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Gewinne für den guten Zweck

Kurt A. Körber, einer der großen Unternehmers Hamburgs, wäre am 7. September 100 Jahre alt geworden. Die von ihm gegründete Körber-Stiftung besteht inzwischen seit 50 Jahren. Möglich wird die Arbeit der Stiftung durch das Vermögen vor allem des Maschinenbauers Körber AG.

Von Verena Herb |
    Am Montag gedenkt Hamburg mit einem Festakt eines großen Unternehmers der Hansestadt: Kurt A. Körber. Am Montag wäre er 100 Jahre alt geworden. Gefeiert wird auf dem Festakt aber auch das 50-jährige Bestehen der von ihm gegründeten Körber-Stiftung, die viele Projekte auch außerhalb Hamburgs fördert: den Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten für Jugendliche, den mit 750.000 Euro dotierten Körber-Preis für Wissenschaftler mit besonders innovativen Forschungsvorhaben oder den renommierten Bergedorfer Gesprächskreis zu Grundfragen der internationalen Sicherheitspolitik. Möglich wird all das, weil die Körber-Stiftung auf ein beträchtliches Vermögen zurückgreifen kann. Dazu gehört vor allem die Körber AG. Der Maschinenbauer ist - und das weltweit - nicht nur bei Zigarettenherstellern die erste Adresse.

    "Hauni macht ausschließlich Maschinen, Anlagenservice für die Tabakindustrie. Also unsere Kunden sind alle Zigarettenhersteller und die bekommen wirklich von der Anlage für die Aufbereitung vom Tabak - also der Rohtabak, der in großen Ballen kommt - bis eben zur fertigen Zigarette und alles, was sie dazwischen brauchen, bekommen sie von uns."

    Die Firma Hauni in Bergedorf, etwa 15 Kilometer vom Zentrum der Hansestadt entfernt. Hier nahm Mitte der 40er-Jahre alles seinen Anfang: Mit Hauni wurde der Grundstein für ein Imperium gelegt. Das Imperium von Kurt A. Körber - dem Unternehmer, Erfinder und Stifter:

    "Kurt Körber selbst hat, so sagt es die Legende, 1946 an einer Telefonzelle am Dammtorbahnhof seine ersten Geschäfte abgewickelt, war dann aber immer in Bergedorf und dann ist er in den 50er-Jahren dann eben hierhin gegangen. Angefangen hat er mit drei Mitarbeitern, heute sind wir weltweit im kompletten Körber-Konzern an die 10.000."

    Auf der ganzen Welt spucken Körber-Maschinen heute einen rasenden Strom von Zigaretten aus - bis zu 20.000 Stück in der Minute, acht Millionen pro Schicht. Die Maschinen für die Tabakindustrie sind jedoch nur ein Teilbereich des Körber-Konzerns:

    "Wir sind konzentriert auf den Maschinenbau."

    sagt Richard Bauer, Noch-Vorstandsvorsitzender von Hauni, ab 1. Oktober Vorstandschef der gesamten Körber-Gruppe . Insgesamt gehören 30 produzierende Unternehmen und zahlreiche Vertriebs- und Servicegesellschaften zur Körber AG. Ein Konzern mit einem Umsatz von - im vergangenen Jahr - 1,75 Milliarden Euro.

    Rund 39 Prozent des Umsatzes entfällt auf Maschinen für die Tabakindustrie, erzählt Bettina Lichtenberg, während sie über das große Hauni-Gelände in Bergedorf führt. Seit sieben Jahren arbeitet sie für die Körber AG - kennt sich aus mit Entstehung, Situation und Entwicklung des Konzerns:

    "Körber selbst hat vier Sparten: Also neben der Tabaksparte ist das Werkzeugmaschinen. Also vor allem Schleifmaschinen. Dann haben wir eine Sparte Papier, die machen Maschinen für die Tissue-Industrie, also Haushaltsrollen, Klopapier, Küchentücher. Und für die Papierindustrie eben Schneidemaschinen oder für Schulheftstraßen, solche Sachen. Und dann unser jüngstes Geschäftsfeld sind die Pharma-Verpackungssysteme. Die machen eben Maschinen für Pharmaverpackungen. Zum Beispiel so Blisterverpackungen, wo man die Pillen so rausdrückt. Das sind so die großen Sachen."

    Groß war auch der Unternehmer Kurt A. Körber. 1959 gründete er die nach ihm benannte Stiftung: Wirtschaftsförderung, aber auch Kultur, Wissenschaft, Gesellschaft - diese Themen lagen dem Unternehmer am Herzen. In einem Interview im NDR anlässlich seines 70. Geburtstages 1979 antwortete er auf die Frage, ob er denn kein schlechtes Gewissen habe, die Tabakindustrie mit seinen Maschinen zu unterstützen:

    "Ich muss sagen: Wenn ich nicht die Zigarettenmaschinen baue, dann baut sie ein anderer. Ich zweifle allerdings daran, wenn ein anderer die Zigarettenmaschinen baut, ob er so viel in die Gesellschaft hineinsteckt, aus den Gewinnen, die dabei zu erzielen sind."

    Körber war nicht der Kapitalist, der stiftet und schweigt. Als er 1992 stirbt, fließt sein Vermögen in die Körber-Stiftung. Sie ist auch alleiniger Anteilseigner der Körber AG. Somit ist die Körber AG vom Kapitalmarkt unabhängig. Das hat Vor- und Nachteile, erläutert der designierte Vorstandsvorsitzende Richard Bauer:

    "Positiv ist natürlich für uns, dass wir finanziell unabhängig sind, unabhängig von irgendwelchen Banken oder von sonstigen Institutionen. Wir haben aber auch den klaren Anspruch als stiftungsgehöriges Unternehmen: Wir müssen mehr verdienen als andere Unternehmen, um eben unsere finanzielle Unabhängigkeit zu wahren. Und das Negative ist eben, dass doch viele Mitarbeiter und eben Gremien glauben, dass man als Stiftungsunternehmen nicht ganz so forsch und so aktiv am Markt sein muss, sondern dass man sich ein wenig geruhsamer das Leben gestalten kann. Aber das ist eben absolut nicht der Fall."

    Geruhsam ist der Körber-Konzern keineswegs: Alle Zeichen stehen auf Expansion - auch in der aktuellen Wirtschaftskrise, sagt Bauer:

    "Wir alle wissen, Werkzeugmaschinen sind besonders stark betroffen von der gesamten Rezession. Da haben wir sehr, sehr starke Umsatzrückgänge. Ebenfalls im Bereich von Papiermaschinen. Von Tissue-Maschinen."

    Auch bei Körner gibt es Kurzarbeit, Stellen müssen abgebaut werden. In welchem Umfang, dazu äußert sich der Konzern nicht. Das könne man noch nicht absehen, so die Antwort.

    "Weniger betroffen ist eben der Bereich Medizin. Medizin läuft ja eben nach wie vor verhältnismäßig gut."

    Und gerade in diesem Bereich will Körber weiter durch Zukäufe wachsen:

    "Wenn wir also von Akquisition sprechen, dann sprechen wir schon von europäischer Akquisition. Aber es gilt eben auch dort, Wachstumsmärkte wie Indien, China und wie eben den gesamten asiatischen Raum zu erschließen."

    Der Konzern steht nicht unter Zeitdruck: kein Aktionär, der aufs Tempo drückt oder Dinge verzögert. Entwicklungsvorhaben können mit langem Atem geplant werden, ohne dass vierteljährlich Kapitaleignern über irgendwelche Erfolge berichtet werden muss. Schon Kurt A. Körbers Credo war: Unabhängigkeit, vor allem von Banken, sichert den Erfolg, macht Vorstand Richard Bauer deutlich:

    "Ich glaube schon, dass es die Mitarbeiter immer mehr verstanden haben, dass man, um eben finanziell unabhängig zu sein - und die Vorteile spüren wir gerade im Moment eben -, dass man eben ein Stückchen mehr leisten muss als in anderen Unternehmen, um eben genau langfristig diese Strategie, die wir da gewählt haben, auch fortzuführen."