anzupassen. Und wir wollen lieber etwas sorgfältig tun und dann auch sicher tun, als dass schnell etwas bereitgestellt wird.

    Anders als geplant sind Apotheken in Flensburg deshalb noch nicht mit entsprechenden Lesegeräten ausgestattet. Sobald aber letzte Details zwischen Ärzten, Softwareentwicklern und Apothekern geklärt sind, soll in Flensburg auch dieser Schritt vollzogen werden.

    Wir werden Mitte Januar wieder zu den Flensburger Apotheken gehen. Und werden dort ankündigen, dass wir derzeit die technischen Voraussetzungen schaffen, den Netzanschluss, der ja auch sicher sein muss. Und dann bis Ende Januar/Mitte Februar dann auch die Gerätevoraussetzungen in den Apotheken schaffen, die dann an dem Modelprojekt teilnehmen wollen.