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Glosse "Is was?"
Die Welt ist klein

Von Steffen Reusch |
    Zwei Warhols sind weg. Nicht geklaut. Obwohl ... irgendwie schon. Geklaut für umgerechnet 120 Millionen Euro. Weil die beiden Werke des Pop Art-Künstlers - aus öffentlichem Besitz - nicht hätten versteigert werden dürfen. Sagen einige. Zum Beispiel: Die Kulturstaatsministerin Monika Grütters findet das "unanständig". Mit dem Erlös saniert die "Westdeutsche Spielbanken GmbH & Co. KG" ihr verschuldetes Casino in Aachen und will eine Filiale in Köln errichten. Das ist also Casino-Kapitalismus, aha. Kulturelles Tafelsilber verscherbeln, damit die Kugel weiter rollt. So weit, so bitter. Den Wert von Kunst sieht der Kunstfreund anders als der Kämmerer. Überraschend ist doch vor allem: Wieso hängen als Dekoration in einem Casino zwei Warhols? Weil es schön ist. Oder um Andy Warhol zu zitieren: "Alles wird Kunst sein, und nichts wird Kunst sein, weil alles, wie ich glaube, schön ist." Schön.
    Findet Helmut Kohl nicht. Ein Buch, Kunst, 256 Seiten dick, Kohl wollte sein Erscheinen verbieten. Das Werk "Die Kohl-Protokolle" hatte Ghostwriter Heribert Schwan auf den Markt geworfen, ohne den Altkanzler zu fragen. Jetzt hat der letztendlich doch seinen Willen bekommen. Alles, was das Buch schön macht, die ganzen menschenverachtenden, knackigen Zitate müssen raus. Also ist Wulff ab sofort kein Verräter, Merkel konnte schon als Baby mit Messer und Gabel essen. Wie langweilig.
    Muss nicht sein. Von Beruf auch Ex-Kanzler, aber mit ganz anderen Wassern geschmiert: Gerhard Schröder, bereits 2006 erschienen seine Memoiren, Titel: "Entscheidungen". Autor: er selbst. Weitgehend. Das Buch verkaufte sich 160.000 Mal, gut. Der Autor nur einmal, aber besser. Zwei Millionen Euro, berichtet der "Stern", bekam Schröder für die Verlagsrechte vom Finanzunternehmer Carsten Maschmeyer. Bisher war man von einer Million ausgegangen. Was ja auch nicht so schlecht ist. Was wohl der zweite Teil der Memoiren kosten wird? Wie werden sie heißen? Aus welchem Topf wird Gazprom das Geld nehmen? Werden wir etwas erfahren über Schröders Arbeit für den Schalke-Sponsor, eben Gazprom, und wie er als Fan von Borussia Dortmund unter seinem Verrat leidet?
    Borussia Dortmund leidet übrigens derzeit auch. Die Vereinsführung hat Angst vor Ebola. Der Dortmunder Spieler Aubameyang sollte eigentlich in den nächsten Tagen für seine Nationalelf, für Gabun, zwei Spiele machen in Afrika - eins in Angola, eins in Gabun. Beide Länder sind ebolafrei. Zu viel Angst in Dortmund, Panikmache? Aber unser Team würde doch auch nicht in Finnland spielen, wenn da direkt nebenan in Italien eine Epidemie wäre. Finnland - Italien entspricht der Entfernung Gabun - Sierra Leone.
    Aber stimmt schon: Die Welt ist klein. Alexander Gerst, den deutschen Astronauten, hat die Erde wieder, und er sagte gestern, er habe von da oben aus dem All den Kölner Dom erkennen können, mit bloßem Auge. Dafür hätt' er nicht so weit wegreisen müssen. Aber schön ist es schon ...