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Gesundheitsschäden durch Heilsaft?

Täglich viel Obst zu essen oder Saft zu trinken, das gehört zu den Standard-Empfehlungen von Ernährungsberatern. Manche Menschen möchten sich noch gesunder ernähren und auf diese Konsumenten zielen Angebote, die mehr Gesundheit versprechen - teilweise zu enorm hohen Preisen. Gesundheit für viel Geld verspricht zum Beispiel Noni-Saft. Eine Literflasche kostet um die 50 Euro. Doch möglicherweise schadet der Saft mehr als er nutzt.

Von Victoria Eglau |
    Noni-Saft wird aus der Frucht des Noni-Baumes gewonnen, Morinda Citrifolia lautet sein botanischer Name. Der Baum wächst unter anderem auf den Südsee-Inseln Französisch Polynesiens, in Indien und Australien. Die Noni-Frucht ist etwa so groß wie ein Hühnerei, ihr Geschmack erinnert an den von Käse. Wer die Informationsmaterialien der Noni-Saft-Anbieter liest, erfährt, dass ihr Produkt gegen Bluthochdruck, Krebs, Schmerzen, Verdauungsprobleme und Depressionen wirken kann - um nur einige Anwendungsgebiete zu nennen. Die Verbraucherzentrale Berlin hat schon mehrfach Anfragen zu Noni-Saft erhalten. Ernährungsberater Christoph Römer:

    " Die Fragen sind natürlich, ob das eine gute Sache ist. Weil von den Verkäufern den Leuten wahre Wunder versprochen werden. Das gibt ja fast nichts, wogegen Noni-Saft nicht helfen soll. Von Allergien bis zum Krebs. Und das ist natürlich sehr bedenklich, und die Leute fragen, ob da nun was dran ist oder nicht."

    Mit der Frage, welche Eigenschaften Noni-Saft tatsächlich besitzt, hat sich auch die EU schon beschäftigt. Vor gut zwei Jahren wurde das Produkt Tahitian Noni Juice der US-amerikanischen Firma Morinda zum Verkauf in der Europäischen Union zugelassen. Das Wissenschaftliche Komitee für Lebensmittel der EU kam nach eingehender Prüfung zu dem Schluss, dass Tahitian Noni Juice zwar nicht schädlich ist, aber auch nicht mehr bewirkt als andere Fruchtsäfte:

    " Die Daten und Informationen, die dem Wissenschaftlichen Komitee für Lebensmittel der EU zur Verfügung stehen, geben keinen Aufschluss darüber, dass Tahitian Noni Juice über mehr gesundheitsfördernde Eigenschaften als andere Fruchtsäfte verfügt,"

    heißt es in dem Bericht. Stefan Morgenstern ist unabhängiger Vertriebspartner von Tahitian Noni Juice und verdient mit Noni-Saft sein Geld. Morgenstern hebt besonders dessen vorbeugende Wirkung hervor und hält deswegen auch den Preis von 49 Euro für eine Flasche, die für einen Monat reicht, für gerechtfertigt:

    " Gib dem Körper, was er braucht, und dann in 10, 20, 30 Jahren bekommt man vielleicht keine dieser Volkskrankheiten - aber einen Garantieschein gibt's natürlich auch bei Noni nicht, ganz klar. Es ist im Prinzip nichts anderes als ein Fruchtsaft. Und die Basis ist eben die Noni-Frucht, die eben Inhaltsstoffe hat, die es in keiner vergleichbaren Frucht gibt. Wir nennen es einen echten Tut-Gut-Saft, weil er eben wirklich gesundheitsfördernde Eigenschaften hat, die man mit nichts anderem vergleichen kann."

    Dass Noni-Saft nicht gut tut, sondern im Gegenteil die Gesundheit schädigen kann, das vermuteten Ärzte in Österreich. Dort traten drei Verdachtsfälle einer akuten toxischen Hepatitis nach Einnahme von Noni-Saft auf. Daraufhin wurde die Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit aktiv. Sie untersuchte Proben des Tahitian Noni Juice unter anderem auf die schädlichen Substanzen Rubiadin und Lucidin und das Schimmelpilzgift Patulin. In der vergangenen Woche veröffentlichte die staatliche Agentur folgendes Ergebnis:

    " Eine lebertoxische Wirkung durch Tahitian Noni Juice ist aufgrund der derzeit vorliegenden Erkenntnisse nicht nachvollziehbar."

    Dem deutschen Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit wurde vor einem Jahr ebenfalls ein Verdachtsfall einer leberschädigenden Wirkung von Noni-Saft bekannt. Für eine Prüfung seien aber keine ausreichenden Daten vorhanden gewesen, heißt es aus dem Bundesamt.

    Sowohl die österreichischen Experten als auch die aus Brüssel machten ihre Aussagen übrigens nur zum Marktführer "Tahitian Noni Juice". Auch andere Anbieter verkaufen in der EU Noni-Saft. Sie mussten vorher die wesentliche Gleichwertigkeit ihres Produkts feststellen lassen und es dann bei der Europäischen Kommission notifizieren. Mit den angeblichen Heilkräften von Noni-Saft werben darf in der EU kein Unternehmen, denn er ist nicht als Medizin, sondern als so genanntes "neuartiges Lebensmittel" zugelassen.

    Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit hat jetzt weitere Untersuchungen angeregt. Forschungsbedarf bestehe bezüglich des Einflusses der Lagerung auf die Reifung und den Fermentierungsgrad der Noni-Säfte.