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Glamour und Glanz im US-Wahlkampf

In keinem Land der Erde spielt die Popkultur eine so wichtige Rolle in der Politik wie im Mutterland des Rock ‘n’ Roll. Ob Moby, Madonna oder Lady Gaga: Sie alle äußern sich oft und gern zu politischen Themen und machen keinen Hehl aus ihrer Unterstützung für Barack Obama. Doch selbst die konservativen Republikaner können mit etwas Glamour und Glanz aus der Popwelt rechnen.

Von Christian Lehner |
    Noch bevor Barack Obama 2008 zum ersten schwarzen Präsidenten der USA gewählt wird, hat er eine absolute Mehrheit sicher. Die der Popstars. Madonna, Bruce Springsteen oder die R&B-Sängerin Beyoncé Knowles - sie alle haben den Kandidaten der Demokraten offen unterstützt. Der "Obama Song" von Black-Eyed-Peas-Sänger Will.I.Am war mit über 26 Millionen Aufrufen ein Hit auf der Internetplattform Youtube.

    Das aus einer Obama-Rede collagierte Video mit Celebrities aus dem Showgeschäft gewann mehrere Preise. Nach den Charity-Videos der 1980er-Jahre mit "We Are The World" und "Live Aid" inszenierte es erneut den Popstar als engagierten Bürger. Obama wurde mit großer Mehrheit zum Präsidenten gewählt. Der Clip ist aus seiner politischen Erfolgsgeschichte von 2008 nicht mehr wegzudenken.

    US-Popstars unterstützen traditionell die Demokraten. Doch im laufenden Wahlkampf sind die meisten von ihnen bisher stumm geblieben. Auch im Showgeschäft ist die Euphorie um Barack Obama verflogen. "Change", der versprochene politische Wandel, ist ausgeblieben.

    Die New Yorker Künstlerin und Popmusikerin Laurie Anderson hat sich auf ihrem letzten Album "Homeland” mit dem Zustand der USA nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 befasst.

    "Wir alle haben große Anstrengungen unternommen, um Obama ins Amt zu helfen, sagt sie, aber es hat sich nicht viel geändert. Wir führen noch immer unsere Kriege."

    Es sind in der Regel soziale und gesellschaftliche Themen sowie die Friedenspolitik, die Popstars zu politischen Fürsprechern werden lassen. Viele sind vom US-Präsidenten enttäuscht, weil er das Gefangenenlager Guantanamo noch immer nicht geschlossen hat, die Gesundheitsreform nur langsam in die Gänge kommt und die Verursacher der Finanzkrise an der Wall Street bis heute nicht zur Verantwortung gezogen wurden.

    Und doch gibt es aus liberaler Sicht zumindest einige Lichtblicke: Die im Mai geäußerte Unterstützung Obamas für die gleichgeschlechtliche Ehe hat Stars wie Lady Gaga aus der politischen Reserve gelockt. Hip-Hop-Mogul Jay-Z gab eine öffentlichkeitswirksame Erklärung ab, wonach auch er die Homosexuellen-Ehe unterstütze. Im latent homophoben Umfeld von Hip-Hop ein wichtiges Statement.

    "Ich hatte immer das Gefühl, dass diese Diskriminierung unser Land zurückhält", erklärte Jay-Z gegenüber dem Sender CNN. Ob es dem Präsidenten Stimmen kosten würde, sei dabei nicht so wichtig, menschlich war es die richtige Entscheidung.

    Im September veranstaltet Jay-Z in Philadelphia das "Made In America"-Festival mit Stars wie Pearl Jam oder den Roots. Das Festival wird auch als Mobilisierung für die Präsidentschaftswahl im November gewertet.

    Die Megastars des Pop werden sich im November wohl doch wieder hinter Barack Obama stellen – so wie auch die meisten Independent-Musiker und R&B- und Hip-Hop-Künstler. Wer aber sind die Unterstützer der Republikaner? Traditionell das Gros der Countrysänger und Popstars aus dem Mittleren Westen und Süden. Darunter Jessica Simpson, Kelly Clarkson oder Rockstar Kid Rock.

    Besonders laut für Mitt Romney, den Kandidaten der Republikaner, werden viele harte Jungs der Heavy-Metal-Fraktion schreien - darunter Gene Simmons von Kiss, Alice Cooper oder Megadeath-Sänger Dave Mustane. Der ist bekennender "Birther", also jemand, der Barack Obama für alles nur keinen echten Amerikaner hält.

    "Ich glaube nicht nur, dass er nicht in Amerika geboren wurde, ich weiß es", sagte Mustane einem US-Fernsehsender. "Der coolste Präsident wäre ohnehin Rick Santorum. Ich halte ihn für den neuen JFK".

    Traditionell der größte Feind der Demokraten ist der Hardrocker und Waffennarr Ted Nugent, der schon mal kleinen Kindern das Schießen mit dem Bogen beibringt. In der Vergangenheit bezeichnete er Hillary Clinton als "Miststück". Im Frühjahr sorgte er für einen Eklat, als er vor Mitgliedern der Schusswaffenvereinigung NRA im Fall der Wiederwahl Obamas ankündigte: "Wenn das passiert, bin ich entweder tot oder gehe ins Gefängnis".

    Und was macht der amtierende Präsident? Barack Obama bleibt gewohnt cool und hat neulich bei einer Wahlveranstaltung in einem New Yorker Theater ein paar Zeilen von Soulsänger Al Green zum Besten gegeben. Er bleibt eben der Popstar unter den Kandidaten. Ob es für eine zweite Amtsperiode reicht, werden wir am 4. November erfahren. Fragt sich nur: Was würde wohl Angela Merkel singen?