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Getanzte Lebensfreude aus Israel

Mayumana - der Name steht für eine israelische Tanzgruppe, die auf der ganzen Welt Erfolge feiert. Sieben Millionen Zuschauer haben die Shows schon gesehen. Ganz bewusst lassen die Tänzer die politische Entwicklung in ihrer Heimat außen vor.

Von Oliver Kranz | 11.07.2013
    Sie sitzen auf Holzkisten und trommeln im Takt. Ihre Körper straffen sich im Rhythmus der Musik, bis die Ersten aufspringen und die Kisten umkreisen. Sie johlen, stampfen mit den Füßen und scheinen vor Lebensfreude zu platzen. "Mayumana" das ist zuerst eine ungeheure Energie.

    "Das Wort ‚mayumana‘ habe ich erfunden. Es kommt vom hebräischen ‚mayumunu‘, was Fähigkeiten bedeutet,"

    erklärt Eylon Nuphar, die die Kompagnie gemeinsam mit Boaz Berman gegründet hat. Der Name passt, weil die Akteure echte Multitalente sein müssen. Musiker müssen tanzen, Tänzer singen, Schauspieler beatboxen.

    "Das Besondere an der Show ist ihre Vielfalt. Wir werden oft als Tanzkompanie angekündigt, aber das ist nur halbwahr. Bei uns wird getanzt, gesungen und mit selbst hergestellten Instrumenten Musik gemacht. Wir spielen auch sehr mit Zuschauerreaktionen. Das Publikum ist bei uns Teil der Show."

    Mal werden die Zuschauer gebeten, Geräusche nachzuahmen, mal sollen sie an Schnüren ziehen, die Klänge auslösen. Alles wird sofort in den Soundtrack der Show integriert. Auf einer Leinwand sind Videos zu sehen, die Bilder aus dem Zuschauerraum verarbeiten – technisch auf höchstem Niveau.

    Mayumana gehört längst zu den wichtigsten israelischen Unterhaltungstheatern. Die Truppe, die vor 16 Jahren als Straßentheater gegründet wurde, verfügt über ein eigenes Haus in Jaffa, dem arabischen Stadtteil von Tel Aviv. Die meisten Performer sehen wie Hippies aus – langhaarige Typen mit zerrissenen Jeans, die aus purem Übermut tanzen und Musik machen. Und dieses Gefühl vermitteln sie auf der Bühne. Es geht um Spaß. Wer das Mayumana House betritt, soll alle Sorgen und vor allem die in Israel ständig präsente Angst vor Attentaten draußen lassen.

    "Wir sind keine politische Gruppe und geben ganz bewusst keine Kommentare zur politischen Entwicklung ab. Aber natürlich werden wir im Ausland immer wieder danach gefragt. Die Antwort ist einfach. In Israel wird das ganze Leben vom Nahostkonflikt bestimmt. Er ist jeden Tag in den Nachrichten. Man muss einfach auch mal Pause machen."

    Das klingt nach Weltflucht, ist aber nicht so gemeint. Denn neben der Angst vor Terror und Krieg gibt es in Israel auch noch ein anderes Lebensgefühl, das mit dem mediterranen Klima und Spaß an künstlerischer Kreativität zu tun hat. Und das ist Eylon Nuphar wichtig.

    "Der Fakt, dass wir Israel im Ausland mit einer Inszenierung vertreten, die nichts mit Politik zu tun hat und viel mit purer Lebensfreude, kann Menschen dazu bringen, unser Land anders zu sehen."

    Das Thema der Show ist die Zeit. Große Sanduhren stehen am Bühnenrand. Zeiger auf Ziffernblättern ticken im Takt.

    "Die Idee ist, dass Zeit nur ein Konzept ist. Ganz praktisch existiert sie gar nicht. Manchmal scheint eine Minute die längste Zeit in deinem Leben zu sein, und dann fliegen zehn Jahre einfach nur so vorbei. Wir versuchen das zu zeigen, indem wir Szenen in verschiedenen Geschwindigkeiten spielen, manchmal in extremer Zeitlupe. Wir versuchen, die Zeit anzuhalten."

    Doch das ist nur der Rahmen der Show. Es gibt keine Handlung und keine Figuren mit erkennbaren Charakteren. Spannend ist das Geschehen aber trotzdem. Die Akteure bringen so viel Energie auf die Bühne, dass der Funke einfach überspringt. Bei der Premiere in Berlin gab es stürmischen Applaus.