Hemingway: Es bleibt erst einmal festzustellen, dass Migration eine Sache ist, die nicht nur die Länder der Dritten Welt betrifft. Migration ist sicherlich - das ist ja auch eine Sache, die wir in unserem Bericht sehr stark herausarbeiten - ein weltweites, ein globales Problem oder ein globaler Ansatz. Man geht davon aus, dass sich zur Zeit 175 Millionen Menschen auf der Welt - das sind also drei Prozent der Weltbevölkerung - im Rahmen der Migration in anderen Ländern aufhalten oder wandern. Von daher ist das ein Phänomen, das sicherlich eines weiten Ansatzes bedarf und bei dem sicherlich auch die Problematik der Dritten Welt und einer Zuwanderung aus der Dritten Welt eine große Rolle spielt.
Wiese: Herr Hemingway, Ihr Bericht heißt ja nicht zufällig "Weltjahresbericht". Wo ist die Lage denn am dramatischsten? Migranten gibt es ja nicht nur in Europa.
Hemingway: Nein, Migranten gibt es nicht nur nach Europa. Es gibt auch eine sehr starke Zuwanderung nach Russland. Russland ist das Land, das sich nach den Vereinigten Staaten als zweitstärkstes Zuwanderungsland entwickelt hat. Dann ist natürlich der gesamte Bereich Europa sehr stark von Zuwanderung betroffen. Man geht davon aus, dass es in der Bundesrepublik Deutschland jährlich eine Zuwanderungsrate von 150.000 bis 200.000 Menschen gibt.
Wiese: Was wissen Sie über die Motive dieser Menschen? Handelt es sich dabei vor allem um den Wunsch nach mehr materiellem Wohlstand, oder gibt es auch noch andere Gründe?
Hemingway: Ich denke, die Ursachen für Migration sind so vielfältig wie die Menschen in sich auch sind. Es geht sicherlich in einer Linie darum, materiellen Wohlstand zu erwerben und dass es in dem Land, aus dem man auswandert, nicht die materiellen Voraussetzungen gibt, die man sich wünscht und dass man sich dort keine Existenz aufbauen kann. Auf der anderen Seite sind natürlich auch andere Migrationsgründe zu erkennen. Beispielsweise wäre auch ein ganz normaler Migrationsfluss von Qualifizierten und Hochqualifizierten ein Phänomen, das man schon immer beobachten konnte: Die besten Köpfe versuchen, sich dort niederzulassen, wo sie die besten Voraussetzungen für ihre Tätigkeit erfahren können.
Wiese: Bleiben wir jetzt einmal bei denjenigen Migranten, die aus wirtschaftlich-materiellen Gründen ihre Heimat verlassen wollen. Wie sollten sich denn nun die Industrieländer diesen Migranten gegenüber verhalten? Sollten sie ihre Grenzen noch dichter machen, wie es jetzt zu beobachten ist, oder sollten sie die potentiellen Einwanderer nutzen, um etwa ihre eigenen überalterten Gesellschaften zu verjüngen?
Hemingway: Das ist sicherlich ein Ansatz, den wir sehr stark in unserem Weltmigrationsbericht diskutieren. Es geht darum, Migration als solche positiv zu besetzen. Es gibt sicherlich auch für Industrieländer positive Merkmale in der Migration, wenn man sich denn entscheidet, Migration auch aktiv zu managen. Das heißt also, dass man Migration und Zuwanderung legalisiert und weggeht von der einzigen Möglichkeit der Zuwanderung, der illegalen Zuwanderung. Wenn ich den Leuten die Möglichkeit gebe, legal in ein Land einzuwandern, grabe ich auch den Grund ab für solche Schlepperorganisationen, von denen wir gerade gehört haben. Denn durch so eine Vorgehensweise, dass man also eine legale Migration nicht zulässt, fördert man praktisch den Ansatz dieser organisierten Kriminalität, der sich in diesem Bereich doch sehr verfestigt hat.
Wiese: Da tut sich ja aber Deutschland gerade besonders schwer mit einem Zuwanderungsgesetz, Herr Hemingway. Gerade heute hat das Statistische Bundesamt mitgeteilt, dass die Bevölkerung Deutschlands geringfügig gewachsen ist, aber nur deshalb, weil es Zuwanderung gab. Wäre diese Zuwanderung nicht zu verzeichnen gewesen, wäre die Bevölkerung geschrumpft. Also könnte Migration, könnte Zuwanderung doch durchaus eine Chance sein?
Hemingway: Ich denke auch, dass Migration gerade für die Industrienationen der Europäischen Union eine sehr große Möglichkeit darstellt. Ich denke, dass die Diskussionen der letzten Jahre gezeigt haben, dass eine Änderung der Denkweise vor sich geht und dass man sich dessen auch in allen politischen Bereichen bewusst ist. Man kann dem demographischen Faktor, also dem Abnehmen der Bevölkerung entgegenwirken, indem man Migration in entsprechender Weise steuert. Ich denke, das ist ein Mittel, was sich auch auf europäischer Ebene in Zukunft sehr viel weiter entwickeln wird. Die letzte Entwicklung hat gezeigt, dass sich auch die Europäische Union dem Thema immer mehr angenommen hat und dass es zu einer der Prioritäten der Europäischen Union geworden ist.
Wiese: Danke schön. Das war in den Informationen am Morgen im Deutschlandfunk der Direktor der Internationalen Organisation für Migration, Bernd Hemingway. Vielen Dank und auf Wiederhören.
Hemingway: Auf Wiederhören.
Link: Interview als RealAudio
Wiese: Herr Hemingway, Ihr Bericht heißt ja nicht zufällig "Weltjahresbericht". Wo ist die Lage denn am dramatischsten? Migranten gibt es ja nicht nur in Europa.
Hemingway: Nein, Migranten gibt es nicht nur nach Europa. Es gibt auch eine sehr starke Zuwanderung nach Russland. Russland ist das Land, das sich nach den Vereinigten Staaten als zweitstärkstes Zuwanderungsland entwickelt hat. Dann ist natürlich der gesamte Bereich Europa sehr stark von Zuwanderung betroffen. Man geht davon aus, dass es in der Bundesrepublik Deutschland jährlich eine Zuwanderungsrate von 150.000 bis 200.000 Menschen gibt.
Wiese: Was wissen Sie über die Motive dieser Menschen? Handelt es sich dabei vor allem um den Wunsch nach mehr materiellem Wohlstand, oder gibt es auch noch andere Gründe?
Hemingway: Ich denke, die Ursachen für Migration sind so vielfältig wie die Menschen in sich auch sind. Es geht sicherlich in einer Linie darum, materiellen Wohlstand zu erwerben und dass es in dem Land, aus dem man auswandert, nicht die materiellen Voraussetzungen gibt, die man sich wünscht und dass man sich dort keine Existenz aufbauen kann. Auf der anderen Seite sind natürlich auch andere Migrationsgründe zu erkennen. Beispielsweise wäre auch ein ganz normaler Migrationsfluss von Qualifizierten und Hochqualifizierten ein Phänomen, das man schon immer beobachten konnte: Die besten Köpfe versuchen, sich dort niederzulassen, wo sie die besten Voraussetzungen für ihre Tätigkeit erfahren können.
Wiese: Bleiben wir jetzt einmal bei denjenigen Migranten, die aus wirtschaftlich-materiellen Gründen ihre Heimat verlassen wollen. Wie sollten sich denn nun die Industrieländer diesen Migranten gegenüber verhalten? Sollten sie ihre Grenzen noch dichter machen, wie es jetzt zu beobachten ist, oder sollten sie die potentiellen Einwanderer nutzen, um etwa ihre eigenen überalterten Gesellschaften zu verjüngen?
Hemingway: Das ist sicherlich ein Ansatz, den wir sehr stark in unserem Weltmigrationsbericht diskutieren. Es geht darum, Migration als solche positiv zu besetzen. Es gibt sicherlich auch für Industrieländer positive Merkmale in der Migration, wenn man sich denn entscheidet, Migration auch aktiv zu managen. Das heißt also, dass man Migration und Zuwanderung legalisiert und weggeht von der einzigen Möglichkeit der Zuwanderung, der illegalen Zuwanderung. Wenn ich den Leuten die Möglichkeit gebe, legal in ein Land einzuwandern, grabe ich auch den Grund ab für solche Schlepperorganisationen, von denen wir gerade gehört haben. Denn durch so eine Vorgehensweise, dass man also eine legale Migration nicht zulässt, fördert man praktisch den Ansatz dieser organisierten Kriminalität, der sich in diesem Bereich doch sehr verfestigt hat.
Wiese: Da tut sich ja aber Deutschland gerade besonders schwer mit einem Zuwanderungsgesetz, Herr Hemingway. Gerade heute hat das Statistische Bundesamt mitgeteilt, dass die Bevölkerung Deutschlands geringfügig gewachsen ist, aber nur deshalb, weil es Zuwanderung gab. Wäre diese Zuwanderung nicht zu verzeichnen gewesen, wäre die Bevölkerung geschrumpft. Also könnte Migration, könnte Zuwanderung doch durchaus eine Chance sein?
Hemingway: Ich denke auch, dass Migration gerade für die Industrienationen der Europäischen Union eine sehr große Möglichkeit darstellt. Ich denke, dass die Diskussionen der letzten Jahre gezeigt haben, dass eine Änderung der Denkweise vor sich geht und dass man sich dessen auch in allen politischen Bereichen bewusst ist. Man kann dem demographischen Faktor, also dem Abnehmen der Bevölkerung entgegenwirken, indem man Migration in entsprechender Weise steuert. Ich denke, das ist ein Mittel, was sich auch auf europäischer Ebene in Zukunft sehr viel weiter entwickeln wird. Die letzte Entwicklung hat gezeigt, dass sich auch die Europäische Union dem Thema immer mehr angenommen hat und dass es zu einer der Prioritäten der Europäischen Union geworden ist.
Wiese: Danke schön. Das war in den Informationen am Morgen im Deutschlandfunk der Direktor der Internationalen Organisation für Migration, Bernd Hemingway. Vielen Dank und auf Wiederhören.
Hemingway: Auf Wiederhören.
Link: Interview als RealAudio