Wenn Verbraucher mal wieder von neu entdeckten Schadstoffen in Lebensmitteln hören, malen sie sich oft das Schlimmste aus. Das möchte Thomas Gude in diesem Fall gerne vermeiden:
"Es ist kein akutes Gesundheitsproblem. Definitiv nicht!"
Dennoch muss man als nicht tolerierbar bezeichnen, was der Lebensmittelchemiker jetzt anlässlich des 34. Deutschen Lebensmittelchemikertages in Hamburg schilderte. Gude ist zwar Deutscher, arbeitet aber beim privaten Untersuchungslabor SQTS in der Schweiz. Dortige Analysen aus den letzten Wochen und Monaten zeigen: Noch immer treten aus den Schraubdeckeln von Verpackungen potenziell giftige Stoffe in Lebensmittel über. Die unerwünschten Substanzen stammen aus den Kunststoff-Dichtungen der Deckel ...
"Das ist PVC. PVC muss weich gemacht werden, damit es richtig dichtet. Und in diesem Dichtungsmaterial sind halt noch diverse andere Stoffe drin. Schwierigkeit ist das Dichtungsmaterial in Kontakt mit fetthaltigen Lebensmitteln. Fett wird meist so definiert: größer vier Prozent im Lebensmittel. Man weiß halt, dass eben Fettbestandteile bestimmte Weichmacheranteile herauslösen können. Und so ist jetzt diese gesamte Deckelproblematik zustande gekommen."
Stichproben nahm Gudes Labor übrigens nicht nur in der Schweiz, sondern auch im Auftrag deutscher Lebensmittel-Hersteller. Am Ende kamen mehrere hundert Analysen zusammen - von den Dichtungsmaterialien genauso wie von Lebensmitteln im Kontakt mit ihnen.
"Im Wesentlichen sind’s ja eigentlich Gläser. Lebensmittel, die in Gläsern sind, die dann entsprechend mit einem Deckel verschlossen werden. Ganz klassisch ist natürlich das Babyfood, all die ganzen Gläschen. Obwohl: Das meiste Babyfood enthält nicht so viel Fett. Damit ist das gar nicht ’mal so eine Risikogruppe. Aber es gibt noch eben genügend andere Lebensmittel: Pesto, Früchte, Gemüse in Öl eingelegt, ist ja häufig in Gläsern."
In diesen Lebensmitteln wies das Schweizer Labor eine ganze Reihe von Chemikalien aus den Deckel-Dichtungen nach. Bei manchen Stoffen lag die Konzentration in jedem 4. Fall über dem zulässigen Höchstwert. Die Prüfer stießen sogar auf zwei so genannte Diglycidylether. Diese Substanzen sind nach EU-Recht gänzlich verboten. Aufgrund ihrer chemischen Struktur halten Toxikologen sie für gesundheitsbedenklich. Und dennoch:
"Man kann zwar bestimmte Substanzen anprangern in dem Bereich, aber wenn ich diese Art von Lebensmitteln nicht dicht bekomme, dann habe ich ein mikrobiologisches Problem, was sicherlich das gravierendere akute Problem wäre. Es ist die Frage, ob man nicht vergessen hat, rechtzeitig nach geeigneten Ersatzstoffen zu suchen."
Doch auch mit den vorhandenen Mitteln lasse sich das Problem entschärfen, meint der Wahl-Schweizer Thomas Gude. Sein Appell richtet sich vor allem an die Dichtungshersteller:
"Es ist sicherlich sinnvoll, dass die Verpackungshersteller mit den Lebensmittelherstellern vielleicht in der Kommunikation sich etwas vertiefen, ob diese Verpackung tatsächlich immer zu dem Lebensmittel passt, was man da benutzt. Da ist sicherlich im Einzelfall eine Beurteilung benötigt. Das Problem ist: Das ist die Suche nach der berühmten Stecknadel im Heuhaufen, weil man immer nicht genau weiß, um welche Substanzen es sich handelt, die in dem Dichtungsmaterial drin sind. Das wird nicht sehr transparent berichtet."
Nicht nur im Glas mit Deckeldichtung können Schadstoffe in Lebensmittel übertreten. Sondern auch noch bei der Zubereitung in der Küche. Ein Beispiel dafür lieferte jetzt der Lebensmittelchemiker Rüdiger Helling aus Dresden, von der Landesuntersuchungsanstalt für das Gesundheits- und Veterinärwesen Sachsen. Sie kümmert sich seit Monaten intensiv um Pfannenwender, Suppenkellen und andere Küchenwerkzeuge aus Polyamid. Denn dieser Kunststoff kann mit so genannten aromatischen Aminen verunreinigt sein. Dazu zählen auch nachweislich krebserregende Substanzen
"Nehmen Sie das Beispiel eines Spaghettilöffels. Dann gehen Sie mit dem Spaghettilöffel natürlich direkt in den Topf mit den noch heißen Spaghetti. Dann muss man davon ausgehen, dass sehr effektiv Amine extrahiert werden und dann letztendlich mit der Nahrung aufgenommen werden."
Laut Helling erweisen sich vor allem Billigprodukte aus Polyamid bis heute als Giftschleudern:
"Wir haben letztes Jahr geprüft. Wir haben dieses Jahr geprüft. Und haben über den Zeitraum eine konstant hohe Beanstandungsquote von circa 30 Prozent."
Trotz veranlasster Rückrufaktionen besteht das Problem also offenbar weiterhin, und Krebsgifte aus Küchenhelfern gelangen in Pfannen- oder Topfgerichte. Die Prüfer raten Verbrauchern deshalb, im Zweifelsfall auf Suppenkellen und Pfannenwender aus Holz, Metall oder Melamin auszuweichen ...
"Es ist kein akutes Gesundheitsproblem. Definitiv nicht!"
Dennoch muss man als nicht tolerierbar bezeichnen, was der Lebensmittelchemiker jetzt anlässlich des 34. Deutschen Lebensmittelchemikertages in Hamburg schilderte. Gude ist zwar Deutscher, arbeitet aber beim privaten Untersuchungslabor SQTS in der Schweiz. Dortige Analysen aus den letzten Wochen und Monaten zeigen: Noch immer treten aus den Schraubdeckeln von Verpackungen potenziell giftige Stoffe in Lebensmittel über. Die unerwünschten Substanzen stammen aus den Kunststoff-Dichtungen der Deckel ...
"Das ist PVC. PVC muss weich gemacht werden, damit es richtig dichtet. Und in diesem Dichtungsmaterial sind halt noch diverse andere Stoffe drin. Schwierigkeit ist das Dichtungsmaterial in Kontakt mit fetthaltigen Lebensmitteln. Fett wird meist so definiert: größer vier Prozent im Lebensmittel. Man weiß halt, dass eben Fettbestandteile bestimmte Weichmacheranteile herauslösen können. Und so ist jetzt diese gesamte Deckelproblematik zustande gekommen."
Stichproben nahm Gudes Labor übrigens nicht nur in der Schweiz, sondern auch im Auftrag deutscher Lebensmittel-Hersteller. Am Ende kamen mehrere hundert Analysen zusammen - von den Dichtungsmaterialien genauso wie von Lebensmitteln im Kontakt mit ihnen.
"Im Wesentlichen sind’s ja eigentlich Gläser. Lebensmittel, die in Gläsern sind, die dann entsprechend mit einem Deckel verschlossen werden. Ganz klassisch ist natürlich das Babyfood, all die ganzen Gläschen. Obwohl: Das meiste Babyfood enthält nicht so viel Fett. Damit ist das gar nicht ’mal so eine Risikogruppe. Aber es gibt noch eben genügend andere Lebensmittel: Pesto, Früchte, Gemüse in Öl eingelegt, ist ja häufig in Gläsern."
In diesen Lebensmitteln wies das Schweizer Labor eine ganze Reihe von Chemikalien aus den Deckel-Dichtungen nach. Bei manchen Stoffen lag die Konzentration in jedem 4. Fall über dem zulässigen Höchstwert. Die Prüfer stießen sogar auf zwei so genannte Diglycidylether. Diese Substanzen sind nach EU-Recht gänzlich verboten. Aufgrund ihrer chemischen Struktur halten Toxikologen sie für gesundheitsbedenklich. Und dennoch:
"Man kann zwar bestimmte Substanzen anprangern in dem Bereich, aber wenn ich diese Art von Lebensmitteln nicht dicht bekomme, dann habe ich ein mikrobiologisches Problem, was sicherlich das gravierendere akute Problem wäre. Es ist die Frage, ob man nicht vergessen hat, rechtzeitig nach geeigneten Ersatzstoffen zu suchen."
Doch auch mit den vorhandenen Mitteln lasse sich das Problem entschärfen, meint der Wahl-Schweizer Thomas Gude. Sein Appell richtet sich vor allem an die Dichtungshersteller:
"Es ist sicherlich sinnvoll, dass die Verpackungshersteller mit den Lebensmittelherstellern vielleicht in der Kommunikation sich etwas vertiefen, ob diese Verpackung tatsächlich immer zu dem Lebensmittel passt, was man da benutzt. Da ist sicherlich im Einzelfall eine Beurteilung benötigt. Das Problem ist: Das ist die Suche nach der berühmten Stecknadel im Heuhaufen, weil man immer nicht genau weiß, um welche Substanzen es sich handelt, die in dem Dichtungsmaterial drin sind. Das wird nicht sehr transparent berichtet."
Nicht nur im Glas mit Deckeldichtung können Schadstoffe in Lebensmittel übertreten. Sondern auch noch bei der Zubereitung in der Küche. Ein Beispiel dafür lieferte jetzt der Lebensmittelchemiker Rüdiger Helling aus Dresden, von der Landesuntersuchungsanstalt für das Gesundheits- und Veterinärwesen Sachsen. Sie kümmert sich seit Monaten intensiv um Pfannenwender, Suppenkellen und andere Küchenwerkzeuge aus Polyamid. Denn dieser Kunststoff kann mit so genannten aromatischen Aminen verunreinigt sein. Dazu zählen auch nachweislich krebserregende Substanzen
"Nehmen Sie das Beispiel eines Spaghettilöffels. Dann gehen Sie mit dem Spaghettilöffel natürlich direkt in den Topf mit den noch heißen Spaghetti. Dann muss man davon ausgehen, dass sehr effektiv Amine extrahiert werden und dann letztendlich mit der Nahrung aufgenommen werden."
Laut Helling erweisen sich vor allem Billigprodukte aus Polyamid bis heute als Giftschleudern:
"Wir haben letztes Jahr geprüft. Wir haben dieses Jahr geprüft. Und haben über den Zeitraum eine konstant hohe Beanstandungsquote von circa 30 Prozent."
Trotz veranlasster Rückrufaktionen besteht das Problem also offenbar weiterhin, und Krebsgifte aus Küchenhelfern gelangen in Pfannen- oder Topfgerichte. Die Prüfer raten Verbrauchern deshalb, im Zweifelsfall auf Suppenkellen und Pfannenwender aus Holz, Metall oder Melamin auszuweichen ...