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Gesundheitswesen
Kritik an Rabattaktionen für Schöhnheits-OPs

Rabatte und Sonderaktionen für Schönheits-OPs werden immer beliebter, kritisiert die Wettbewerbszentrale. Sie bemängelt zudem, dass die Krankenkassen eine zunehmend aggressive Kundenwerbung betreiben und Zusatzbeiträge verschleiern würden. Außerdem erschwerten sie den Versicherten die Kündigung ihrer Mitgliedschaft.

Von Michael Braun |
    Passanten vor dem Schaufenster einer Schönheitspraxis in Berlin, die Botox-to-go und Fett-weg-Behandlung anbietet
    Schönheitspraxis in Berlin, die Botox-to-go und Fett-weg-Behandlung anbietet (imago/Jochen Tack)
    "Tuppern war gestern", heißt es auf dem Flugblatt, jetzt werde "zur exklusiven Botox-Party" eingeladen. Eine Heilpraktikerin bittet in eine Zahnartpraxis, Samstag und Sonntag, jeweils 14 bis 16.30 Uhr. Dazu Adresse, Telefonnummer, die Mailadresse, die mit "botox-party" vor dem @ beginnt und ein Foto einer Frau: Vier Punkte rechts und links neben den Augen, zwei zwischen den Augenbrauen, an denen die Botoxspritze ansetzen wird.
    Das alles zum Sonderpreis: "Angebot", steht auch noch auf dem Flugblatt: 110 statt 265 Euro. Und das für eine Behandlung mit Botox, einem verschreibungspflichtigen Produkt.
    Die Wettbewerbszentrale, eine Einrichtung der Wirtschaft, findet das unseriös, unlauter, gar gesetzwidrig. Geschäftsführerin Christiane Köber:
    "Das Standesrecht sieht das nicht vor, die Gebührenordnung sieht das nicht vor. Die Gebührenordnung sieht Preise vor nach der Abrechnung. Nach der Behandlung wird abgerechnet innerhalb des Gebührenrahmens. Die Standesordnungen verbieten eine plakative Werbung, eine reißerische Werbung. Und Verstöße gegen diese beiden Vorschriften stellen dann zugleich immer auch einen Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht dar."
    Die Kundschaft gerade für Schönheitsoperationen wachse, erzählt Frau Köber, und es sei nicht nur zahlungskräftige Kundschaft. Frauen sparten sich die Brustvergrößerung vom Munde ab, achteten oft mehr auf den Preis als auf die medizinische Qualität, nutzten deshalb auch gerne Angebote, per Bus nach Tschechien oder in die Türkei zu reisen, um dort die Körbchengröße verändern zu lassen. Deshalb wachse auch bei Ärzten hierzulande die Bereitschaft, mit Festpreisen, Rabatten, Sonderaktionen oder kostenlosen Zuwendungen zu werben. Ärzte dürften die Preise für ärztliche Behandlungen aber nicht selbst festlegen:
    Wo Preise vorgeschrieben sind, wird die Umgehung gesucht
    "Die Freiheit ist allerdings nicht grenzenlos, sondern Ärzte sind natürlich, wie alle anderen auch, den wettbewerbsrechtlichen Vorgaben unterlegen. Das heißt: Sie müssen sich an die Vorgaben ihrer Berufsordnung halten, an die Vorgaben des Heilmittelwerbegesetzes und natürlich auch an das allgemeine Wettbewerbsrecht."
    Überall, wo Preise administriert sind, wird die Umgehung gesucht. Ausländische Versandapotheken etwa behaupten, für sie gelte nicht die Preisbindung, der inländische Apotheker bei rezeptpflichtigen Arzneimitteln unterliegen. Die Wettbewerbszentrale ist bis vor den Europäischen Gerichtshof gezogen. Das Urteil wird bald erwartet. Der Generalanwalt beim EuGH hatte kürzlich im Schlussantrag die deutschen Festpreise kritisiert: Sie diskriminierten ausländische Apotheken.
    Ein weiteres Feld, auf dem die Wettbewerbszentrale aktiv ist, ist der Wettbewerb gesetzlicher Krankenkassen um Mitglieder. Die Kassen müssen seit gut einem Jahr Zusatzbeiträge verlangen, wenn sie mit dem Regelsatz nicht auskommen. Wo die Zusatzbeiträge hoch sind, sind die Mitglieder schnell mit der Kündigung bei der Hand. Deshalb wird der Zusatzbeitrag sprachlich vernebelt, etwa als "Variobeitrag". Und sogenannte "aggressive geschäftliche Handlungen" gebe es auch, sagt Frau Köber:
    "Wir haben zum Beispiel festgestellt, dass den Mitgliedern der Austritt beziehungsweise die Kündigung der Mitgliedschaft sehr erschwert wird. So wird zum Beispiel Mitgliedern die Kündigungsbestätigung nicht ausgestellt, die zwingend notwendig ist für den Neueintritt in eine andere Krankenkasse."
    Im ganzen vorigen Jahr landeten in diesen Fragen 50 Beschwerden bei der Wettbewerbszentrale wegen der Werbung gesetzlicher Krankenkassen. In diesem Jahr waren es schon 40. Es werde offenbar mit zunehmend härteren Bandagen gekämpft im Gesundheitswesen.