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Girl's Day

100.000 Mädchen aus ganz Deutschland sind heute beim Girlsday dabei:

Von Simonne Doepgen |
    Ja, klar! Da kann man denen mal zeigen, wo es lang geht.

    So die 16jährige Karin, die heute für einen Tag im Aachener Planungsbüro für Bauwesen und fachübergreifende Technologien den Profis über die Schulter schauen wird. Eine neue Frauengeneration ist am Werk. So auch Susanne Hüben. Die 27jährige Ingenieurin hat sich auf Wasser- und Abfallwirtschaft spezialisiert. Zum Girlsday Mädchen Einblick in ihre Arbeit zu geben, ist für sie nur eine logische Konsequenz:

    Da wir sehr viele Frauen sind am Institut, mehr Frauen als Männer im wissenschaftlichen Bereich, haben wir gesagt: da müssen wir natürlich auch mitmachen, wenn wir schon ein Institut sind, wo der Frauenanteil so hoch ist.

    Siedlungswasserwirtschaft – das möchte Susanne Hüben den Mädchen näher bringen. Ein wirklich frauenuntypisches Feld. Sollte man meinen. Doch hört man sich an Universitäten und Hochschulen um, zeigt sich ein ganz anderes Bild. Vor allem in umwelttechnischen Berufen würde der Frauenanteil stets wachsen. Juliane Hollender, promovierte Chemikerin und Leiterin einer umwelttechnischen Forschungsgruppe an der RWTH Aachen:

    Von meinen Erfahrungen an der TU Berlin im Bereich Umwelttechnik und hier auch an der RWTH Aachen, in dem Bereich Umweltwissenschaften, habe ich schon das Gefühl, dass sich Frauen häufig mehr dafür interessieren, wie die Umwelt besser rein zu halten ist und zu sanieren ist. Und deshalb kommen auch mehr Studentinnen zu uns, die dann auch in unserem Bereich promovieren wollen.

    Tatsächlich besteht ein Drittel der Forschungsgruppe rund um Juliane Hollender aus Frauen. Das ist viel – im Vergleich zu anderen technischen und naturwissenschaftlichen Bereichen, wo der Frauenanteil meist noch nicht einmal zehn Prozent erreicht. Haben Frauen also ein besonderes Faible für Umweltforschung und für jene Bereiche, in denen es um Verwaltung von Ressourcen geht? Die Ingenieurin Susanne Hüben:

    Also aus meiner Erfahrung ja. Betrachtet man das ganze Bauingenieurwesen, sind glaube ich prozentual gesehen die meisten Frauen im Wasser- Umweltbereich tätig. Und nicht im Betrieb oder im konstruktiven Ingenieurbau.

    Immer mehr Frauen entscheiden sich somit für Berufsfelder in der Wasser- und Abfallwirtschaft oder auch in der Hygiene- und Umweltmedizin. Studien belegen: Ein höherer Frauenanteil im Energiesektor, würde wahrscheinlich dafür sorgen, dass sich "sanfte Energiegewinnung", zum Beispiel mit Solarkraft, besser etablieren könnte. Frauen setzen andere Schwerpunkte als Männer und stehen somit für "sanfte Wissenschaft" - ein Trend, den Juliane Hollender auch in ihrer Forschungsgruppe bestätigen kann:

    Im Graduiertenkolleg ist es schon so, dass die Männer mehr die harten Seiten der Ingenieurwissenschaften, die Konstruktion von Anlagen, übernehmen und die Frauen mehr in den naturwissenschaftlichen Bereichen ihre Forschung durchführen. Zum Beispiel eben biologische Test oder die hormonelle Wirksamkeit festzustellen oder auch den biologischen Abbau von Stoffen im Wasser zu untersuchen – was man möglicherweise als den sanften Teil dieser Umweltwissenschaften bezeichnen kann.

    Hollenders Forschungsgruppe untersucht zur Zeit, wie hormonell wirkende Substanzen aus dem Wasser herausgefiltert werden können.

    Es ist ganz wichtig, dass gemischte Gruppen forschen. Weil eben Männer und Frauen schon verschiedene Interessen, verschiedene Schwerpunkte setzen und für eine erfolgreiche Forschung ist es sicher wichtig, dass beide Aspekte zum Tragen kommen.

    Diese Balance zwischen den Geschlechtern wird in der Wissenschaft mit dem englischen Begriff "Gender-Mainstreaming" bezeichnet. Er sagt aus, dass bei allen gesellschaftlichen Vorhaben die unterschiedlichen Lebenssituationen und Interessen der Geschlechter berücksichtigt werden müssen. Für die Wissenschaft eigentlich ein Gewinn, weil ein breiteres Forschungsspektrum abgedeckt werden kann.

    Und so ermuntert die Chemikerin Juliane Hollender zu mehr Weiblichkeit in Technik, Wissenschaft und Wirtschaft, in Lehre und Forschung. Denn nur langsam entwickelt sich – mit vereinzelten Netzwerken aus Nichtregierungsorganisationen und Gender-Mainstream-Programmen - eine Lobby, die erkannt hat, dass ein höherer Frauenanteil auch mehr bewegen kann. Mehr Mädchen an die Macht. Das denkt auch Hans-Henri Süthoff. Der 49jährige ist Geschäftsführer des Aachener Planungsbüros für Bauwesen und fachübergreifende Technologien. Er beschäftigt 56% Frauen. Darüber hinaus stehen weibliche Qualitäten wie vorausschauendes Verhalten, Sensibilität, Strebsamkeit und Genauigkeit als Schlüsselqualifikationen bei Firmenchefs immer höher im Kurs.

    Der Umgangston wird meines Erachtens besser, in einer Firma, wo der Frauenanteil höher ist. Gerade in Berufsfeldern, die etwas robuster und rauer sind, die mit Baustellen zu tun haben, ist es sicherlich auch gut, den weiblichen Ton mit einzubringen.

    Externe Links:

    Girlsday

    Deutsche Gendermainstream-Organisation

    Die Vereinten Nationen und "Gendermainstream

    Deutsches Komitee der UN-Frauenorganisation UNIFEM