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Glückliche Galeristen, kritische Maler

Nach dem unter Bundeskanzler Willy Brandt eingeführten so genannten Folgerecht war der Erstverkauf eines Bildes für den Galeristen frei. Wiederverkäufe dagegen wurden teurer und zwar schon ab einem Wert von fünfzig Euro. Nun soll der Eingangssatz für Anspruchsberechtigte bei Wiederverkäufen auf eintausend Euro angehoben werden.

Von Michael Köhler |
    Künstler und ihre Händler sollen Eu-weit besser gestellt werden. Das ist die Absicht der Regierung. Das Bundeskabinett hat den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des so genannten Folgerechts beschlossen. Der Eingangssatz für Anspruchsberechtigte bei Wiederverkäufen von Kunst soll auf 1000 Euro angehoben werden. Bislang war die Schwelle geringer, sie lag bei 50 Euro. Gerhard Pfennig von der Verwertungsgemeinschaft Bild-Kunst in Bonn, die die Interessen von Künstlern, vertritt:

    " Folgerecht ist ein Beteiligungsanspruch Bildender Künstlerinnen und Künstler für den Fall, dass ihre Werke nach dem ersten Verkauf durch eine Galerie später von einem Versteigerer oder einer anderen Galerie aus dem Handel gekauft und wiederverkauft werden. "

    Also, immer dann wenn ein Zweitverkauf oder ein späterer Verkauf erfolgt, hat der Künstler einen Beteiligungsanspruch gegen den Verkäufer, das heißt er bekommt Geld. Bislang wurde das aber nur in Frankreich und Deutschland praktiziert. Wiederverkäufe in anderen europäischen Ländern wurden nicht berücksichtigt.

    Der Kunsthandel hatte bislang überhaupt etwas dagegen, weil es die Angebotssituation verschlechtere. Seit 25 Jahren war es so, dass bei Werken ab 50 Euro bereits ein Abzugssatz von 5% gezahlt wurde. Dieses Geld wird eingezogen, verwaltet und ausgeschüttet durch die VG Bild Kunst im Rahmen einer Einigung mit deutschem Kunsthandel von 1980.

    Das ändert sich. Absicht ist, das EU weit anzugleichen; eine Richtlinie dazu wurde vor fünf Jahren verabschiedet.

    " Speziell die Engländer haben sich dagegen gewehrt , weil der englische Markt sehr stark ist und seinen Marktvorteil nicht verlieren wollte. "

    Den Vorgang kann man strukturell mit einem Gebrauchtwagenverkauf vergleichen.

    "Wenn sie ein gebrauchtes Bild kaufen, der Ausdruck widerstrebt einem, aber im Grunde ist es so, wenn sie ein gebrauchtes Bild kaufen, müssen sie Folgerecht bezahlen. Der Unterschied zum Gebrauchtwagen ist eben, dass Kunstwerke meistens teurer sind, je länger sie im Handel sind, sonst werden sie nämlich gar nicht weiterverkauft, während bei gebrauchten Autos, wenn es nicht gerade Oldtimer sind, die Preise runtergehen. "

    Aus Sicht großer Teile der Urheber und Künstler ist das keine Verbesserung.

    "Nun hat, sicher hängt das mit dem Regierungswechsel zusammen, und mit unserer Justizministerin, die offensichtlich die Interessen der Wirtschaft sehr in den Vordergrund rückt, gegenüber den Interessen der Urheber, nun hat also die Regierung in Fortsetzung des Gesetzgebungsverfahrens ein etwas aus unserer Sicht verschlechterten Entwurf beschlossen, der jetzt ins Parlament geht, der sagt 1000 Euro und 4% für die erste Sparte bis 50000 Euro - Verkaufspreis. "

    Aus Sicht von Gerhard Pfennig ist die Anhebung des Eingangssatzes für deutsche Künstler eine Verschlechterung. Denn nach seinen Erhebungen liegen etwa 40% der Kunstverkäufe unter 1000 Euro. Das heißt jene Künstler gehen leer aus.

    Die Bundesregierung sagt, der geringfügige Verlust auf dem deutschen Markt würde durch die Angleichung im übrigen europäischen Markt wettgemacht. Von dort käme jetzt auch Geld.

    "Trotzdem sehen wir nicht ein, warum die Bundesregierung sich hier ausschließlich an den Interessen des Kunstmarktes orientiert hat, zumal ja nicht der Kunstmarkt, also die Galeristen und Versteigerer betroffen sind, sondern die Einlieferer. Die Versteigerer ziehen ja das Geld, das sie uns bezahlen den Einlieferern wieder ab, sie zahlen es ja nicht selber, sie behaupten es nur, in Wirklichkeit zahlt der Verkäufer. "

    Händler müssen einmal im Jahr erklären, was sie verkaufen. Versteigerer publizieren Ergebnislisten, die werden dann danach ausgewertet, welche Künstler von der VG Bild Kunst vertreten sind und also anspruchsberechtigt sin. Es gibt auch Künstler, die nicht vertreten werden wollen. Die Verwaltungskosten der VG Bildkunst liegen bei 10%.

    "Also für die deutschen Künstler deren Werke zu niedrigeren Preisen verkauft werden und die man ja fördern will, auch mit diesem Recht, für die ist sicher eine Verschlechterung eingetreten. Nun muss man sagen, bei 4% von 1000 Euro, das sind 40 Euro, das ist nicht so viel, aber immerhin, bei zehn Verkäufen sind das 400 Euro. Und wenn die alle wegfallen, das sind für manche Künstler, man glaubt es nicht, viel Geld. "

    Gerhard Pfennig sieht von der Folgerechtsregelung etwa 1000 - 1500 Anspruchsberechtigte betroffen. Es gibt in Deutschland 12000 Künstler, VG Bildkunst vertritt 20-30000 europäische Künstler. Aber jene die es betrifft, die im Markt gut vertreten sind, beziffert er auf 1000 - 1500. Gut an der Regelung sei hingehen, dass jetzt auch Fotokunst einbezogen werde.

    Abwanderungsbewegungen könne man damit nicht aufhalten. Die Musik spielt mit oder ohne Folgerecht in England und Amerika.