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Glückliche Heimkehr

Jan Hendrik Olbertz, Kultusminister in Sachsen-Anhalt, hatte ein Problem und hat es gelöst. Die Erben des deutsch-amerikanischen Malers Lyonel Feininger haben sich mit der Galerie Moritzburg in Halle und der Feininger Galerie in Quedlinburg verglichen. Ausgehandelt wurde, dass 200 Papierarbeiten an die Erben zurückgehen.

Moderation: Michael Köhler |
    Michael Köhler: Ich habe ihn gefragt: Morgen werden Sie in einer Pressekonferenz bekannt geben, es gab einen Eigentumsstreit um Ihre Bilder, Feininger-Bilder. Zwischen wem und warum?

    Jan Hendrik Olbertz: Ja, den gab es zwischen dem Feininger-Nachlass in New York und den Eigentümern hier in Sachsen-Anhalt der Familie Klumpp. Und das ist ein uralter Streit, der letzten Endes sich darum dreht, ob es sich um eine treuhänderische Verwahrung gehandelt hat der Kunstwerke von Lyonel Feininger oder ob es eine Übertragung von Eigentum gewesen ist, und das in den Wirren der Nachkriegszeit, des Weggangs von Feininger aus Deutschland nach Amerika und zudem auch noch der DDR-Zeit. Und das hat dazu geführt, dass über 70 Jahre hinweg, wenn man so will, außerordentlich komplizierte und schwer reproduzierbare Verhältnisse entstanden sind mit einem andauernden Konfliktpotenzial.

    Köhler: Lyonel Feininger hat zwischen 1906 und 36 viele Meisterwerke von Kirchen, Dörfern in Thüringen um Weimar, aber auch von Halle gemalt, berühmte Bilder aus der Kunstgeschichte, die waren seit 1984 in Quedlinburg. Warum müssen jetzt 200 Papierarbeiten raus?

    Olbertz: Na ja, sie müssen ja nicht, es ist eine Abwägung, die dazu geführt hat, dass man sich auf so einen Vergleich, übrigens auch in langwierigen und komplizierten Verhandlungen, verständigt hat, um die Interessen der Kontrahenten, nämlich des Feininger-Nachlasses – und Lux Feininger lebt ja noch, der eine Sohn von Feininger – und den heutigen Eigentümern, der Familie Klumpp herzustellen, also einen solchen Interessenausgleich. Und das wiederum war durchaus auch im Interesse der Stiftung Moritzburg, die ja eine enorme Verantwortung auch übernommen hat, indem sie diese Kunstwerke dauerhaft der Öffentlichkeit verfügbar machen will und sie im Übrigen sie auch kunstwissenschaftlich begleiten, präsentieren und eben auch öffentlich kommunizieren will. Und das war eben immer wieder belastet von unterschiedlichen Auffassungen über die Eigentumsrechte.

    Köhler: Das war 1984 nicht dadurch abgegolten worden, dass schon mal fast 50 Ölbilder rausgerückt worden sind?

    Olbertz: Das ist nicht abgegolten gewesen, weil der Streit fortgewährt hat und natürlich auch durch die rechtsstaatliche Konstellation nach der Wende aus nachvollziehbaren Gründen auch neu aufgeworfen worden ist, möglicherweise auch um zu prüfen, ob die damals getroffenen rechtlichen Beurteilungen von Bestand sind. Und deswegen wurde übrigens auch sehr drauf geachtet, dass weder Qualität noch Substanz der Sammlung Klumpp Schaden leiden. Das hat man durch die Auswahl der Stücke, die an den Feininger-Nachlass zurückgehen, wirklich sichergestellt. Da habe ich mich selbst vergewissert.

    Köhler: Herr Olbertz, sind Sie erpresst worden?

    Olbertz: Erpresst?

    Köhler: (Ja.)

    Olbertz: Aber nein, überhaupt nicht. Womit denn?

    Köhler: Es fällt doch auf, dass ähnlich wie im Fall Stuttgart/Karlsruhe, ich sag nur Oettinger und Verkauf der badischen Handschriften zum Ausgleich der badischen Adelsfamilie es immer wieder zu solchen Fällen kommt, dass aus bestehenden Sammlungen plötzlich nach vielen Jahren Eigentumsrechte von Erben oder so weiter gestellt werden, die dann irgendwie gütlich beigelegt werden müssen.

    Olbertz: Ja, aber das ist hier ganz anders. Erst mal hat ja die Stiftung Moritzburg selber die Initiative ergriffen und ist in solche Vergleichsverhandlungen vollkommen freiwillig reingegangen. Es ist ja auch der salomonische Weg, wie man so schön sagt. Also etwas beizulegen, wo auch die historische Dimension und Verantwortung sehr schwer in einer polarisierten Form beschrieben werden kann. Da sind Schicksalsläufe sowohl der Entwicklung in Deutschland als auch der persönlichen Biografien der Beteiligten dahinter, die uns erst einmal abverlangen, nicht aufeinander loszugehen, sondern die ganze Sache respektvoll auszuhandeln und dabei auch Stil zu wahren.

    Köhler: Sie haben noch keine Aussage über die Höhe des Vergleichs gemacht. Was haben Sie bezahlt?

    Olbertz: Das kann ich Ihnen nicht … Wir bezahlen ja nicht in Geld, sondern wir haben insgesamt 200 Papierarbeiten für die Übergabe an die Erben des Künstlers ausgesucht im Einvernehmen.

    Köhler: Sie haben den Eindruck unterm Strich, jetzt ist Ruhe?

    Olbertz: Ja, nicht nur den Eindruck, wir haben das rechtlich verankert in einem Vergleichsvertrag. Also so liegt er mir vor, das heißt, es ist nicht mehr eine Frage meines Eindrucks, sondern es ist ein Gebot der Rechtssicherheit. Das wollen wir damit erfüllt haben.

    Köhler: Jan Hendrik Olbertz, Kultusminister in Sachsen, zum Vergleich im Eigentumsstreit um Lyonel-Feininger-Bilder in der Feininger-Galerie Quedlinburg und der Moritzburg in Halle.