Die Bundesanstalt für Fleischforschung in Kulmbach lenkt das Augenmerk jetzt auf Tierfuttermittel. Und zwar auf solche, die Getreidestäube enthalten. Das sind Produktionsabfälle , wie sie zum Beispiel in Mälzereien anfallen bei der Verarbeitung von Braugerste oder auch in Müllereien bei der Herstellung von Mehl. In Kulmbach wollte man wissen, wie stark die Getreidestäube mit Ochratoxin A belastet sind.
Das Ergebnis: Die Reinigungsrückstände enthalten weitaus größere Mengen des Pilzgiftes als das Getreide selbst, so Manfred Gareis, Leiter des Instituts für Mikrobiologie und Toxikologie in der Bundesanstalt.
Manfred Gareis: ...und diese Stäube, die müssen ja irgendwo hin. Und die gelangen i.d.R. in pelletierter Form, als Mehl oder Pellets - gelangen sie also als Futter dann wieder zum Tier.
Gareis' Arbeitsgruppe untersuchte auch die Futtermittel. Insgesamt zwölf Proben, wie er sagt. Alle waren positiv und enthielten Ochratoxin A, das heißt: Tiere, die damit gefüttert werden, nehmen den Giftstoff auf. Gareis sieht dadurch die Gesundheit von Nutztier und Verbraucher gefährdet. Der Veterinärmediziner verweist auf das sogenannte Carry over in der Nahrungskette:
Manfred Gareis: Carry over ist der Übergang eines Mykotoxins vom Futtermittel über das Tier zum Lebensmittel tierischer Herkunft, das heißt wir haben hier eine Eintragsquelle nachgewiesen für das Tier. Diese Eintragsquelle ist meines Erachtens relativ hoch, weil wir sehr, sehr hohe Konzentrationen in diesen pelletierten oder mehlartigen Futtermitteln haben, was letztendlich ein Recyceln, ein biologisches Recyceln und Abfallentsorgen für die Stäube darstellt, aber aus Gründen der Tiergesundheit und auch für den Verbraucherschutz nicht akzeptabel ist.
Bei Rindern, Schafen und anderen Wiederkäuern ist das Pilzgift im Futtermehl laut Gareis kein Problem. Sie seien in der Lage, die Substanz in ihrem Pansen zu zerstören. Für Schweine gelte das nicht. Sie reicherten das Mykotoxin im Gewebe an, so dass es sich später auch in Produkten vom Schwein wiederfinde.
Der Kulmbacher Tierarzt vermutet, dass die Getreidestäube tonnenweise zu Viehfutter verarbeitet werden. Genau lasse sich das aber nicht sagen ...
Manfred Gareis: Es ist auch sehr schwer, da momentan Informationen zu bekommen. / Es ist so, dass diese Stäube entsorgt werden, und / auf diesem Weg / seit vielen Jahren auch entsorgt werden.
Gareis und seine Kollegen trieb auch noch eine andere Sorge um:
Manfred Gareis: Es ist ja nicht nur die Nahrung interessant, die orale Aufnahme, sondern die Inhalation. / Und wir haben im Zusammenhang / mit diesen Staubuntersuchungen / auch / Mitarbeiter / in einem Betrieb untersucht, in einer Mälzerei. Haben Blutproben / gewonnen, und haben / diese Blutproben dann auch analysiert auf Ochratoxin A.
Alle Arbeiter hatten erhöhte Gehalte des Schimmelpilz-Giftes Pilzgiftes im Blutserum, verglichen mit der Normalbevölkerung.
Laut Gareis handelt es sich zwar bisher nur um Stichproben; die Kulmbacher Forscher untersuchten lediglich sieben Arbeitnehmer. Ihre Ergebnisse sind deshalb nicht unbedingt allgemeingültig. Aber:
Manfred Gareis: Das ist ein erster Trend, den wir jetzt also versucht haben, damit auch zu dokumentieren, um auch dieser Art der Forschung einen Kick zu geben, um mehr auf diesen Arbeitssicherheitsbereich zu schauen. Wobei neben diesem Mykotoxin, das wir jetzt also ganz konkret nachweisen konnten, sicherlich auch andere Toxine und unerwünschten Rückstände hier eine Rolle spielen können.
Zum Beispiel hochgiftige Dioxine und Furane. Auch sie ließen sich bereits in erhöhten Konzentrationen in Spelzen und anderen Getreiderückständen nachweisen, ebenso Schwermetalle wie Cadmium. Werden Nutztiere also mit dem Abfall aus Getreidelagern, Mälzereien und Müllereien gefüttert, dann geht ihnen zwar ein Bioprodukt durch den Magen - aber auch alle möglichen Giftsorten.