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Giftmüll aus der Elfenbeinküste

Illegal in der Elfenbeinküste deponierter Giftmüll aus Europa hatte im September mehrere Menschenleben gefordert und das ganze Land in Aufregung versetzt. Die französische Regierung erklärte sich daraufhin bereit, die gefährlichen Abfälle nach Frankreich zu verschiffen und in einer Müllverbrennungsanlage zu entsorgen. Inzwischen lagern Tonnen der giftigen Fracht in Nordfrankreichs Hafenstadt Le Havre.

Von Siegfried Forster |
    Illegal in der Elfenbeinküste deponierter Giftmüll aus Europa hatte im September mehrere Menschenleben gefordert und das ganze Land in Aufregung versetzt. Die französische Regierung erklärte sich daraufhin bereit, die gefährlichen Abfälle nach Frankreich zu verschiffen und in einer Müllverbrennungsanlage zu entsorgen. Inzwischen lagern Tonnen der giftigen Fracht in Nordfrankreichs Hafenstadt Le Havre.

    Die 142 Container mit hochgiftigem Müll rollen in den kommenden Tagen über 700 Kilometer weit von der nord-französischen Hafenstadt Le Havre in den Süden nach Salaise-sur-Sanne. In der kleinen Gemeinde unweit von Lyon steht die Müllverbrennungsanlage, in der sich der tödliche Müll aus der Elfenbeinküste in Luft auflösen soll. Für Juliette Aubert von der Betreiberfirma Trédi ein Happy End der Giftmüll-Affäre:
    " Ja, ich denke, man kann vor allem von einer Premiere sprechen. Es handelte sich um eine humanitäre Aktion im ökologischen Bereich. Das ist das erste Mal, dass so etwas gemacht worden ist. Wir haben zuerst bei der Entseuchung vor Ort mitgeholfen, haben den Giftmüll anschließend verpackt und nach Frankreich transportiert. Und eines unserer Spezial-Zentren wird diesen Giftmüll entsorgen. "

    Für Yannick Vicaire ist man von einem Happy End noch weit entfernt. Er verfolgte als Kampagnen-Leiter der Umwelt-Organisation Greenpeace die Giftmüll-Affäre und bekräftigt: Bis heute sei weder die genaue Herkunft des Giftmülls klar noch dessen genaue Zusammensetzung. Fraglich sei außerdem, wer die aufwendige Expedition letztendlich bezahlen wird:
    " Das ist eine gute Frage. Die laufenden Ermittlungen werden das feststellen. Die Internationale Basler Konvention sieht vor, dass jener bezahlt, der gegen das Gesetz verstoßen hat. In diesem Fall handelt es sich wahrscheinlich um eine gemeinsame Verantwortung der Niederlande, die das Schiff unter griechischer Flagge hat auslaufen lassen, der niederländischen Charter-Gesellschaft und dem Eigentümer des Abfalls. Unterdessen haben Frankreich und eine Reihe von Gläubigern aus der Elfenbeinküste Geld vorgestreckt für die Entsorgung, die extrem teuer sein dürfte. "

    Unklar ist für Vicaire ebenso, weshalb der Giftmüll unbedingt verbrannt und nicht auf andere Weise entsorgt werden soll. Außerdem, weshalb ausgerechnet die französische Müllverbrennungs-Anlage in Salaise-sur-Sanne ausgewählt wurde, angesichts der Tatsache, dass mindestens 40 andere Zentren in Frankreich und in Europa ebenfalls dazu in der Lage gewesen wären. Für Pascal Luciani, Berater der französischen Umwelt-Ministerin, handelte es sich um eine humanitäre Entscheidung:
    " Auch wenn Frankreich nicht direkt betroffen war - es handelte sich um kein französisches Schiff, der Giftmüll war nicht französischer Herkunft. Trotzdem haben wir uns veranlasst gefühlt, zu handeln - aufgrund unserer engen freundschaftlichen Bande mit der Elfenbeinküste und unserer Solidarität mit allen Völkern dieser Erde, die von Katastrophen heimgesucht werden. "

    Erklärungen, welche die französischen Natur- und Umweltschutz-Vereine nur teilweise befriedigen. Alain Chabrolle vom Naturschutz-Verband der betroffenen Region Rhône-Alpes (FRAPNA) befürchtet, dass sich die Politiker wieder einmal nur "ein humanitäres und ökologisches Alibi" verschaffen wollen.
    " Wir haben beispielsweise große Schwierigkeiten, präzise Informationen über diesen Giftmüll zu bekommen. Etwa wie viele flüssige und feste Abfälle anfallen. Wie diese Abfälle zwischen Le Havre und der Anlage transportiert oder zwischengelagert werden. Unsere Forderung nach Transparenz im Hinblick auf den Betrieb dieser Müllverwertungs-Anlage in Salaise ist nicht erfüllt worden. Das lokale Informations-Komitee ist seit einem Jahr nicht mehr zusammen gekommen. Wir wissen beispielsweise nicht, wie viel Dioxin die Anlage ausstößt. Diese Fragen wurden niemals beantwortet. "