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Glückliche Studenten

Was ist Studierenden wichtig: Uni, Karriere oder doch Partnerschaft und Familie? 6000 von ihnen haben an einer Befragung teilgenommen, deren Ergebnisse ein detailliertes Bild über die Gemütsverfassung deutscher Studenten entwirft. Fazit: Sie sind überraschend glücklich und blicken optimistisch in die Zukunft.

Von Patric Seibel | 05.08.2008
    Wer auf der Suche nach dem Glück ist, der sollte sich vielleicht an einer deutschen Uni einschreiben - denn 83 Prozent der Studierenden sind mit ihrem Leben eher zufrieden -Das hat die aktuelle Befragung ergeben-Manuel Hartung, Chefredakteur von "Zeit-Campus" hat das so nicht erwartet:

    "Uns hat überrascht wie glücklich Studenten insgesamt sind. Sie sind extrem optimistisch, schauen ganz positiv in die Zukunft; und ich glaube vor dieser Generation muss man keine Angst haben, das ist keine Generation von Weltverneinern..."

    Ihren Optimismus ziehen die Studierenden dabei hauptsächlich aus dem privaten Bereich. Nur noch 57 Prozent setzten sich sehr stark das Ziel, in fachlicher Hinsicht Besonderes zu leisten - vor fünf Jahren waren es noch 67 Prozent. Der Wert für Familie und Partnerschaft ist dagegen um fünf Prozentpunkte auf 72 Prozent gestiegen:

    "Das entscheidende Ergebnis der Studie ist für mich, dass Studenten überhaupt nicht so karrieregeil sind, wie es in den Klischees immer heißt, sondern dass ihnen das Privatleben besonders wichtig ist, Freunde, gute Beziehungen, aber der Drang unbedingt ne Spitzenposition zu haben, ist zurückgegangen und das hat mich überrascht."

    Diese Tendenz können Studierende der Uni Hamburg allerdings so nicht bestätigen.

    Geli studiert im 3. Semester Medien- und Kommunikationswissenschaft:

    "Das überrascht mich ehrlich gesagt schon - gerade wenn ich mich an der Uni umhöre unter meinen Kommilitonen, dann habe ich eher das Gefühl, das viele sehr karriereorientiert auch schon studieren und sich kümmern, dass sie tolle Praktika kriegen; und das Soziale da auch manchmal ein bisschen schon auf der Strecke bleibt."

    Ähnlich geht es Katharina, Lehramtsstudentin im drittem Semester Englisch und Geschichte. Die hedonistische Trendwende kann sie nicht erkennen:
    " ... .weil gerade in meinem Studienumfeld haben die Studenten sehr viel zu tun mit dem Studium, also die sind teilweise überbelastet mit bis zu 40 Wochenstunden, und ich denk allgemein passt diese Aussage auch nicht mit der derzeitigen Arbeitsmarktsituation zusammen, weil's ja eigentlich im Moment besonders wichtig ist sich in die karierrebezogenen Sachen reinzuhängen um überhaupt Chancen im Berufsleben zu haben."

    Wenig glücklich ist Katharina mit dem neuen Bachelor-Mastersystem: Die Seminare, die in ihren dichten Stundenplan passen, bringen sie oft nicht weiter:

    "Zum Beispiel hab ich jetzt in Geschichte Waffentechnik im amerikanischen Bürgerkrieg, was daran liegt, das auch andere Geschichtsstudenten dabei sind, die überhaupt nicht auf Lehramt studieren das heißt die lernen viel speziellere Sachen, mit denen ich letztlich überhaupt nichts anfangen kann, sondern eher meine Zeit verschwende."

    Noch weitaus skeptischer beurteilt Phillip Falk das universitäre Klima. Der Volkskundler sitzt an seiner Magisterarbeit. Er ist froh, nicht zur jetzigen Studentengeneration zu gehören:

    "Wenn ich das mit meiner Zeit vergleiche, war ich schon glücklicher im Studium und hatte mehr Freizeitangebote die ich auch noch nebenher wahrnehmen konnte."

    Vor allem das soziale und politische Engagement wird weiter sinken, fürchtet Falk.

    "Als ich angefangen habe, haben die Leute viel länger gebraucht fürs Studium, hatten nebenher immer noch die Zeit sich für Studienangelegenheiten einzusetzen, und ich glaube durch das neue System geht das eher zurück, das die Leute eher noch versuchen ihre Punkte abzuhandeln und ihre einzelnen Nachweise zu bringen."

    Diese Einschätzung wird von der neuen Studie bestätigt - die Werte für soziales und politisches Engagement sind zurückgegangen- doch "Zeit-Campus"-Chefredakteur Manuel Hartung hält das nicht für dramatisch:

    "Vielleicht gilt der Satz das Private ist das Politische ironisch gewendet für diese Generation ganz besonders - dass sie versuchen, in dem Bereich in dem sie wirklich wirkmächtig sind, was zu bewegen also in der Familie in der Beziehung, dass sie aber nicht mehr auf große Demonstrationen gehen, also ich kann da keinen Rückzug ins Private erkennen..."

    Kritiker sehen angesichts solcher Befunde ein neues Zeitalter des Biedermeier an den Unis heraufziehen. Sie beklagen den Verlust des Humoldtschen Ideals umfassender Bildung. Aber es gibt sie noch, die Studierenden aus Überzeugung, solche wie Friederike Alteköster:

    "Wenn ich Geld hätte, würde ich mein ganzes Leben studieren. Das ist einfach toll.!"