Westerwelle: Schönen guten Morgen, Frau Heuer.
Heuer: Was sagen Sie zu dem Vorwurf, den Sie gerade von Christa Sager hören konnten, die Opposition stehe zwar einerseits hinter den USA, würde aber andererseits einen Bundestagsbeschluss zu dem AWACS-Einsatz fordern.
Westerwelle: Es geht nicht um Oppositionen und es geht auch nicht um Regierungen. In solchen Situationen ist jeder Abgeordnete, gleich auf welcher Seite des Parlamentes er sitzt, dem ganzen Land verpflichtet, und vor allen Dingen ist er dem Schutzauftrag verpflichtet, den wir als Abgeordnete gegenüber unseren Soldaten haben. Die Einsätze der AWACS-Flugzeuge mit deutschen Soldaten sind gefährlich und brauchen eine klare parlamentarische Rückendeckung. Wir sind ja als Opposition dazu bereit, diesen Bundeswehrsoldaten auch unsere parlamentarische Rückendeckung zu geben, aber es ist nicht verantwortlich, dass man Soldaten in eine unklare Rechtslage entlässt. Wir haben bekanntermaßen in Deutschland eine Parlamentsarmee und keine Regierungsarmee und in diesen Zeiten müssen die Volksvertreter entscheiden und niemand sonst.
Heuer: Sie sprechen von einer unklaren Rechtslage. Nun hätten die politischen Parteien in Deutschland aber durchaus die Möglichkeit, diese Rechtslage zu verklaren, zum Beispiel durch einen Gang nach Karlsruhe. Plant die FDP so etwas in Sachen AWACS?
Westerwelle: Wir behalten uns das vor. Jetzt geht es zunächst einmal darum, dass wir parlamentarisch darauf drängen werden, dass die Bundesregierung - und nur sie hat das Antragsrecht - dem Deutschen Bundestag auch einen entsprechenden Antrag vorlegt. Wir haben eine klare Rechtssprechung des Bundesverfassungsgerichtes. Deswegen darf auch nicht der Eindruck entstehen als sei das Willkür der Opposition, sondern wir wollen den Verfassungsauftrag erfüllen. Es ist mir klar, warum diese Regierung nicht in das Parlament möchte. Sie hat Sorge, dass sie im Deutschen Bundestag bei den eigenen Abgeordneten keine Mehrheit hat, das heißt, dass zu viele aus der eigenen Koalition insgesamt nicht mitmachen werden. Da ist aber die Opposition selbstverständlich bereit, auch aus staatspolitischen Erwägungen hier den Beschluss mitzutragen, um auch unseren Bundeswehrsoldaten eine entsprechende Rückendeckung zu geben. Aber was wir nicht machen können, ist, dass wir dem Bundeskanzler innerkoalitionäre Schwierigkeiten im Parlament ersparen und damit unsere Soldaten in größte Schwierigkeiten bringen.
Heuer: Das habe ich jetzt noch nicht richtig verstanden. Schließt die FDP also einen Eilantrag oder eine Organklage vor dem Bundesverfassungsgericht aus?
Westerwelle: Ich sagte gerade, dass wir uns das vorbehalten, das heißt, das wir es nicht ausschließen.
Heuer: Aber Herr Westerwelle, wie lange wollen sie denn damit warten, denn der Krieg hat ja jetzt begonnen?
Westerwelle: Wir haben heute Morgen um 8:00 Uhr eine Fraktionssitzung der Freien Demokraten. Dort wird dann beraten, welche politischen Initiativen wir ergreifen, denn Sie wissen, dass, bevor man überhaupt einen Weg zum Verfassungsgericht geht, vorher der gesamte Weg ausgeschöpft werden muss, und das ist der politisch-parlamentarische Weg.
Heuer: Das heißt, Sie werden einen solchen Antrag im Bundestag stellen?
Westerwelle: Das wird dann geprüft werden, das sagte ich.
Heuer: Eine andere Diskussion der vergangenen Tage drehte sich darum, ob der Krieg gegen den Irak ohne ein UN-Mandat völkerrechtswidrig sei. Die FDP hat gesagt, sie billigt diesen Krieg nicht, weil das UN-Mandat fehlt und hat sich selbst und anderen die Frage gestellt, ob er eben völkerrechtswidrig ist. Können Sie auf diese Frage heute früh eine Antwort geben?
Westerwelle: Nein, ich bin nicht der Überzeugung, dass man sich als Oppositionspolitiker dazu äußern kann. Deswegen habe ich ja auch entsprechende Äußerungen des Abgeordneten Ströbele, der gesagt hat, das sei ein völkerrechtswidriger Angriffskrieg, kritisiert und zurückgewiesen. Ich erwarte von der Bundesregierung, dass sie heute, und zwar durch den Innenminister und durch den Justizminister oder durch die Justizministerin redet und sagt, wie sie diese Intervention auch juristisch bewertet. Wenn die Bundesregierung jetzt hier nicht durch die Verfassungsministerin spricht, bleiben ja Äußerungen aus der Koalition damit stehen, es sei ein völkerrechtswidriger Angriffskrieg. Ich kann nicht akzeptieren, dass ein stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Grünen, Christian Ströbele, hingeht und sagt, das sei ein völkerrechtswidriger Angriffskrieg, ohne dass es zu den entsprechenden Konsequenzen aus Artikel 26 unseres Grundgesetzes käme. Ich teile übrigens, nachdem was ich höre, diese Einschätzung nicht. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass wir unter dem Strich vorher und nachher immer gesagt haben, dass ein militärischer Alleingang ohne Mandat der Vereinten Nationen politisch nicht vernünftig ist und nicht die Billigung der Freien Demokraten findet. Wir wollen aber bitte nicht vergessen, dass der Täter in diesem Fall Saddam Hussein heißt. Er ist der Diktator, er hat sein Volk unterdrückt und gemordet und er hat die Menschen in einer schrecklichen Weise verfolgt und er müsste und sollte einlenken und seinem Volk einen Dienst erweisen, ihm Frieden und Freiheit geben, indem er das Land verlässt.
Heuer: Die FDP, Herr Westerwelle, hat ja in den vergangenen Monaten die USA stets unterstützt, in ihrer Zielrichtung, eine Drohkulisse aufzubauen, damit Saddam Hussein freiwillig entwaffnet, sein Land entwaffnet, sich selbst entwaffnet. Nun sagt die USA: Das hat nicht funktioniert und wir müssen diesen Krieg führen. Müssten Sie das nicht eigentlich auch billigen, wenn Sie der Strategie der Drohkulisse schon zugestimmt haben?
Westerwelle: Nein, dass diese Strategie der Drohkulisse nicht funktioniert hat, dass es also nicht entsprechend zur Abrüstung beim Diktators gekommen ist, hängt entscheidend damit zusammen, dass die Drohkulisse in der Völkergemeinschaft keine beschlossene war. Dass wir in dieser Nacht erleben mussten, wie ein Krieg begonnen hat, ist ein klares Versagen der weltweiten Diplomatie, ausdrücklich auch der deutschen Außenpolitik, denn wenn eine geschlossene Haltung der freien Welt gegenüber dem irakischen Diktator eingenommen worden wäre, dann wäre die Wahrscheinlichkeit, dass der irakische Diktator eingelenkt hätte, weitaus größer gewesen. Unter dem Strich bleibt es aber bei unserer Einschätzung, die wir jetzt nun wirklich von Anfang an in dieser Situation immer wieder vertreten haben. Wir wollen, dass dieser irakische Diktator entwaffnet wird. Deswegen war es notwendig, dass auch ein entsprechender Druck ausgeübt wird, aber es ist notwendig, dass dieses Gewaltmonopol bei den Vereinten Nationen bleibt. Das ist für eine Partei, die schließlich in der rechtsstaatlichen Tradition in der Außenpolitik steht, von Walter Scheel, von Hans-Dietrich Genscher und von Klaus Kinkel ganz selbstverständlich.
Heuer: Guido Westerwelle war das, der Vorsitzende der Freien Demokraten in Deutschland. Ich danke Ihnen für das Gespräch, Herr Westerwelle.
Link: DeutschlandRadio-Aktuell
Link: Interview als RealAudio
Heuer: Was sagen Sie zu dem Vorwurf, den Sie gerade von Christa Sager hören konnten, die Opposition stehe zwar einerseits hinter den USA, würde aber andererseits einen Bundestagsbeschluss zu dem AWACS-Einsatz fordern.
Westerwelle: Es geht nicht um Oppositionen und es geht auch nicht um Regierungen. In solchen Situationen ist jeder Abgeordnete, gleich auf welcher Seite des Parlamentes er sitzt, dem ganzen Land verpflichtet, und vor allen Dingen ist er dem Schutzauftrag verpflichtet, den wir als Abgeordnete gegenüber unseren Soldaten haben. Die Einsätze der AWACS-Flugzeuge mit deutschen Soldaten sind gefährlich und brauchen eine klare parlamentarische Rückendeckung. Wir sind ja als Opposition dazu bereit, diesen Bundeswehrsoldaten auch unsere parlamentarische Rückendeckung zu geben, aber es ist nicht verantwortlich, dass man Soldaten in eine unklare Rechtslage entlässt. Wir haben bekanntermaßen in Deutschland eine Parlamentsarmee und keine Regierungsarmee und in diesen Zeiten müssen die Volksvertreter entscheiden und niemand sonst.
Heuer: Sie sprechen von einer unklaren Rechtslage. Nun hätten die politischen Parteien in Deutschland aber durchaus die Möglichkeit, diese Rechtslage zu verklaren, zum Beispiel durch einen Gang nach Karlsruhe. Plant die FDP so etwas in Sachen AWACS?
Westerwelle: Wir behalten uns das vor. Jetzt geht es zunächst einmal darum, dass wir parlamentarisch darauf drängen werden, dass die Bundesregierung - und nur sie hat das Antragsrecht - dem Deutschen Bundestag auch einen entsprechenden Antrag vorlegt. Wir haben eine klare Rechtssprechung des Bundesverfassungsgerichtes. Deswegen darf auch nicht der Eindruck entstehen als sei das Willkür der Opposition, sondern wir wollen den Verfassungsauftrag erfüllen. Es ist mir klar, warum diese Regierung nicht in das Parlament möchte. Sie hat Sorge, dass sie im Deutschen Bundestag bei den eigenen Abgeordneten keine Mehrheit hat, das heißt, dass zu viele aus der eigenen Koalition insgesamt nicht mitmachen werden. Da ist aber die Opposition selbstverständlich bereit, auch aus staatspolitischen Erwägungen hier den Beschluss mitzutragen, um auch unseren Bundeswehrsoldaten eine entsprechende Rückendeckung zu geben. Aber was wir nicht machen können, ist, dass wir dem Bundeskanzler innerkoalitionäre Schwierigkeiten im Parlament ersparen und damit unsere Soldaten in größte Schwierigkeiten bringen.
Heuer: Das habe ich jetzt noch nicht richtig verstanden. Schließt die FDP also einen Eilantrag oder eine Organklage vor dem Bundesverfassungsgericht aus?
Westerwelle: Ich sagte gerade, dass wir uns das vorbehalten, das heißt, das wir es nicht ausschließen.
Heuer: Aber Herr Westerwelle, wie lange wollen sie denn damit warten, denn der Krieg hat ja jetzt begonnen?
Westerwelle: Wir haben heute Morgen um 8:00 Uhr eine Fraktionssitzung der Freien Demokraten. Dort wird dann beraten, welche politischen Initiativen wir ergreifen, denn Sie wissen, dass, bevor man überhaupt einen Weg zum Verfassungsgericht geht, vorher der gesamte Weg ausgeschöpft werden muss, und das ist der politisch-parlamentarische Weg.
Heuer: Das heißt, Sie werden einen solchen Antrag im Bundestag stellen?
Westerwelle: Das wird dann geprüft werden, das sagte ich.
Heuer: Eine andere Diskussion der vergangenen Tage drehte sich darum, ob der Krieg gegen den Irak ohne ein UN-Mandat völkerrechtswidrig sei. Die FDP hat gesagt, sie billigt diesen Krieg nicht, weil das UN-Mandat fehlt und hat sich selbst und anderen die Frage gestellt, ob er eben völkerrechtswidrig ist. Können Sie auf diese Frage heute früh eine Antwort geben?
Westerwelle: Nein, ich bin nicht der Überzeugung, dass man sich als Oppositionspolitiker dazu äußern kann. Deswegen habe ich ja auch entsprechende Äußerungen des Abgeordneten Ströbele, der gesagt hat, das sei ein völkerrechtswidriger Angriffskrieg, kritisiert und zurückgewiesen. Ich erwarte von der Bundesregierung, dass sie heute, und zwar durch den Innenminister und durch den Justizminister oder durch die Justizministerin redet und sagt, wie sie diese Intervention auch juristisch bewertet. Wenn die Bundesregierung jetzt hier nicht durch die Verfassungsministerin spricht, bleiben ja Äußerungen aus der Koalition damit stehen, es sei ein völkerrechtswidriger Angriffskrieg. Ich kann nicht akzeptieren, dass ein stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Grünen, Christian Ströbele, hingeht und sagt, das sei ein völkerrechtswidriger Angriffskrieg, ohne dass es zu den entsprechenden Konsequenzen aus Artikel 26 unseres Grundgesetzes käme. Ich teile übrigens, nachdem was ich höre, diese Einschätzung nicht. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass wir unter dem Strich vorher und nachher immer gesagt haben, dass ein militärischer Alleingang ohne Mandat der Vereinten Nationen politisch nicht vernünftig ist und nicht die Billigung der Freien Demokraten findet. Wir wollen aber bitte nicht vergessen, dass der Täter in diesem Fall Saddam Hussein heißt. Er ist der Diktator, er hat sein Volk unterdrückt und gemordet und er hat die Menschen in einer schrecklichen Weise verfolgt und er müsste und sollte einlenken und seinem Volk einen Dienst erweisen, ihm Frieden und Freiheit geben, indem er das Land verlässt.
Heuer: Die FDP, Herr Westerwelle, hat ja in den vergangenen Monaten die USA stets unterstützt, in ihrer Zielrichtung, eine Drohkulisse aufzubauen, damit Saddam Hussein freiwillig entwaffnet, sein Land entwaffnet, sich selbst entwaffnet. Nun sagt die USA: Das hat nicht funktioniert und wir müssen diesen Krieg führen. Müssten Sie das nicht eigentlich auch billigen, wenn Sie der Strategie der Drohkulisse schon zugestimmt haben?
Westerwelle: Nein, dass diese Strategie der Drohkulisse nicht funktioniert hat, dass es also nicht entsprechend zur Abrüstung beim Diktators gekommen ist, hängt entscheidend damit zusammen, dass die Drohkulisse in der Völkergemeinschaft keine beschlossene war. Dass wir in dieser Nacht erleben mussten, wie ein Krieg begonnen hat, ist ein klares Versagen der weltweiten Diplomatie, ausdrücklich auch der deutschen Außenpolitik, denn wenn eine geschlossene Haltung der freien Welt gegenüber dem irakischen Diktator eingenommen worden wäre, dann wäre die Wahrscheinlichkeit, dass der irakische Diktator eingelenkt hätte, weitaus größer gewesen. Unter dem Strich bleibt es aber bei unserer Einschätzung, die wir jetzt nun wirklich von Anfang an in dieser Situation immer wieder vertreten haben. Wir wollen, dass dieser irakische Diktator entwaffnet wird. Deswegen war es notwendig, dass auch ein entsprechender Druck ausgeübt wird, aber es ist notwendig, dass dieses Gewaltmonopol bei den Vereinten Nationen bleibt. Das ist für eine Partei, die schließlich in der rechtsstaatlichen Tradition in der Außenpolitik steht, von Walter Scheel, von Hans-Dietrich Genscher und von Klaus Kinkel ganz selbstverständlich.
Heuer: Guido Westerwelle war das, der Vorsitzende der Freien Demokraten in Deutschland. Ich danke Ihnen für das Gespräch, Herr Westerwelle.
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Link: Interview als RealAudio