Sapa, das ist einer der größten vietnamesischen Märkte in Europa. Ein weitläufiges Areal am südlichen Stadtrand von Prag, mit Lebensmittel- und Kleidungsgeschäften, glitzerndem Tand und schrill buntem Spielzeug, Reisebüros und Restaurants. Little Hanoi nennen es die Tschechen. Sie gehen hier auf Schnäppchenjagd. Und die Vietnamesen finden hier nicht nur günstige Angebote, sondern eine Art zu Hause in der Fremde.
Am Rande des bunten Treibens steht ein Holztempelchen im Pagodenstil. Jeden Tag um elf Uhr hält Vu Thi Thu hier eine Gebetszeremonie ab. Inzwischen, meint die ältere, rundliche Dame mit der braunen Strickjacke und dem gütigen Lächeln, kommen die Menschen aber nicht mehr nur zum Beten.
"Seit vorigem Jahr sind wir hier im Tempel sehr beschäftigt, weil die Zahl der Arbeitslosen stark gestiegen ist. Wir sammeln Spenden von unseren Gläubigen und verteilen sie dann weiter. Ein wenig Hilfe für die, die gar nichts haben."
Huynh zum Beispiel, 22 Jahre alt, und sein Freund Thuong, 27. Die beiden jungen Männer sitzen bei Mütterchen Vu Thi Thu in einem holzgetäfelten Nebenraum des Tempels, werden mit einer Tasse Tee gepäppelt und wirken trotzdem verloren …
"Ich bin hierher gekommen, weil ich Geld verdienen wollte, um meinen Eltern in Vietnam zu helfen. Ich bin im Mai 2008 nach Tschechien gekommen, ich bin also schon mehr als ein Jahr hier, gearbeitet habe ich aber nur drei Monate, dann bin ich arbeitslos geworden.
Die meisten von uns sind Landwirte, wir sind gekommen, weil wir auf eine bessere Zukunft für uns und unsere Familien gehofft haben. Deswegen haben wir das Geld für die Reise und die Papiere von der Bank geliehen. Das einzige, was ich mir wünsche, ist, ein wenig Geld zu verdienen, um in Vietnam neu anzufangen."
Huynh und Thuong kommen aus einem kleinen vietnamesischen Dorf. Ihre Familien haben sie dort zurück gelassen. Menschen wie sie waren in Tschechien bis vor einem Jahr willkommen: Der ungebremste Aufschwung forderte billige Arbeitskräfte zu Tausenden. Es entstand ein regelrechter Dschungel von Agenturen, die Ausländern Visa beschafften und mit ihren Hoffnungen reich wurden: Huynh und Thuong haben für ihre Reise ins Ungewisse 10.000 Dollar bezahlt. Das Versprechen: ein Job in Tschechien für drei Jahre. Doch dann kam die Krise, und sie waren die ersten, die gehen sollten. Aus Sicht der tschechischen Regierung sind Huynh und Thuong unerwünschte Problemfälle:
"Es ist unser Interesse, - so Ivan Langer, bis Mai tschechischer Innenminister - dass diese Leute jetzt in ihre Heimat zurückkehren und später wieder nach Tschechien kommen können, und zwar dann, wenn es die ökonomische Situation erlaubt. Wir bieten ihnen Hilfe – für eine freiwillige Heimkehr. Wenn sie das nicht akzeptieren, werden wir sie zwingen."
Hilfe heißt: Ein Rückflug plus 500 Euro für jeden, der freiwillig geht. 5000 Ausländer sollen raus aus Tschechien, gut 1600 sind schon weg. Für Huynh und Thuong ist das aber keine Perspektive.
"Die Schulden zu Hause sind einfach zu groß", sagt Huynh. "500 Euro – das ist wie ein Wassertropfen im Meer. Wenn ich zurück gehen würde, wäre alles noch schlimmer, meint Thuong. Unser Haus in Vietnam ist verpfändet, die Bank würde es sich sofort nehmen, wenn ich ohne Geld zurück komme. Ich weiß einfach nicht, wie es weiter gehen soll."
Hinzu kommt der Gesichtsverlust: Wegzugehen, um dann mit leeren Händen wiederzukommen - eine unvorstellbare Schande. Auch deshalb bleiben Huynh und Thuong in Tschechien und führen in Leben ein Elend und Angst: Fast täglich berichtet das Fernsehen über Razzien. Ausländer, die ohne Visum erwischt werden oder ohne Versicherung, werden verhaftet. Im Dezember erhängte sich ein Vietnamese in Prag, weil sein Visum nicht verlängert wurde, im Januar wurde ein Vietnamese bei einer Razzia von Polizisten zu Tode geprügelt. Im Grunde, meint Eva Pechova von der Hilfsorganisation Club Hanoi, lebten diese Menschen in einem rechtsfreien Raum:
"Ein Vertrag, der in Vietnam unterschrieben wurde, ist in Tschechien nicht einklagbar. Denn in Tschechien werden die Immigranten dann an eine andere Agentur übergeben. Die Gesetze in Tschechien sind für solche Organisationen geradezu ein Paradies. Das ist ein einziger Dschungel."
Am Rande des bunten Treibens steht ein Holztempelchen im Pagodenstil. Jeden Tag um elf Uhr hält Vu Thi Thu hier eine Gebetszeremonie ab. Inzwischen, meint die ältere, rundliche Dame mit der braunen Strickjacke und dem gütigen Lächeln, kommen die Menschen aber nicht mehr nur zum Beten.
"Seit vorigem Jahr sind wir hier im Tempel sehr beschäftigt, weil die Zahl der Arbeitslosen stark gestiegen ist. Wir sammeln Spenden von unseren Gläubigen und verteilen sie dann weiter. Ein wenig Hilfe für die, die gar nichts haben."
Huynh zum Beispiel, 22 Jahre alt, und sein Freund Thuong, 27. Die beiden jungen Männer sitzen bei Mütterchen Vu Thi Thu in einem holzgetäfelten Nebenraum des Tempels, werden mit einer Tasse Tee gepäppelt und wirken trotzdem verloren …
"Ich bin hierher gekommen, weil ich Geld verdienen wollte, um meinen Eltern in Vietnam zu helfen. Ich bin im Mai 2008 nach Tschechien gekommen, ich bin also schon mehr als ein Jahr hier, gearbeitet habe ich aber nur drei Monate, dann bin ich arbeitslos geworden.
Die meisten von uns sind Landwirte, wir sind gekommen, weil wir auf eine bessere Zukunft für uns und unsere Familien gehofft haben. Deswegen haben wir das Geld für die Reise und die Papiere von der Bank geliehen. Das einzige, was ich mir wünsche, ist, ein wenig Geld zu verdienen, um in Vietnam neu anzufangen."
Huynh und Thuong kommen aus einem kleinen vietnamesischen Dorf. Ihre Familien haben sie dort zurück gelassen. Menschen wie sie waren in Tschechien bis vor einem Jahr willkommen: Der ungebremste Aufschwung forderte billige Arbeitskräfte zu Tausenden. Es entstand ein regelrechter Dschungel von Agenturen, die Ausländern Visa beschafften und mit ihren Hoffnungen reich wurden: Huynh und Thuong haben für ihre Reise ins Ungewisse 10.000 Dollar bezahlt. Das Versprechen: ein Job in Tschechien für drei Jahre. Doch dann kam die Krise, und sie waren die ersten, die gehen sollten. Aus Sicht der tschechischen Regierung sind Huynh und Thuong unerwünschte Problemfälle:
"Es ist unser Interesse, - so Ivan Langer, bis Mai tschechischer Innenminister - dass diese Leute jetzt in ihre Heimat zurückkehren und später wieder nach Tschechien kommen können, und zwar dann, wenn es die ökonomische Situation erlaubt. Wir bieten ihnen Hilfe – für eine freiwillige Heimkehr. Wenn sie das nicht akzeptieren, werden wir sie zwingen."
Hilfe heißt: Ein Rückflug plus 500 Euro für jeden, der freiwillig geht. 5000 Ausländer sollen raus aus Tschechien, gut 1600 sind schon weg. Für Huynh und Thuong ist das aber keine Perspektive.
"Die Schulden zu Hause sind einfach zu groß", sagt Huynh. "500 Euro – das ist wie ein Wassertropfen im Meer. Wenn ich zurück gehen würde, wäre alles noch schlimmer, meint Thuong. Unser Haus in Vietnam ist verpfändet, die Bank würde es sich sofort nehmen, wenn ich ohne Geld zurück komme. Ich weiß einfach nicht, wie es weiter gehen soll."
Hinzu kommt der Gesichtsverlust: Wegzugehen, um dann mit leeren Händen wiederzukommen - eine unvorstellbare Schande. Auch deshalb bleiben Huynh und Thuong in Tschechien und führen in Leben ein Elend und Angst: Fast täglich berichtet das Fernsehen über Razzien. Ausländer, die ohne Visum erwischt werden oder ohne Versicherung, werden verhaftet. Im Dezember erhängte sich ein Vietnamese in Prag, weil sein Visum nicht verlängert wurde, im Januar wurde ein Vietnamese bei einer Razzia von Polizisten zu Tode geprügelt. Im Grunde, meint Eva Pechova von der Hilfsorganisation Club Hanoi, lebten diese Menschen in einem rechtsfreien Raum:
"Ein Vertrag, der in Vietnam unterschrieben wurde, ist in Tschechien nicht einklagbar. Denn in Tschechien werden die Immigranten dann an eine andere Agentur übergeben. Die Gesetze in Tschechien sind für solche Organisationen geradezu ein Paradies. Das ist ein einziger Dschungel."