Atmosphärisch plakativ fängt Kusejs zweiter Versuch mit Horvaths "Glaube, Liebe, Hoffung” an. Denn er hat das Stück bereits 1990 in Ljubljana inszeniert, und dem gerade als Band 4 der "Edition Burgtheater” erschienenem schönen Buch über den Regisseur kann man, aus der Beschreibung und von den Fotos, entnehmen: mit gleichem Konzept. Das Covern von eigenen Inszenierungen hat Thomas Bischoff ja erst letzte Woche am Deutschen Theater in Berlin mit einer "Maria Stuart” vorgemacht, die er bereits 1966 in der Stadt Brandenburg genauso auf die Bühne gebracht hat. Kusejs zweiter Griff zum gleichen Horvath ergibt wieder einen Totentanz als Erinnerungsreise der jungen Elisabeth durch ein eigentlich banales Leben, das am fehlenden Geld für die Lizenz als Vertreterin für Miederwaren scheitert. Und an der gedankenlosen Selbsbezogenheit und normalen Schlechtigkeit der Menschen. Horvath hat das mit einer Bibelstelle benannt, die er in einer Randbemerkung dem Stück beigestellt hat und die Kusej aus einem erleuchteten Radio, das über die dunkle Bühne schwebt, wie eine böse beiläufige Vision erklingen läßt: "Ich will hinfort nicht mehr die Erde verfluchen um der Menschen willen, denn das Trachten des menschlichen Herzens ist böse von Jugend auf.”
Kusejs Inszenierung klagt auch nicht an, sondern schildert in atmosphärisch düsteren und traurig malerischen Bildern rückblickend das Verlöschen eines Lebens. Martin Zehetgruber hat ihm dazu alte Eisengußsäulen auf die Bühne gestellt, die eine leere Halle oder die windige Freifläche unter einem Viadukt gliedern. Ein unbehauster Ort, an dem die Szenen und wechselnden Szenerien wie einzeln ausgestellt ins fahle Licht geholt werden. Dieses alltägliche Totenreich wird von einem Viedohimmel mit wild ziehenden Wolken tief hinabgedrückt, und an seinen Wänden fließt Wasser herab.
Hat es Martin Kusej in seinen Horvath-Inszenierungen bisher immer verstanden, Sprache und atmosphärisch-assoziative Bühnen-Bilder-Welt gleichberechtigt erscheinen zu lassen, das eine aus dem anderen zu entwickeln und miteinander durchdringen zu lassen, so drängt sich diesmal eindringlich das optisch-akustisch Atmosphärische vor Horvaths Sätze. Bert Wredes traumdrohende Musik untermalt Szenen, in denen die Figuren wie in Trance handeln und wie im Traum sprechen. Oft stehen nicht nur die Figuren müde auf der Bühne, oft steht auch die Handlung, die ganz langsam und gedehnt in zwei pausenlosen Stunden kaum vorankommt. Weil hier alles von Anfang an klar ist, auch der zugleich so offen lebendigen wie autistisch fatalistischen Elisabeth der Sylvie Rohrer. Die Schauspielerin, die bereits 1998 die Marianne in Kusejs zum Berliner Theatertreffen eingeladener Hamburger Inszenierung von Horvaths "Geschichten aus dem Wiener Wald” gespielt hat, beseelt ihre Figur mit nüchternem Realismus, aber auch mit einem wunden Weh der Sehnsucht. Werner Wölbern, ihr Oskar aus dem "Wiener Wald”, wirkt diesmal als der Schupo, der um seiner Karriere willen die Liebe zu ihr verrät, ein wenig fahrig und blass.
In dieser Inszenierung verlöscht ein Leben mit stillem Protest. Doch die Sehnsucht in den Sätzen, sie ist durchs Konzept wie von Beginn an weg geweht. Der Tod ist hier Vernichtung wie Erlösung, und die Menschen, die im Programmheft soziologisierend aufgemotzt als Humankapital einer Gesellschaft von Ich-Ags bezeichnet werden, sie hören kaum noch aufeinander. Wie sie aneinander vorbeireden, hat Horvath in knappen Dialogen wunderbar versinnlicht. Wenn der Schupo sagt, "Wir müssen alle mal sterben”, dann erwidert ihm Elisabeth, "Hörens mir doch auf mit der Liebe”.
Bei Kusej ist "Glaube, Liebe, Hoffnung” keine individuelle Geschichte, sondern ein individueller Totentanz mit einem irgendwie schwebenden "dennoch” darin.
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Kusejs Inszenierung klagt auch nicht an, sondern schildert in atmosphärisch düsteren und traurig malerischen Bildern rückblickend das Verlöschen eines Lebens. Martin Zehetgruber hat ihm dazu alte Eisengußsäulen auf die Bühne gestellt, die eine leere Halle oder die windige Freifläche unter einem Viadukt gliedern. Ein unbehauster Ort, an dem die Szenen und wechselnden Szenerien wie einzeln ausgestellt ins fahle Licht geholt werden. Dieses alltägliche Totenreich wird von einem Viedohimmel mit wild ziehenden Wolken tief hinabgedrückt, und an seinen Wänden fließt Wasser herab.
Hat es Martin Kusej in seinen Horvath-Inszenierungen bisher immer verstanden, Sprache und atmosphärisch-assoziative Bühnen-Bilder-Welt gleichberechtigt erscheinen zu lassen, das eine aus dem anderen zu entwickeln und miteinander durchdringen zu lassen, so drängt sich diesmal eindringlich das optisch-akustisch Atmosphärische vor Horvaths Sätze. Bert Wredes traumdrohende Musik untermalt Szenen, in denen die Figuren wie in Trance handeln und wie im Traum sprechen. Oft stehen nicht nur die Figuren müde auf der Bühne, oft steht auch die Handlung, die ganz langsam und gedehnt in zwei pausenlosen Stunden kaum vorankommt. Weil hier alles von Anfang an klar ist, auch der zugleich so offen lebendigen wie autistisch fatalistischen Elisabeth der Sylvie Rohrer. Die Schauspielerin, die bereits 1998 die Marianne in Kusejs zum Berliner Theatertreffen eingeladener Hamburger Inszenierung von Horvaths "Geschichten aus dem Wiener Wald” gespielt hat, beseelt ihre Figur mit nüchternem Realismus, aber auch mit einem wunden Weh der Sehnsucht. Werner Wölbern, ihr Oskar aus dem "Wiener Wald”, wirkt diesmal als der Schupo, der um seiner Karriere willen die Liebe zu ihr verrät, ein wenig fahrig und blass.
In dieser Inszenierung verlöscht ein Leben mit stillem Protest. Doch die Sehnsucht in den Sätzen, sie ist durchs Konzept wie von Beginn an weg geweht. Der Tod ist hier Vernichtung wie Erlösung, und die Menschen, die im Programmheft soziologisierend aufgemotzt als Humankapital einer Gesellschaft von Ich-Ags bezeichnet werden, sie hören kaum noch aufeinander. Wie sie aneinander vorbeireden, hat Horvath in knappen Dialogen wunderbar versinnlicht. Wenn der Schupo sagt, "Wir müssen alle mal sterben”, dann erwidert ihm Elisabeth, "Hörens mir doch auf mit der Liebe”.
Bei Kusej ist "Glaube, Liebe, Hoffnung” keine individuelle Geschichte, sondern ein individueller Totentanz mit einem irgendwie schwebenden "dennoch” darin.
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