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Glosse
Gelobt sei Deutschlands wichtigster Medienpreis!

Direkt nach der Tagesschau wird heute Abend die "Bambi-Verleihung" live in der ARD übertragen. "Mehr Wohlgesinntheit als beim Bambi kommt in dieser Republik niemals zusammen, meint Arno Orzessek.

Von Arno Orzessek | 16.11.2017
    Einige goldene Bambis.
    Die Bambi-Preisverleihung findet am 16.11. statt. (picture alliance / Jens Kalaene/ dpa)
    Schon klar! Ein paar graue Mäuse aus den Medien-Redaktionen, die werden wieder ihr hämisches Maul aufreißen und die Bambi-Verleihung als Inhalts-Schleuder für die Klatsch-Blätter des Burda Verlags bashen...
    Aber die kapieren es halt nie!
    Also noch mal fürs Protokoll, ihr miesepetrigen Neidhammel: Der Bambi ist keine TV-Mumie aus der Adenauer-Ära, der Bambi ist "Deutschlands wichtigster Medienpreis".
    Und das behauptet kein Windmacher aus Burdas Bambi-Marketing, um sich über die Goldene Kamera von Springers "Hörzu" und den Deutschen Fernsehpreis zu erheben. Das schreibt die seriöse ARD auf ihrer Website - und die weiß ja wohl, was der Fall ist.
    Kurzer Hinweis für digital natives, die lineares TV bedauerlicherweise nur aus Youtube-Videos kennen: Die ARD, das ist eine ehrwürdige Sendeanstalt, die seit dem Dreißigjährigen Krieg nur Premium-Qualität sendet.
    Ruf des goldenes Rehs
    Aber zurück zum Bambi: Weil sich die besagte ARD ihrer gesellschaftlichen Verantwortung bewusst ist, überträgt sie die herrlich kurzweilige Bambi-Gala stets direkt nach der Tagesschau.
    Zumindest, solange Bambi nicht komplett in der Tagesschau läuft, was der Bedeutung des Promi-Gipfels sicher gerechter würde... .
    Dürfen wir uns doch in diesem Jahr auf nicht weniger als 800 Bildschirm- und Leinwand-Bekannte freuen, die "dem Ruf des goldenen Rehs" folgen. Genau so hat es die Hochkultur-affine ARD mit ihrer feinen Sensorik für Eichendorffsche Ohrenschmeichler gedichtet.
    Ach, wunderschön wird’s wieder!
    Deutschlands bedeutendste Menschen von Joachim Löw bis Helene Fischer und von Claudia Schiffer bis Kai Pflaume, handverlesene XL-Promis von Vladimir Klitschko bis Ai Weiwei und sogar... "Bunte"- und "Gala"-Leser, lasst uns auf die Knie sinken! ... echte Hollywood-Stars wie Hugh Jackmann, sie alle folgen freudig "dem Ruf des goldenen Rehs".
    Wäre man Hirsch, man würde röhren vor Lust.
    Ein Heiligenschein leuchtet über Bambi
    Und der unverbrauchten Attraktivität der Ferres, dem stillen Charme der Schöneberger, wer wollte ihm nicht erneut erliegen - wie damals Robbie Williams, der sein Haupt an Barbaras hartes Brustbein drückte, als wäre es weiches Fleisch?
    Dabei begeistert ja nicht nur der ungekünstelte Glamour die Film- und Fernseh-Leute, den so ein Abend vom Roten Teppich her ausstrahlt.
    Mehr Wohlgesinntheit als beim Bambi kommt in dieser Republik niemals zusammen!
    Ewig unvergessen, wie 2007 Frank Schirrmacher, der führende Intellektuelle der Neuzeit, Tom Cruise den Bambi in der Kategorie "Courage" überreichte. Hatte sich doch der Scientologe tatsächlich getraut, den Hitler-Attentäter Stauffenberg zu spielen. Potztausend, das war aber auch eine riskante mission impossible!
    Und heute Abend erscheint sogar der Apostel Joachim Gauck, die frohe Botschaft in liebenswerter DDR-Gestalt, und wird in der erhabenen Kategorie "Millennium" ausgezeichnet.
    Wenn nicht jetzt, wann dann... werden die Bambi-Basher anerkennen, dass um das goldene Reh ein Heiligenschein liegt?
    Wirklich wahr! Gäbe es nur solche Wohlgesinnten, wie sie auf der Bambi-Bühne ihrer Humantität Ausdruck verleihen - gäbe es dann überhaupt Pegida und Brexit, Trump und Klima, Diesel und Syrien, Hunger und Terror, Steuern und Krebs?
    Bambi forever
    Bitte schön, der Bambi lehrt echte Werte, zum Beispiel Treue.
    Deshalb bekommen viele, die schon einen Bambi haben, noch einen Bambi - den gibt’s ja für "Visionen und Kreativität", und die de facto grenzenlos. Und manche bekommen dann noch einen und noch einen und noch einen.
    Bis sie in die ewigen Jagdgründe eingehen, wo... allen Ü-70jährigen werden die Namen etwas sagen... Heinz Rühmann mit zwölf Bambis und Peter Alexander mit zehn Bambis einen Streichelzoo für goldene Rehkitze unterhalten.
    Wir aber wollen froh sein, dass wir den Zelebritäten auf Erden zuschauen dürfen.
    Im Übrigen fordern wir einen Preis für den wertvollsten Medien-Preis aller Zeiten. Er könnte, 'Millennium' geht ja nicht mehr, eine Steigerung muss her, "Eternity" heißen und im Rahmen der Bambi-Verleihung dem Bambi selbst verliehen werden.
    Und dann tanzen die Bambi-Gewinner aller Zeiten um ihr goldenes Kalb in Kitzgestalt.