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Globalisierung
Das neue Tiergesundheitsgesetz

Die Welt ist mit der Globalisierung klein geworden, regelmäßige Reisen in ferne Länder sind längst üblich. Aber auch Krankheiten überwinden schneller die Grenzen als früher. Deshalb wurde jetzt das Tierseuchengesetz entsprechend angepasst.

Von Anja Nehls | 30.04.2014
    Zwei Arbeiter laden einen Hund in einem Transportkäfig in ein Flugzeug auf dem Düsseldorfer Flughafen.
    Sonderreisegepäck: Zwei Arbeiter laden einen Hund in ein Flugzeug auf dem Düsseldorfer Flughafen. (picture alliance / dpa / Roland Weihrauch)
    Die afrikanische Schweinepest ist bereits in die Ukraine, nach Litauen und Polen vorgedrungen. In der Türkei sind seit Anfang des Jahres 32 neue Fälle der gefährlichen Maul- und Klauenseuche (MKS) aufgetreten. Die Angst vor Tierseuchen in Deutschland ist groß: Einige, wie die Vogelgrippe, gefährden nicht nur Tiere, sondern auch die Menschen. Das neue Tiergesundheitsgesetz soll jetzt dafür sorgen, dass Seuchen bereits verhindert werden können, bevor sie zum Problem werden. Zum Beispiel durch groß angelegte Monitoring Programme bei denen durch Stichproben in ganz Deutschland Tiere auf Krankheiten untersucht werden. Untersucht werden zum Beispiel Wildschweine, die die afrikanische Schweinepest übertragen könnten und die vor Landesgrenzen genauso wenig halt machen wie Touristen oder Waren, meint Wilhelm Priesmeier von der SPD. Er hat im Bundestag für das neue Gesetz gestritten:
    "Gerade mit zunehmenden Handelsbeziehungen und Strömen, die vielfach kaum noch einzeln zuzuordnen sind und auch mit Personen und Reiseverkehr steigt das Risiko und wird nicht kleiner. Ein Beispiel dafür ist unlängst das Auftreten der afrikanischen Schweinepest in der Ukraine, das ist nicht sehr weit weg von uns. Und wenn und das ereilen sollte, hätte das fatale Konsequenzen für diesen Sektor."
    Schnellere Entscheidungen
    Um das zu verhindern sind die Behörden jetzt in die Lage versetzt worden, schnell Entscheidungen zu treffen und durchzusetzen – notfalls auch mit recht weitreichenden Eingriffen in die Grundrechte. Die Amtsveterinäre dürfen in Verdachtsfällen z. B. auf Vogelgrippe, Schweinepest, Maul- und Klauenseuche und sogar bei Krankheiten, die bei uns als Seuche noch nie aufgetreten sind, auch ohne Zustimmung eines Besitzers Stall und Hof betreten. Sie dürfen alles tun, um ein Ausbreiten der Krankheit zu verhindern. Dazu gehört das Abnehmen von Blutproben, das Töten eines Tieres zu diagnostischen Zwecken und den Bestand vorläufig zu sperren. Sollte sich der Verdacht bestätigen werden normalerweise alle Tiere der betroffenen Art im Umkreis von 1km getötet. Daran ändert das auch neue Tiergesundheitsgesetz nichts. In England mussten bei einem Ausbruch der Maul und Klauenseuche im Jahre 2001 rund sechs Millionen Tiere getötet werden.
    Gegen das MKS Virus wird nicht geimpft, weil das Fleisch sonst nicht mehr zu vermarkten wäre. Eine Einschleppung und ein erneuter Ausbruch in Europa wären eine Katastrophe. Das Virus ist für den Menschen ungefährlich, aber für Rinder, Schweine, Schafe, Ziegen und Wildtiere extrem ansteckend. Es verursacht bei Tieren starke Schmerzen und führt häufig zum Tode. Fast jeder, der mit Tieren zu tun hat, ist in Zukunft verpflichtet, bestimmte Tierkrankheiten sofort an die Veterinärämter zu melden. Das betrifft künftig auch Hufschmiede, Klauenpfleger, Jäger, Schäfer, Imker oder Fischer. Die amerikanische Faulbrut bei Bienen ist genauso anzeigepflichtig, wie eine Koi Herpesinfektion bei Karpfen oder infektiöse Anämie oder Rotz bei Pferden. Da auch Heimtiere wie Hunde Krankheiten übertragen können, soll es in Zukunft eine Möglichkeit zur Rückverfolgung geben, und zwar auch für wild lebende Streunerhunde. Die Tierschutzorganisation Vier Pfoten begrüßt diesen Schritt sagt Kristin Karnbach von vier Pfoten in Brüssel:
    "Ganz praktisch bedeutet das, dass sowohl private Halter, als auch öffentliche Halte, z. B. Tierheime dafür sorgen, dass alle Hunde in Europa gekennzeichnet und registriert werden. Für uns gab es dadurch ein Problem, dass die Streunertiere unter die wilden Tiere definiert waren. Sie werden jetzt als in nicht menschlicher Obhut befindliche Tiere domestizierter Art definiert."
    Mehr Regelungen zu Hygienemanagement
    Und müssen wohl bis 2018 in allen EU Staaten registriert und gekennzeichnet sein. Wie das möglich gemacht werden kann, ist aber noch unklar. Wilhelm Priesmeier hätte sich außerdem mehr Regelungen zu Hygienemanagement gewünscht:
    "Vorgaben sind auch zu treffen für betriebe ab einer bestimmten Größenordnung im Hinblick auf Desinfektionsmaßnahmen und deren regelmäßiger Kontrolle. Denn wir haben ja inzwischen nicht nur Antibiotikaresistenzen, sondern wir haben inzwischen in vielen Bereichen schon Keime, die schon gegen Desinfektionsmittel, vollständig resistent sind oder zunehmend resistent werden. Das lässt einiges befürchten, wenn man da nicht gegensteuert."
    Eine neu einzurichtende Tierimpfkommission soll in Zukunft Empfehlungen geben. Und im Seuchenfall können die Veterinärverwaltungen Impfungen auch anordnen.