Doch solche Geldbeträge spielten bei der Expo-Gesellschaft anscheinend keine Rolle. So monierte der Bund der Steuerzahler, dass sich die leitenden Angestellten bei der Weltausstellungsgesellschaft seit Mitte der 90er Jahre die Klinke in die Hand gaben. Ob sich die Größenordnung der Abfindungen im ein- oder zweistelligen Millionenbereich bewegen, kann Bernd Zentgraf, Geschäftsführer des Steuerzahlerbundes in Niedersachsen und Bremen nicht sagen. Der Verschleiß von Spitzenpersonal bei der Expo sei auffällig hoch.
Bernd Zentgraf: Es waren 10 bis 12 schon zwei Jahre vor der Weltausstellung- während der Zeit sind auch noch einige gegangen, die Personalpolitik war nicht erfolgreich, da wurden Gelder vergeben auch für Abfindungen, die man bei einer sorgfältigeren und professionelleren Personalpolitik hätte sparen können, die Summe selbst ist uns nie genannt worden, wir hoffen, dass der Bundesrechnungshof, der ja Prüfungen angekündigt hat, auch mal Licht in dieses Dunkel bringen wird.
Auch als die Nationenschau am 1. Juni ihre Tore öffnete, bestimmten Pleiten, Pech und Pannen das Bild der Weltausstellungsgesellschaft in der Öffentlichkeit. Sepp Heckmann, einer der drei EXPO-Geschäftsführer mit einer persönlichen Bilanz:
Sepp Heckmann: Es ist uns nicht so ganz gelungen, die Expo wirklich von Anfang an als nationale Aufgabe zu positionieren, wir hatten die Unterstützung vom Bundeskanzler und den Ministerpräsidenten, dennoch, da hat irgend etwas gefehlt, ich weiß noch nicht genau, was es war.
Expo-Chefin Birgit Breuel weiß dagegen ganz genau, dass sie mit der Weltausstellungsgesellschaft lange auf verlorenem Posten stand. Eigentlich habe sich niemand richtig für die Vorbereitungsarbeiten interessiert. Weder in der Politik, noch in der Öffentlichkeit, klagt die Generalkommissarin. Die Expo habe immer ein Schattendasein geführt.
Birgit Breuel: Ansonsten denk ich mal, dass diese Weltausstellung über zehn Jahre in ihrer ganzen Vorbereitungsphase nicht der wirkliche Sympathieträger geworden ist. Ein Beispiel, als wir damals beantragt haben, Mehrwertsteuernachlass, ist es abgelehnt worden, die Fußballer haben es sofort bekommen, will heißen, wir waren ein Waisenkind, das ist völlig normal, weil es die erste Weltausstellung überhaupt war, nach 150 Jahren und dagegen anzuarbeiten war so einfach nicht.
Dennoch gelang es den Verantwortlichen in Hannover. die fünfmonatige Weltausstellung pünktlich zu starten. Mit mehr als 170 Teilnehmerstaaten und internationalen Organisationen war eine Rekordbeteiligung gelungen. Die Stimmung am Eröffnungstag war gut, 150 000 Besucher belebten das riesige Gelände. Doch schon nach wenigen Tagen setzte der Katzenjammer ein. Die Besucher blieben aus, erinnert sich Heckmann:
Sepp Heckmann: Der absolute Gau für mich waren eigentlich die ersten Tage, wenn ich über die Parkplätze gefahren bin und es war kein Auto dort, das war für mich eine recht deprimierende Erkenntnis...das hat mich also sehr geschmerzt.
Der Grund für das mangelnde Besucherinteresse lag auf der Hand. Nur 70 Millionen Mark hatte die Marketingabteilung der Expo in die Werbung gesteckt. Der Reklameetat entsprach in etwa dem des niedersächsischen Spirituosenherstellers Berenten, merkten Beobachter höhnisch an. Erst Anfang dieses Jahres war die Werbekampagne angelaufen, zu spät und zu unprofessionell urteilten Fachleute. Schnell mussten die Werbestrategen bei der Expo feststellen, dass die Weltausstellung nicht wie erwartet zum Besuchermagneten wurde. Der Vorverkauf lief schlecht, wieder einmal geriet die Expo in die Defensive. Da im Werbeetat der Weltausstellungsgesellschaft aber zusätzliche Mittel fehlten, setzten die Verantwortlichen kurzerhand auf die Medien. Gebe es erst einmal etwas zu sehen, werde die Expo zum Selbstläufer, machte sich die Geschäftsleitung Mut. Die Verantwortlichen im Aufsichtsrat und in den Chefetagen der Weltausstellung waren so überzeugt von ihrer Strategie, dass sie für den Eröffnungstag sogar die Eintrittspreise kräftig anhoben, damit es nicht zu voll würde. Der Vorsitzende des Fördervereins Expo 2000 der niedersächsischen Wirtschaft, Gernot Preuss, hält diese Entscheidungen für weltfremd:
Gernot Preuss: Es ist natürlich völliger Unsinn gewesen, am ersten Tag höhere Preise zu nehmen, jeder Kaufmannsladen, der eine neue Filiale eröffnet macht Schnäppchenpreise am ersten Tag, das hab ich nie verstanden.
Zudem mussten die Expo-Verantwortlichen lernen, dass Zeitungen sowie Radio- und Fernsehanstalten nicht als kostenlose Werbeagenturen taugen. Zwar wurde über die Expo berichtet, doch mehr über die schlechten Besucherzahlen als über das, was es auf dem Weltausstellungsgelände zu sehen gab. Immer neue Hiobsbotschaften machten die Runde. Jahrelang hatte Expo-Chefin Breuel eisern die Planung aufrechterhalten, dass täglich zwischen 250 000 bis 350 000 Besucher nach Hannover strömen würden. Als an den Drehkreuzen dann nur durchschnittlich 60 000 bis 80 000 zahlende Gäste registriert wurden, brach das Planungskonzept zusammen. Sechs Wochen nach Beginn der Expo musste die Geschäftsleitung dann eingestehen, dass die erwarteten 40 Millionen Besucher nicht erreicht werden könnten. Damit war klar, dass auch das Defizit von lediglich 400 Millionen Mark nicht länger zu halten war. Intern kursierte schnell die Zahl, dass sich die Expo-Verluste bei zwei Milliarden minus x einpendeln würden. Dabei hatte Frau Breuel 40 Millionen Besucher immer für möglich gehalten.
Birgit Breuel: Die Finanzen sind ein schwieriges Thema, gar kein Zweifel, wir hatten eine Planung, da waren 40 Mio. verkaufte Tickets Grundlage aller Planungen, die wir dort entschieden haben, das ist bestätigt worden von unendlich vielen Experten, alle Umfragen haben 40 Mio. verkaufte Tickets für eine mögliche Grundlage gehalten, deswegen ist die immer in der Planung dringeblieben.
Wenn die Expo am Dienstagabend ihre Pforten schließt, werden weniger als die Hälfte der geplanten 40 Millionen Eintrittskarten verkauft sein. Für Axel Gretzinger, den Vorsitzenden des Bundes der Steuerzahler in Niedersachsen und Bremen, war die Zahl von 40 Millionen Tickets stets illusorisch. Es habe sich um eine politische Zahl gehandelt, mit der der damalige niedersächsische Ministerpräsident und heutige Bundeskanzler Gerhard Schröder die Expo bei der Regierung Kohl schönrechnen wollte, um grünes Licht aus Bonn zu bekommen. Schröder habe damit als Landeschef im wohlverstandenen Interesse Niedersachsens gehandelt, meint der Steuerzahlerbund, doch mit der Realität habe die Rechnung wenig zu tun gehabt.
Axel Gretzinger: Dabei denke ich, hat politisches Wunschdenken eine Rolle gespielt, man hat gesagt, was kostet so eine Veranstaltung, wie viel Einnahmen müssen wir dann erzielen, diese Einnahmen hat man durch den Eintrittspreis geteilt und dann ist man auf eine Zahl gekommen, 40 Millionen, die müssen kommen, dann hat sich diese Zahl quasi verselbständigt als diejenige, soviel werden auch kommen.
Die Norddeutsche Landesbank war als Hausbank der Landesregierung in Hannover mit einem Gefälligkeitsgutachten zur Stelle, als es darum ging, Bonn und die bundesdeutsche Öffentlichkeit davon zu überzeugen, dass die Expo keineswegs ein Minusgeschäft werde. Steuermehreinnahmen von 4,3 Milliarden Mark stellten die Banker in Aussicht, die zusätzliche Wertschöpfung belaufe sich sogar auf 17 Milliarden Mark. Was sollte da noch schief gehen? Der Bund willigte ein, zusammen mit dem Land Niedersachsen die Risiken der Expo zu übernehmen und für ein eventuelles Defizit aufzukommen, mit dem zumindest offiziell aber keiner rechnete. Denn die Expo hatte ja die schwarze Null in die Welt. Die Weltausstellung in Deutschland sei eine Expo neuen Typs, hieß es, die sich erstmals in der 150jährigen Geschichte der Weltausstellungen selbst finanzieren werde. Doch die schwarze Null ließ sich bekanntlich nicht halten. Als das Weltereignis näher rückte wurde ein Defizit von 400 Millionen Mark eingeräumt. Doch als sich zweieinhalb Monate nach Beginn der Expo noch immer kein positiver Trend bei den Besucherzahlen einstellen wollte, musste Frau Breuel Mitte August der Öffentlichkeit reinen Wein einschenken. Auf bis zu 2,4 Milliarden Mark könnten die Verluste der Expo anwachsen, lautete ihre bittere Botschaft. Zusammen mit dem Aufsichtsrat und allen Verantwortlichen der Geschäftsleitung übernahm die Chefin die Verantwortung für diesen größten Fehler ihrer Arbeit:
Birgit Breuel: Rückblickend und hinterher ist man immer schlauer, wenn man zurückblickt würde ich sagen, es wäre klüger gewesen, das nicht in voller Höhe ins Budget hineinzunehmen... dass es ein Risiko ist, haben wir immer gesagt, aber in dieser Größe hätte es sich keiner selbst nicht im Alptraum vorstellen können.
Das Kleingedruckte in den Gutachten hatten die Expo-Planer geflissentlich übersehen. Natürlich hatte der Unternehmensberater Roland Berger 40 Mio. Besucher unter günstigsten Bedingungen für möglich gehalten. In dem Gutachten war aber auch die Rede davon, dass im schlechtesten Fall nur 28 Millionen Eintrittskarten verkauft werden könnten. Dass es jetzt unter 20 Millionen Eintrittskarten geworden sind, hatte selbst Berger nicht für möglich gehalten. Alle Planungen fußten fortan auf der Grundlage von 40 Millionen erwarteten Besuchern. Straßen, Bahnhöfe und der hannoversche Flughafen wurden großzügig erweitert, das hannoversche Messegelände ausgebaut, denn schließlich seien durchschnittlich 260 000 Besucher an jedem der 153 Expo-Tagen zu verkraften.
Allein aus den Eintrittskarten errechneten die Planer sich Einnahmen von 1,8 Milliarden Mark. Dadurch, dass Wirtschaftspartner auf der EXPO großzügig werben konnten, sollten noch einmal eine Milliarde Mark in die Kasse fließen. Gut 200 Millionen Mark waren durch Konzessionsverträge und den Verkauf von Souvenirs eingeplant. Den Einnahmen von drei Milliarden Mark standen geschätzte Ausgaben von 3,4 Milliarden Mark gegenüber. 400 Millionen Mark waren als betriebswirtschaftliches Minus ausgewiesen. Doch die Einnahmen flossen nicht wie geplant. Wirtschaftsunternehmen wie Bertelsmann, Volkswagen, Daimler Chrysler, Sennheiser, Bosch, der Grüne Punkt oder IBM ließen sich zwar zu sogenannten Welt- oder Produktpartnern machen, doch die fest eingeplanten Einnahmen aus der Wirtschaft blieben hinter den Erwartungen zurück. Der Geschäftsführer der Expo-Beteiligungsgesellschaft der Deutschen Wirtschaft, Wilfried Prewo, mit seiner Bilanz:
Wilfried Prewo: Insgesamt sind an direktem Sponsoring 650 Mio. Mark zusammengekommen, von diesen 650 Mio. stammen etwa 80 Prozent oder 500 Mio. von unseren Unternehmen der Expo Beteiligungsgesellschaft. Ich meine, über dieses Volumen muss man hocherfreut sein, denn es hat noch nie eine Weltausstellung gegeben, auch noch nie Olympische Spiele gegeben, bei denen so viel gesponsert wurde.
Auch wenn die Wirtschaft sich mächtig ins Zeug legte, die Planer der Weltausstellung hatten mit 350 Millionen Mark mehr aus den Unternehmenskassen gerechnet. Expo-Geschäftsführer Reinhard Volk ist bei allem Engagement der Unternehmen denn auch mit dem finanziellen Beitrag der Wirtschaft nicht zufrieden.
Reinhard Volk: Unter den Bedingungen, die gegeben waren, ist das eine vernünftige Zielerreichung, auch deshalb, weil die Wirtschaftspartner über das hinaus, was sie hier auf dem Gelände gemacht haben, noch mindestens den selben Betrag aufgewendet haben, um werblich präsent zu sein, andere wie Siemens haben ja 110 000 Tickets gekauft, die Gewerkschaften haben 85 000 Tickets gekauft, die Sparkassen haben Zehntausende von Tickets gekauft und verkauft insofern, wenn man dieses Engagement hinzunimmt, dann geht das schon in Ordnung, ich hätte mir aber gewünscht von Anfang an, dass wir in der Wirtschaft eine höhere Akzeptanz gehabt hätten, aber das ist ja alles Vergangenheitsbewältigung und heute nur noch ein Rückblick.
Aber nicht nur die Gelder aus der Wirtschaft kamen nicht in dem Ausmaß herein, wie sich das die Planer am grünen Tisch ausgerechnet hatten. Auch die Sonderangebote, die die Expo unter dem schwachen Besucherzustrom einführen musste, zeigten eine verheerende Wirkung in der Kasse. Allein durch den Verzicht auf die Parkplatzgebühren sowie auf die Vorverkaufsgebühren an den Tageskassen entgingen der Expo 200 Millionen Mark an fest eingeplanten Mitteln. Die verbilligten Familienangebote und extrem preiswerten Abendtickets sorgten zwar dafür, dass es auf dem Expo-Gelände langsam voller wurde, doch die Schnäppchenpreise trieben auch das Minus der Weltausstellungsgesellschaft rasant in die Höhe. Statt der ursprünglich erwarteten 1,8 Milliarden Mark an Eintrittsgeldern dürften sich die Einnahmen wegen der vielen Sonderpreise nur auf ein Drittel dieser Summe belaufen, auch wenn man die Hälfte der erwarteten Besucherzahlen zugrundelegt.
Kurz nach der Halbzeit der Expo Mitte August drohte der Weltausstellungsgesellschaft die Zahlungsunfähigkeit, weil die dringend benötigten Einnahmen ausblieben. Der Bund und das Land Niedersachsen mussten ihre ohnehin schon erhöhten Bürgschaften für die Expo von 1, 7 Milliarden Mark auf 2,4 Milliarden Mark noch einmal anheben:
Reinhard Volk: Die finanzielle Situation bei der Expo hat sich in der letzten Zeit sehr zugespitzt, die wegbleibenden Besucher am Anfang haben ein Loch in die Kasse gerissen und wir haben dafür gesorgt, dass durch günstigere Eintrittspreise und Wegfall von Parkgebühren und Ähnlichem Einnahmen nicht mehr kommen, die ursprünglich geplant waren, damit ist die Finanzplanung etwas aus dem Ruder gelaufen und hat Liquiditätsprobleme produziert.
Aufkommen für das Minus der Expo müssen nun der Bund und das Land Niedersachsen. Dabei ist der niedersächsische Ministerpräsident Gabriel zuversichtlich, dass Berlin mit 1,6 Milliarden Mark zwei Drittel des Defizits übernimmt und Hannover 800 Millionen Mark tragen muss. Auch wenn das nicht öffentlich gesagt wird: Schließlich war es ja Schröder, der die Finanzplanung seinerzeit als Landeschef in Hannover verantwortet hatte. Gabriel kann mit dem Expo-Defizit leben, wie er sagt.
Sigmar Gabriel: Die Weltausstellung hat diesem Land gebracht Bruttoinvestitionen von rund 8,5 Mrd. Mark, das sind Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur in die Messe, aber zwei Milliarden Mark davon in 68 dezentrale Projekte im Lande Niedersachsen, in kulturelle Projekte, touristische, wirtschaftliche in der Forschung und das alleine ist natürlich ein Riesenfortschritt für das Land, das ist viel länger vorhanden als die Weltausstellung selbst, so dass ich überhaupt nicht von einem Defizit spreche, sondern für mich, ist das, was wir jetzt beitragen müssen, auch als Land Niedersachsen, um das zu finanzieren, eine Investition in die Zukunft, das wird ja maximal in einer Größenordnung von 1,2 Mrd. Mark liegen, demgegenüber sind 8,5 Mrd. Mark Investitionen wirklich ein Riesenschritt für das Land.
Die Wirtschaft hat mit dem Expo-Defizit wenig zu tun. Die Unternehmen verlieren nur die 20 Millionen Mark, die sie als Gesellschafterkapital in die EXPO GmbH eingezahlt haben, sagt der Geschäftsführer der Beteiligungsgesellschaft Prewo:
Wilfried Prewo: Wir als Beteiligungsgesellschaft der Wirtschaft haben nur gehaftet im Rahmen unserer Eigenkapitals, dieses ist verloren, aber wir schimpfen darüber nicht und führen keine Klage, so leid uns das tut, weil wir sagen, das hat sich gelohnt, dieser finanzielle Einsatz hat sich für unsere Unternehmen sehr gelohnt.
Nicht verwundert zeigen sich Beobachter, dass auch Bundeskanzler Gerhard Schröder heute voll des Lobes über seine Expo ist. War er es doch, der die Weltausstellung in Hannover Anfang der 90er Jahre gegen viele Bedenken in der Kohl-Regierung durchgesetzt hatte. Schröder sprach bei einer ersten Bilanz in Hannover von einem vollen Erfolg. Dieser Erfolg werde auch dadurch nicht geschmälert, dass bei der Weltausstellung in finanzieller Hinsicht nicht alle Rechnungen aufgegangen seien. Auch wenn die Expo mit einem betriebswirtschaftlichen Defizit von 2,4 Milliarden Mark abschließe, schlage der volkswirtschaftliche Nutzen doch höher zu Buche:
Gerhard Schröder: Der volkswirtschaftliche Nutzen ist unabhängig von allem, was an ideellem Nutzen da ist, der volkswirtschaftliche Nutzen für die Region und damit auch für Deutschland, selbst der Steueranteil für die deutsche Volkswirtschaft und damit für den Staat auf allen Ebenen, selbst der Steueranteil für den Staat auf allen Ebenen von SHS nach Bayern, dieser steuerliche Nutzen übersteigt das Defizit, das zu erwarten ist, bei weitem, nun will ich nicht so weit gehen, dass sich diese Länder auch an der Finanzierung des Defizits beteiligen sollten, das werden sie nicht tun, fürchte ich, sind halt doch ein bisschen kleinlich.
Profitiert von der Expo hat vor allem die Landeshauptstadt Hannover. Genau wie München seinerzeit von den Olympischen Spielen einen Zukunftsschub bekommen habe, werde auch die Leinemetropole noch auf Jahre Nutzen von der Weltausstellung haben, sagt der hannoversche Oberbürgermeister Herbert Schmalstieg:
Herbert Schmalstieg: Ob das die Straßen sind, Ausbau der Autobahnen, ob das der neue Hauptbahnhof ist, man kann davon ausgehen, dass rund 4,2 Mrd. DM hier geschaffen worden sind, aber vor allen Dingen hat die Stadt sich mit einem großen Engagement vieler Unternehmen neu positioniert und sich auch herausgeputzt.
Gernot Preuss vom Förderverein Expo 2000 der Deutschen Wirtschaft sieht durch die Expo auch große Vorteile für den Messestandort Hannover. Die Deutsche Messe AG habe weltweit einen Wettbewerbsvorteil von drei bis fünf Jahren bekommen, meint Preuss:
Gernot Preuss: Die deutsche Messe AG steht natürlich in einem internationalen Wettbewerb, es geht nicht zwischen München, Frankfurt, Düsseldorf oder Leipzig, sondern es geht darum, bleibt der Industriemessestandort in Hannover und damit in Deutschland, und durch die hervorragende Infrastruktur und die Modernisierung des Messegeländes ist jetzt ein ganz großer Schritt getan worden.
25 000 zusätzliche Arbeitsplätze sind durch die Expo geschaffen worden, sagt das Arbeitsamt. Die meisten von diesen neuen Stellen würden nach dem Ende der Veranstaltung allerdings wieder wegfallen. Aber immerhin hätten 3000 Arbeitslose wieder Lohn und Brot gefunden. Auch die Bauindustrie und nicht zuletzt das niedersächsische Handwerk hätten durch die Aufbauten und jetzt folgenden Abbauten profitiert. Selbst das Hotelgewerbe meldet einen positiven Trend, wenn die Branche auch ursprünglich von deutlich höheren Erwartungen ausgegangen war.
Den größten Effekt sieht Expo Chefin Breuel allerdings in der großen Zufriedenheit der Besucher. Allein dafür habe sich die Arbeit gelohnt, sagt die Expo Chefin rückblickend:
Birgit Breuel: Von Anfang ist völlig klar gewesen, dass die Expo von Gestaltung, vom Inhalt, vom Programm ein großer Erfolg war, es ist schon wahr, dass wir vor dem 1. Juni ein bisschen unruhig waren, weil wir nicht wussten, wie die Besucher auf das reagieren, was wir dort gebaut haben, sie haben wunderbar reagiert, sie haben’s gemocht, sie haben’s angenommen, die Expo war ihre, ganz schnell, der Teil war von Anfang an wunderbar, dafür kann man nur dankbar sein und sich freuen, das sagen die Nationen, das sagen die Besucher, das sagen die Partner, wir hatten nicht immer genug Besucher, das ist wahr, soll man aber auch nicht überbewerten.
Dennoch, es gibt auch kritische Stimmen. Die krassen Fehler der Expo hätten vermieden werden können, meinen viele Beobachter. Vor allem die Öffentlichkeitsarbeit und das Marketing hätten versagt. Der Kulturchef der Expo, Tom Stromberg, der jetzt Intendant des deutschen Schauspielhauses Hamburg ist, nennt unverblümt Schwachpunkte.
Tom Stromberg: Wir alle haben sehr spät Bilder gehabt, die wir transportieren konnten, erst nach dem 1. Juni, da wär’s wichtig gewesen, noch mehr mit den Bildern nach außen zu gehen, aber im Laufe der Zeit hat sich auch das Programm herumgesprochen, die Mundpropaganda ist dann das, was doch die meisten Leute anzieht, man hat sehr schnell gemerkt, dass das Gelände anspruchsvoll unterhält, dass man dort mit Niveau versorgt wird, dass man, wenn man neugierig ist, viele dinge entdecken kann und das hat die Menschen dann angezogen auf die Expo.
Und auch die Wirtschaft hat ihre Zurückhaltung aufgegeben, wenn es um eklatante Mängel des Marketing geht. Der Kommunikationschef von Volkswagen. Klaus Kocks, bringt die Kritik auf den Punkt:
Klaus Kocks: Also ich habe mich die ganze Zeit nicht an der Kritik der Expo beteiligt und möchte das jetzt auch nicht tun, aber eins kann man sicherlich sagen, ohne wieder schmutzige Wäsche zu waschen. Wer nicht weiß, was sein Produkt ist, kann sein Produkt auch nicht bewerben, wenn ich ein Produkt nicht bewerben kann, kann ich es nicht verkaufen, das ist das Basisproblem der Öffentlichkeitsarbeit der Expo gewesen, das ist vorbei, wir alle haben’s überstanden, wir haben während der laufenden Expo nicht zwischen die Räder gegriffen und freuen uns jetzt an dem Erfolg aller.
Bernd Zentgraf: Es waren 10 bis 12 schon zwei Jahre vor der Weltausstellung- während der Zeit sind auch noch einige gegangen, die Personalpolitik war nicht erfolgreich, da wurden Gelder vergeben auch für Abfindungen, die man bei einer sorgfältigeren und professionelleren Personalpolitik hätte sparen können, die Summe selbst ist uns nie genannt worden, wir hoffen, dass der Bundesrechnungshof, der ja Prüfungen angekündigt hat, auch mal Licht in dieses Dunkel bringen wird.
Auch als die Nationenschau am 1. Juni ihre Tore öffnete, bestimmten Pleiten, Pech und Pannen das Bild der Weltausstellungsgesellschaft in der Öffentlichkeit. Sepp Heckmann, einer der drei EXPO-Geschäftsführer mit einer persönlichen Bilanz:
Sepp Heckmann: Es ist uns nicht so ganz gelungen, die Expo wirklich von Anfang an als nationale Aufgabe zu positionieren, wir hatten die Unterstützung vom Bundeskanzler und den Ministerpräsidenten, dennoch, da hat irgend etwas gefehlt, ich weiß noch nicht genau, was es war.
Expo-Chefin Birgit Breuel weiß dagegen ganz genau, dass sie mit der Weltausstellungsgesellschaft lange auf verlorenem Posten stand. Eigentlich habe sich niemand richtig für die Vorbereitungsarbeiten interessiert. Weder in der Politik, noch in der Öffentlichkeit, klagt die Generalkommissarin. Die Expo habe immer ein Schattendasein geführt.
Birgit Breuel: Ansonsten denk ich mal, dass diese Weltausstellung über zehn Jahre in ihrer ganzen Vorbereitungsphase nicht der wirkliche Sympathieträger geworden ist. Ein Beispiel, als wir damals beantragt haben, Mehrwertsteuernachlass, ist es abgelehnt worden, die Fußballer haben es sofort bekommen, will heißen, wir waren ein Waisenkind, das ist völlig normal, weil es die erste Weltausstellung überhaupt war, nach 150 Jahren und dagegen anzuarbeiten war so einfach nicht.
Dennoch gelang es den Verantwortlichen in Hannover. die fünfmonatige Weltausstellung pünktlich zu starten. Mit mehr als 170 Teilnehmerstaaten und internationalen Organisationen war eine Rekordbeteiligung gelungen. Die Stimmung am Eröffnungstag war gut, 150 000 Besucher belebten das riesige Gelände. Doch schon nach wenigen Tagen setzte der Katzenjammer ein. Die Besucher blieben aus, erinnert sich Heckmann:
Sepp Heckmann: Der absolute Gau für mich waren eigentlich die ersten Tage, wenn ich über die Parkplätze gefahren bin und es war kein Auto dort, das war für mich eine recht deprimierende Erkenntnis...das hat mich also sehr geschmerzt.
Der Grund für das mangelnde Besucherinteresse lag auf der Hand. Nur 70 Millionen Mark hatte die Marketingabteilung der Expo in die Werbung gesteckt. Der Reklameetat entsprach in etwa dem des niedersächsischen Spirituosenherstellers Berenten, merkten Beobachter höhnisch an. Erst Anfang dieses Jahres war die Werbekampagne angelaufen, zu spät und zu unprofessionell urteilten Fachleute. Schnell mussten die Werbestrategen bei der Expo feststellen, dass die Weltausstellung nicht wie erwartet zum Besuchermagneten wurde. Der Vorverkauf lief schlecht, wieder einmal geriet die Expo in die Defensive. Da im Werbeetat der Weltausstellungsgesellschaft aber zusätzliche Mittel fehlten, setzten die Verantwortlichen kurzerhand auf die Medien. Gebe es erst einmal etwas zu sehen, werde die Expo zum Selbstläufer, machte sich die Geschäftsleitung Mut. Die Verantwortlichen im Aufsichtsrat und in den Chefetagen der Weltausstellung waren so überzeugt von ihrer Strategie, dass sie für den Eröffnungstag sogar die Eintrittspreise kräftig anhoben, damit es nicht zu voll würde. Der Vorsitzende des Fördervereins Expo 2000 der niedersächsischen Wirtschaft, Gernot Preuss, hält diese Entscheidungen für weltfremd:
Gernot Preuss: Es ist natürlich völliger Unsinn gewesen, am ersten Tag höhere Preise zu nehmen, jeder Kaufmannsladen, der eine neue Filiale eröffnet macht Schnäppchenpreise am ersten Tag, das hab ich nie verstanden.
Zudem mussten die Expo-Verantwortlichen lernen, dass Zeitungen sowie Radio- und Fernsehanstalten nicht als kostenlose Werbeagenturen taugen. Zwar wurde über die Expo berichtet, doch mehr über die schlechten Besucherzahlen als über das, was es auf dem Weltausstellungsgelände zu sehen gab. Immer neue Hiobsbotschaften machten die Runde. Jahrelang hatte Expo-Chefin Breuel eisern die Planung aufrechterhalten, dass täglich zwischen 250 000 bis 350 000 Besucher nach Hannover strömen würden. Als an den Drehkreuzen dann nur durchschnittlich 60 000 bis 80 000 zahlende Gäste registriert wurden, brach das Planungskonzept zusammen. Sechs Wochen nach Beginn der Expo musste die Geschäftsleitung dann eingestehen, dass die erwarteten 40 Millionen Besucher nicht erreicht werden könnten. Damit war klar, dass auch das Defizit von lediglich 400 Millionen Mark nicht länger zu halten war. Intern kursierte schnell die Zahl, dass sich die Expo-Verluste bei zwei Milliarden minus x einpendeln würden. Dabei hatte Frau Breuel 40 Millionen Besucher immer für möglich gehalten.
Birgit Breuel: Die Finanzen sind ein schwieriges Thema, gar kein Zweifel, wir hatten eine Planung, da waren 40 Mio. verkaufte Tickets Grundlage aller Planungen, die wir dort entschieden haben, das ist bestätigt worden von unendlich vielen Experten, alle Umfragen haben 40 Mio. verkaufte Tickets für eine mögliche Grundlage gehalten, deswegen ist die immer in der Planung dringeblieben.
Wenn die Expo am Dienstagabend ihre Pforten schließt, werden weniger als die Hälfte der geplanten 40 Millionen Eintrittskarten verkauft sein. Für Axel Gretzinger, den Vorsitzenden des Bundes der Steuerzahler in Niedersachsen und Bremen, war die Zahl von 40 Millionen Tickets stets illusorisch. Es habe sich um eine politische Zahl gehandelt, mit der der damalige niedersächsische Ministerpräsident und heutige Bundeskanzler Gerhard Schröder die Expo bei der Regierung Kohl schönrechnen wollte, um grünes Licht aus Bonn zu bekommen. Schröder habe damit als Landeschef im wohlverstandenen Interesse Niedersachsens gehandelt, meint der Steuerzahlerbund, doch mit der Realität habe die Rechnung wenig zu tun gehabt.
Axel Gretzinger: Dabei denke ich, hat politisches Wunschdenken eine Rolle gespielt, man hat gesagt, was kostet so eine Veranstaltung, wie viel Einnahmen müssen wir dann erzielen, diese Einnahmen hat man durch den Eintrittspreis geteilt und dann ist man auf eine Zahl gekommen, 40 Millionen, die müssen kommen, dann hat sich diese Zahl quasi verselbständigt als diejenige, soviel werden auch kommen.
Die Norddeutsche Landesbank war als Hausbank der Landesregierung in Hannover mit einem Gefälligkeitsgutachten zur Stelle, als es darum ging, Bonn und die bundesdeutsche Öffentlichkeit davon zu überzeugen, dass die Expo keineswegs ein Minusgeschäft werde. Steuermehreinnahmen von 4,3 Milliarden Mark stellten die Banker in Aussicht, die zusätzliche Wertschöpfung belaufe sich sogar auf 17 Milliarden Mark. Was sollte da noch schief gehen? Der Bund willigte ein, zusammen mit dem Land Niedersachsen die Risiken der Expo zu übernehmen und für ein eventuelles Defizit aufzukommen, mit dem zumindest offiziell aber keiner rechnete. Denn die Expo hatte ja die schwarze Null in die Welt. Die Weltausstellung in Deutschland sei eine Expo neuen Typs, hieß es, die sich erstmals in der 150jährigen Geschichte der Weltausstellungen selbst finanzieren werde. Doch die schwarze Null ließ sich bekanntlich nicht halten. Als das Weltereignis näher rückte wurde ein Defizit von 400 Millionen Mark eingeräumt. Doch als sich zweieinhalb Monate nach Beginn der Expo noch immer kein positiver Trend bei den Besucherzahlen einstellen wollte, musste Frau Breuel Mitte August der Öffentlichkeit reinen Wein einschenken. Auf bis zu 2,4 Milliarden Mark könnten die Verluste der Expo anwachsen, lautete ihre bittere Botschaft. Zusammen mit dem Aufsichtsrat und allen Verantwortlichen der Geschäftsleitung übernahm die Chefin die Verantwortung für diesen größten Fehler ihrer Arbeit:
Birgit Breuel: Rückblickend und hinterher ist man immer schlauer, wenn man zurückblickt würde ich sagen, es wäre klüger gewesen, das nicht in voller Höhe ins Budget hineinzunehmen... dass es ein Risiko ist, haben wir immer gesagt, aber in dieser Größe hätte es sich keiner selbst nicht im Alptraum vorstellen können.
Das Kleingedruckte in den Gutachten hatten die Expo-Planer geflissentlich übersehen. Natürlich hatte der Unternehmensberater Roland Berger 40 Mio. Besucher unter günstigsten Bedingungen für möglich gehalten. In dem Gutachten war aber auch die Rede davon, dass im schlechtesten Fall nur 28 Millionen Eintrittskarten verkauft werden könnten. Dass es jetzt unter 20 Millionen Eintrittskarten geworden sind, hatte selbst Berger nicht für möglich gehalten. Alle Planungen fußten fortan auf der Grundlage von 40 Millionen erwarteten Besuchern. Straßen, Bahnhöfe und der hannoversche Flughafen wurden großzügig erweitert, das hannoversche Messegelände ausgebaut, denn schließlich seien durchschnittlich 260 000 Besucher an jedem der 153 Expo-Tagen zu verkraften.
Allein aus den Eintrittskarten errechneten die Planer sich Einnahmen von 1,8 Milliarden Mark. Dadurch, dass Wirtschaftspartner auf der EXPO großzügig werben konnten, sollten noch einmal eine Milliarde Mark in die Kasse fließen. Gut 200 Millionen Mark waren durch Konzessionsverträge und den Verkauf von Souvenirs eingeplant. Den Einnahmen von drei Milliarden Mark standen geschätzte Ausgaben von 3,4 Milliarden Mark gegenüber. 400 Millionen Mark waren als betriebswirtschaftliches Minus ausgewiesen. Doch die Einnahmen flossen nicht wie geplant. Wirtschaftsunternehmen wie Bertelsmann, Volkswagen, Daimler Chrysler, Sennheiser, Bosch, der Grüne Punkt oder IBM ließen sich zwar zu sogenannten Welt- oder Produktpartnern machen, doch die fest eingeplanten Einnahmen aus der Wirtschaft blieben hinter den Erwartungen zurück. Der Geschäftsführer der Expo-Beteiligungsgesellschaft der Deutschen Wirtschaft, Wilfried Prewo, mit seiner Bilanz:
Wilfried Prewo: Insgesamt sind an direktem Sponsoring 650 Mio. Mark zusammengekommen, von diesen 650 Mio. stammen etwa 80 Prozent oder 500 Mio. von unseren Unternehmen der Expo Beteiligungsgesellschaft. Ich meine, über dieses Volumen muss man hocherfreut sein, denn es hat noch nie eine Weltausstellung gegeben, auch noch nie Olympische Spiele gegeben, bei denen so viel gesponsert wurde.
Auch wenn die Wirtschaft sich mächtig ins Zeug legte, die Planer der Weltausstellung hatten mit 350 Millionen Mark mehr aus den Unternehmenskassen gerechnet. Expo-Geschäftsführer Reinhard Volk ist bei allem Engagement der Unternehmen denn auch mit dem finanziellen Beitrag der Wirtschaft nicht zufrieden.
Reinhard Volk: Unter den Bedingungen, die gegeben waren, ist das eine vernünftige Zielerreichung, auch deshalb, weil die Wirtschaftspartner über das hinaus, was sie hier auf dem Gelände gemacht haben, noch mindestens den selben Betrag aufgewendet haben, um werblich präsent zu sein, andere wie Siemens haben ja 110 000 Tickets gekauft, die Gewerkschaften haben 85 000 Tickets gekauft, die Sparkassen haben Zehntausende von Tickets gekauft und verkauft insofern, wenn man dieses Engagement hinzunimmt, dann geht das schon in Ordnung, ich hätte mir aber gewünscht von Anfang an, dass wir in der Wirtschaft eine höhere Akzeptanz gehabt hätten, aber das ist ja alles Vergangenheitsbewältigung und heute nur noch ein Rückblick.
Aber nicht nur die Gelder aus der Wirtschaft kamen nicht in dem Ausmaß herein, wie sich das die Planer am grünen Tisch ausgerechnet hatten. Auch die Sonderangebote, die die Expo unter dem schwachen Besucherzustrom einführen musste, zeigten eine verheerende Wirkung in der Kasse. Allein durch den Verzicht auf die Parkplatzgebühren sowie auf die Vorverkaufsgebühren an den Tageskassen entgingen der Expo 200 Millionen Mark an fest eingeplanten Mitteln. Die verbilligten Familienangebote und extrem preiswerten Abendtickets sorgten zwar dafür, dass es auf dem Expo-Gelände langsam voller wurde, doch die Schnäppchenpreise trieben auch das Minus der Weltausstellungsgesellschaft rasant in die Höhe. Statt der ursprünglich erwarteten 1,8 Milliarden Mark an Eintrittsgeldern dürften sich die Einnahmen wegen der vielen Sonderpreise nur auf ein Drittel dieser Summe belaufen, auch wenn man die Hälfte der erwarteten Besucherzahlen zugrundelegt.
Kurz nach der Halbzeit der Expo Mitte August drohte der Weltausstellungsgesellschaft die Zahlungsunfähigkeit, weil die dringend benötigten Einnahmen ausblieben. Der Bund und das Land Niedersachsen mussten ihre ohnehin schon erhöhten Bürgschaften für die Expo von 1, 7 Milliarden Mark auf 2,4 Milliarden Mark noch einmal anheben:
Reinhard Volk: Die finanzielle Situation bei der Expo hat sich in der letzten Zeit sehr zugespitzt, die wegbleibenden Besucher am Anfang haben ein Loch in die Kasse gerissen und wir haben dafür gesorgt, dass durch günstigere Eintrittspreise und Wegfall von Parkgebühren und Ähnlichem Einnahmen nicht mehr kommen, die ursprünglich geplant waren, damit ist die Finanzplanung etwas aus dem Ruder gelaufen und hat Liquiditätsprobleme produziert.
Aufkommen für das Minus der Expo müssen nun der Bund und das Land Niedersachsen. Dabei ist der niedersächsische Ministerpräsident Gabriel zuversichtlich, dass Berlin mit 1,6 Milliarden Mark zwei Drittel des Defizits übernimmt und Hannover 800 Millionen Mark tragen muss. Auch wenn das nicht öffentlich gesagt wird: Schließlich war es ja Schröder, der die Finanzplanung seinerzeit als Landeschef in Hannover verantwortet hatte. Gabriel kann mit dem Expo-Defizit leben, wie er sagt.
Sigmar Gabriel: Die Weltausstellung hat diesem Land gebracht Bruttoinvestitionen von rund 8,5 Mrd. Mark, das sind Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur in die Messe, aber zwei Milliarden Mark davon in 68 dezentrale Projekte im Lande Niedersachsen, in kulturelle Projekte, touristische, wirtschaftliche in der Forschung und das alleine ist natürlich ein Riesenfortschritt für das Land, das ist viel länger vorhanden als die Weltausstellung selbst, so dass ich überhaupt nicht von einem Defizit spreche, sondern für mich, ist das, was wir jetzt beitragen müssen, auch als Land Niedersachsen, um das zu finanzieren, eine Investition in die Zukunft, das wird ja maximal in einer Größenordnung von 1,2 Mrd. Mark liegen, demgegenüber sind 8,5 Mrd. Mark Investitionen wirklich ein Riesenschritt für das Land.
Die Wirtschaft hat mit dem Expo-Defizit wenig zu tun. Die Unternehmen verlieren nur die 20 Millionen Mark, die sie als Gesellschafterkapital in die EXPO GmbH eingezahlt haben, sagt der Geschäftsführer der Beteiligungsgesellschaft Prewo:
Wilfried Prewo: Wir als Beteiligungsgesellschaft der Wirtschaft haben nur gehaftet im Rahmen unserer Eigenkapitals, dieses ist verloren, aber wir schimpfen darüber nicht und führen keine Klage, so leid uns das tut, weil wir sagen, das hat sich gelohnt, dieser finanzielle Einsatz hat sich für unsere Unternehmen sehr gelohnt.
Nicht verwundert zeigen sich Beobachter, dass auch Bundeskanzler Gerhard Schröder heute voll des Lobes über seine Expo ist. War er es doch, der die Weltausstellung in Hannover Anfang der 90er Jahre gegen viele Bedenken in der Kohl-Regierung durchgesetzt hatte. Schröder sprach bei einer ersten Bilanz in Hannover von einem vollen Erfolg. Dieser Erfolg werde auch dadurch nicht geschmälert, dass bei der Weltausstellung in finanzieller Hinsicht nicht alle Rechnungen aufgegangen seien. Auch wenn die Expo mit einem betriebswirtschaftlichen Defizit von 2,4 Milliarden Mark abschließe, schlage der volkswirtschaftliche Nutzen doch höher zu Buche:
Gerhard Schröder: Der volkswirtschaftliche Nutzen ist unabhängig von allem, was an ideellem Nutzen da ist, der volkswirtschaftliche Nutzen für die Region und damit auch für Deutschland, selbst der Steueranteil für die deutsche Volkswirtschaft und damit für den Staat auf allen Ebenen, selbst der Steueranteil für den Staat auf allen Ebenen von SHS nach Bayern, dieser steuerliche Nutzen übersteigt das Defizit, das zu erwarten ist, bei weitem, nun will ich nicht so weit gehen, dass sich diese Länder auch an der Finanzierung des Defizits beteiligen sollten, das werden sie nicht tun, fürchte ich, sind halt doch ein bisschen kleinlich.
Profitiert von der Expo hat vor allem die Landeshauptstadt Hannover. Genau wie München seinerzeit von den Olympischen Spielen einen Zukunftsschub bekommen habe, werde auch die Leinemetropole noch auf Jahre Nutzen von der Weltausstellung haben, sagt der hannoversche Oberbürgermeister Herbert Schmalstieg:
Herbert Schmalstieg: Ob das die Straßen sind, Ausbau der Autobahnen, ob das der neue Hauptbahnhof ist, man kann davon ausgehen, dass rund 4,2 Mrd. DM hier geschaffen worden sind, aber vor allen Dingen hat die Stadt sich mit einem großen Engagement vieler Unternehmen neu positioniert und sich auch herausgeputzt.
Gernot Preuss vom Förderverein Expo 2000 der Deutschen Wirtschaft sieht durch die Expo auch große Vorteile für den Messestandort Hannover. Die Deutsche Messe AG habe weltweit einen Wettbewerbsvorteil von drei bis fünf Jahren bekommen, meint Preuss:
Gernot Preuss: Die deutsche Messe AG steht natürlich in einem internationalen Wettbewerb, es geht nicht zwischen München, Frankfurt, Düsseldorf oder Leipzig, sondern es geht darum, bleibt der Industriemessestandort in Hannover und damit in Deutschland, und durch die hervorragende Infrastruktur und die Modernisierung des Messegeländes ist jetzt ein ganz großer Schritt getan worden.
25 000 zusätzliche Arbeitsplätze sind durch die Expo geschaffen worden, sagt das Arbeitsamt. Die meisten von diesen neuen Stellen würden nach dem Ende der Veranstaltung allerdings wieder wegfallen. Aber immerhin hätten 3000 Arbeitslose wieder Lohn und Brot gefunden. Auch die Bauindustrie und nicht zuletzt das niedersächsische Handwerk hätten durch die Aufbauten und jetzt folgenden Abbauten profitiert. Selbst das Hotelgewerbe meldet einen positiven Trend, wenn die Branche auch ursprünglich von deutlich höheren Erwartungen ausgegangen war.
Den größten Effekt sieht Expo Chefin Breuel allerdings in der großen Zufriedenheit der Besucher. Allein dafür habe sich die Arbeit gelohnt, sagt die Expo Chefin rückblickend:
Birgit Breuel: Von Anfang ist völlig klar gewesen, dass die Expo von Gestaltung, vom Inhalt, vom Programm ein großer Erfolg war, es ist schon wahr, dass wir vor dem 1. Juni ein bisschen unruhig waren, weil wir nicht wussten, wie die Besucher auf das reagieren, was wir dort gebaut haben, sie haben wunderbar reagiert, sie haben’s gemocht, sie haben’s angenommen, die Expo war ihre, ganz schnell, der Teil war von Anfang an wunderbar, dafür kann man nur dankbar sein und sich freuen, das sagen die Nationen, das sagen die Besucher, das sagen die Partner, wir hatten nicht immer genug Besucher, das ist wahr, soll man aber auch nicht überbewerten.
Dennoch, es gibt auch kritische Stimmen. Die krassen Fehler der Expo hätten vermieden werden können, meinen viele Beobachter. Vor allem die Öffentlichkeitsarbeit und das Marketing hätten versagt. Der Kulturchef der Expo, Tom Stromberg, der jetzt Intendant des deutschen Schauspielhauses Hamburg ist, nennt unverblümt Schwachpunkte.
Tom Stromberg: Wir alle haben sehr spät Bilder gehabt, die wir transportieren konnten, erst nach dem 1. Juni, da wär’s wichtig gewesen, noch mehr mit den Bildern nach außen zu gehen, aber im Laufe der Zeit hat sich auch das Programm herumgesprochen, die Mundpropaganda ist dann das, was doch die meisten Leute anzieht, man hat sehr schnell gemerkt, dass das Gelände anspruchsvoll unterhält, dass man dort mit Niveau versorgt wird, dass man, wenn man neugierig ist, viele dinge entdecken kann und das hat die Menschen dann angezogen auf die Expo.
Und auch die Wirtschaft hat ihre Zurückhaltung aufgegeben, wenn es um eklatante Mängel des Marketing geht. Der Kommunikationschef von Volkswagen. Klaus Kocks, bringt die Kritik auf den Punkt:
Klaus Kocks: Also ich habe mich die ganze Zeit nicht an der Kritik der Expo beteiligt und möchte das jetzt auch nicht tun, aber eins kann man sicherlich sagen, ohne wieder schmutzige Wäsche zu waschen. Wer nicht weiß, was sein Produkt ist, kann sein Produkt auch nicht bewerben, wenn ich ein Produkt nicht bewerben kann, kann ich es nicht verkaufen, das ist das Basisproblem der Öffentlichkeitsarbeit der Expo gewesen, das ist vorbei, wir alle haben’s überstanden, wir haben während der laufenden Expo nicht zwischen die Räder gegriffen und freuen uns jetzt an dem Erfolg aller.