Die rumänisch-orthodoxe Kirche gibt sich optimistisch: Spätestens im Herbst will sie mit dem Bau der neuen Kathedrale in der Bukarester Innenstadt beginnen – trotz aller Kritik, die es von Architekten und Gläubigen gibt. Die Dimensionen des Gotteshauses sind gewaltig: 120 Meter hoch soll es werden - vergleichbar mit einem 30-geschossigen Hochhaus. Die Grundfläche entspricht zwei Fußballfeldern - Platz für mindestens 5000 Gläubige. Völlig unbekannte Ausmaße für eine rumänisch-orthodoxe Kirche, die in der Regel aus einem kleinen Gemeinderaum mit Altar besteht, in den lediglich ein paar Hundert Gläubige passen. Dieses traditionelle Modell hat man für die Kathedrale einfach wie einen Luftballon aufgeblasen, meint der prominente Bukarester Architekt Dan Marin:
"In der Geschichte der Architektur hat man immer für eine größere Dimension auch den Bautyp verändert. Wenn man sich also eine Kathedrale für 5000 Gläubige wünscht, kann man keine Vorlage eines traditionellen Baus nutzen, dessen Größe man einfach aufbläht und verzehnfacht. Das Resultat ist jetzt eine monströse Karikatur."
Die Architektenbranche hatte sich auf den Kathedralenbau gefreut: Er wäre eine riesige Herausforderung für sie gewesen. Doch hat die Kirche das Bauwerk größtenteils selbst projektiert. Den Entwurf nennt der Architektenverband ein Fiasko. Einige Mitglieder sehen in dem aus Stahlbeton konzipierten und in weißer Farbe gehaltenen Bau den Abklatsch einer russischen Kirche aus dem 18. Jahrhundert. Das Gotteshaus dominieren zehn Türme, auf denen vergoldete und mit Kreuzen verzierte Halbkuppeln aufgesetzt sind. Andere bemängeln das längliche Kirchenschiff, das nicht für orthodoxe Baukunst stehe, sondern für katholische Kathedralen typisch sei. Doch stoßen die Fachkritiker bei der orthodoxen Kirchenführung auf taube Ohren. Dass am Entwurf nachgebessert wird, ist für Kirchensprecher Constantin Stoica ausgeschlossen:
"Wir sehen nicht ein kompetentes Argument, das beweise würde, dass es sich hier um ein architektonisches Fiasko handelt. Diese Kirche wird die Mutter aller rumänischen Kirchen sein. Der Bauentwurf steht und es ist jetzt nur normal, dass wir ihn auch wie versprochen umsetzen."
Die orthodoxe Kirche hat nach der Wende ein überwältigendes Comeback in Rumänien erlebt. Sie gilt seit Jahren unangefochten als glaubwürdigste Institution im Land, wenngleich sie sich vehement gegen eine Vergangenheitsaufarbeitung sperrt und - wie die politische Klasse - in Korruptionsskandale verwickelt ist. Den Glauben an den Herrgott schwächt das nicht. 18.000 orthodoxe Gotteshäuser gibt es schätzungsweise im Land, mehr als ein Viertel davon sind erst in den vergangenen Jahren gebaut worden – oft auch mit Staatsgeldern. Für viele gelten sie als Ort der Hoffnung, sagt der Bukarester Soziologe Mircea Kivu:
"Die Rumänen sind auf eine eigentümliche Weise gläubig. Sie sind mehr abergläubisch, als religiös. An Feiertagen für Schutzheilige stehen Tausende tagelang an den Kirchen Schlange. Sie glauben, dass das ihnen helfen wird, einer Sackgasse zu entkommen. Und für die Mehrheit der Leute ist die Kirche deswegen auch eine Instanz, die man keinesfalls kritisieren darf."
Dass sich die Kirche ihrer mächtigen Position entsprechend auch eine gewaltige Kathedrale wünscht, ist nicht verwunderlich. Geschätzte Baukosten: 300 Millionen Euro. Die will die Kirche, die zu den zehn wohlhabendsten Institutionen Rumäniens gehört, aber nicht selbst zahlen, sondern in Form von Spenden der Gläubigen aufbringen. Auch dagegen regt sich jetzt Widerstand. Im Internetnetzwerk Facebook diskutiert man, dass jetzt nicht der Moment sei, Millionen Euro für einen Kathedralenbau auszugeben. Das Land stecke in einer schweren Wirtschaftskrise, in der die Kirche geben statt fordern müsse. Über 25.000 Rumänen haben sich der Facebook-Gruppe bereits angeschlossen. Auch Soziologe Mircea Kivu begrüßt die Aktion:
"Die Menschen fühlen eine gewisse Frustration, wenn sie sehen, dass Geld für einen Bau ausgegeben wird, dessen Nutzen ihnen nicht einleuchtet. Der Herrgott erhört einen von überall. Dafür braucht man doch keine extra Kirche, die über 100 Meter hoch ist."
Den umstrittenen Kathedralenbau verhindern könnten jetzt nur noch Bukarests Stadtväter, die die Baugenehmigung erteilen müssen. Doch die werden sich hüten, den Geistlichen einen Strich durch die Rechnung zu machen. Denn wer die einflussreiche Kirche zurückweist, manövriert sich in Rumänien automatisch ins politische Abseits.
"In der Geschichte der Architektur hat man immer für eine größere Dimension auch den Bautyp verändert. Wenn man sich also eine Kathedrale für 5000 Gläubige wünscht, kann man keine Vorlage eines traditionellen Baus nutzen, dessen Größe man einfach aufbläht und verzehnfacht. Das Resultat ist jetzt eine monströse Karikatur."
Die Architektenbranche hatte sich auf den Kathedralenbau gefreut: Er wäre eine riesige Herausforderung für sie gewesen. Doch hat die Kirche das Bauwerk größtenteils selbst projektiert. Den Entwurf nennt der Architektenverband ein Fiasko. Einige Mitglieder sehen in dem aus Stahlbeton konzipierten und in weißer Farbe gehaltenen Bau den Abklatsch einer russischen Kirche aus dem 18. Jahrhundert. Das Gotteshaus dominieren zehn Türme, auf denen vergoldete und mit Kreuzen verzierte Halbkuppeln aufgesetzt sind. Andere bemängeln das längliche Kirchenschiff, das nicht für orthodoxe Baukunst stehe, sondern für katholische Kathedralen typisch sei. Doch stoßen die Fachkritiker bei der orthodoxen Kirchenführung auf taube Ohren. Dass am Entwurf nachgebessert wird, ist für Kirchensprecher Constantin Stoica ausgeschlossen:
"Wir sehen nicht ein kompetentes Argument, das beweise würde, dass es sich hier um ein architektonisches Fiasko handelt. Diese Kirche wird die Mutter aller rumänischen Kirchen sein. Der Bauentwurf steht und es ist jetzt nur normal, dass wir ihn auch wie versprochen umsetzen."
Die orthodoxe Kirche hat nach der Wende ein überwältigendes Comeback in Rumänien erlebt. Sie gilt seit Jahren unangefochten als glaubwürdigste Institution im Land, wenngleich sie sich vehement gegen eine Vergangenheitsaufarbeitung sperrt und - wie die politische Klasse - in Korruptionsskandale verwickelt ist. Den Glauben an den Herrgott schwächt das nicht. 18.000 orthodoxe Gotteshäuser gibt es schätzungsweise im Land, mehr als ein Viertel davon sind erst in den vergangenen Jahren gebaut worden – oft auch mit Staatsgeldern. Für viele gelten sie als Ort der Hoffnung, sagt der Bukarester Soziologe Mircea Kivu:
"Die Rumänen sind auf eine eigentümliche Weise gläubig. Sie sind mehr abergläubisch, als religiös. An Feiertagen für Schutzheilige stehen Tausende tagelang an den Kirchen Schlange. Sie glauben, dass das ihnen helfen wird, einer Sackgasse zu entkommen. Und für die Mehrheit der Leute ist die Kirche deswegen auch eine Instanz, die man keinesfalls kritisieren darf."
Dass sich die Kirche ihrer mächtigen Position entsprechend auch eine gewaltige Kathedrale wünscht, ist nicht verwunderlich. Geschätzte Baukosten: 300 Millionen Euro. Die will die Kirche, die zu den zehn wohlhabendsten Institutionen Rumäniens gehört, aber nicht selbst zahlen, sondern in Form von Spenden der Gläubigen aufbringen. Auch dagegen regt sich jetzt Widerstand. Im Internetnetzwerk Facebook diskutiert man, dass jetzt nicht der Moment sei, Millionen Euro für einen Kathedralenbau auszugeben. Das Land stecke in einer schweren Wirtschaftskrise, in der die Kirche geben statt fordern müsse. Über 25.000 Rumänen haben sich der Facebook-Gruppe bereits angeschlossen. Auch Soziologe Mircea Kivu begrüßt die Aktion:
"Die Menschen fühlen eine gewisse Frustration, wenn sie sehen, dass Geld für einen Bau ausgegeben wird, dessen Nutzen ihnen nicht einleuchtet. Der Herrgott erhört einen von überall. Dafür braucht man doch keine extra Kirche, die über 100 Meter hoch ist."
Den umstrittenen Kathedralenbau verhindern könnten jetzt nur noch Bukarests Stadtväter, die die Baugenehmigung erteilen müssen. Doch die werden sich hüten, den Geistlichen einen Strich durch die Rechnung zu machen. Denn wer die einflussreiche Kirche zurückweist, manövriert sich in Rumänien automatisch ins politische Abseits.