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Glücklos im früheren Opernhaus des Jahres

Der Verwaltungsrat der Württembergischen Staatstheater hat beschlossen, den Vertrag von Albrecht Puhlmann, Intendant der Staatsoper, nicht zu verlängern. Einen Nachfolgekandidaten hat man auch bereits gefunden: Den am Rhein ebenfalls nicht glücklich agierenden Kölner Kulturdezernenten Georg Quander - ehemals Intendant an der Berliner Staatsoper.

Von Jörn Florian Fuchs |
    Anmerkungen zu einem kulturpolitischen Skandal in Stuttgart

    Es ist schon etwas beängstigend, wie früh uns heuer das Sommerloch erreicht. Sarah Palin tritt zurück, Giulia Siegel sucht einen adretten boyfriend übers Privatfernsehen und in Stuttgart findet eine unglaubliche Posse um den Noch-Staatsopernintendanten Albrecht Puhlmann statt.

    Wollen wir uns erinnern: Puhlmann wechselte vor drei Jahren von Hannover in die Neckar-Metropole. Die Hannoveraner Operngänger hatte er mit neuen Stücken und Körpertheater à la Calixto Bieito kreativ herausgefordert, in Stuttgart endete gerade Klaus Zeheleins fünfzehnjährige, erfolgreiche Publikumsumerziehungsaktion. Beste Voraussetzungen also. Leider ist jedoch Erfolg ein sonderbar Ding. Von Anfang an floppten viele Stuttgarter Premieren, wobei Puhlmann nicht immer Schuld, sondern einfach sehr viel Pech hatte.

    Es wurde gestreikt, eigentlich gute Sänger machten plötzlich schlapp, Dirigenten schwächelten aus heiterem Himmel. Dass er indes seine Gattin Olga Motta als Regisseurin beschäftigte oder der Spielplan zunehmend konzeptionsloser wurde, ist ihm natürlich anzukreiden. Außerdem provozierte Puhlmann ein Zerwürfnis mit Generalmusikdirektor Manfred Honeck, der das üppige Sängerensemble etwas verkleinern wollte, um mehr finanziellen Spielraum für Gäste zu haben. Nicht nur hinter den Kulissen suchte Puhlmann bereits nach einem neuen Chefdirigenten, obwohl Honeck hervorragende Arbeit geleistet hat und leistet. Unter diesen Umständen ist es also völlig in Ordnung, einen Intendantenvertrag nicht zu verlängern.

    Doch die Art und Weise, wie dies nun geschah, befremdet - um es sehr gelinde auszudrücken. Da ist der Württembergische Kunstminister Peter Frankenberg, der offenbar im Vorfeld für schlechte Stimmung gegenüber Puhlmann sorgte und gemeinsam mit dem Stuttgarter Oberbürgermeister Wolfgang Schuster einen Neuintendanten bestellte, ohne sich mit irgendjemandem zu beraten oder gar abzusprechen.

    In der Sitzung des Verwaltungsrates der Württembergischen Staatstheater am Montag wurde zur Überraschung der meisten Anwesenden der derzeitige Kölner Kulturdezernent Georg Quander aus dem Hut gezaubert. Quander baute einst in Nachwendezeiten die Berliner Lindenoper ordentlich um und Personal ab, holte aber immerhin einen René Jacobs ans Haus. Auch die Stuttgarter Staatsoper wird ab Ende 2011 umgebaut, sodass Quander sich mit seiner reichhaltigen Erfahrung voll einbringen könne, so Minister Frankenberg.

    Dumm nur, dass es in Stuttgart das Stuttgarter Modell gibt, welches besagt: Der geschäftsführende Direktor und die Leiter der Sparten Oper, Schauspiel und Ballett sind zwar eigenständig, kooperieren aber eng. Also sind sie in Personalfragen unbedingt zu konsultieren, schließlich möchte man ja durchaus ein Wörtchen mitreden, wer einem da in den nächsten Jahren über den (beruflichen) Weg läuft. Laut dem Minister wurden sie immerhin informiert, der Grüne Gemeinderat Michael Kienzle spricht vom Gegenteil: Beim Auftauchen Georg Quanders in der Sitzung hätten Schauspielchef Hasko Weber, Ballettchef Reid Anderson und der geschäftsführende Direktor Marc-Oliver Hendriks entgeistert um die Einberufung einer Findungskommission oder zumindest um Vertagung gebeten. Als dies barsch abgelehnt wurde, verließen sie den Sitzungssaal.

    Nun soll am 27. Juli Georg Quander durchgewinkt werden. Und der berühmte Werbeslogan aus dem Musterländle heißt dann ab sofort: "Wir können weder hochdeutsch, noch Kulturpolitik". Mit Blick auf Quanders merkwürdige Kölner Kulturpolitik und seine seltsamen Avancen auf den Chefsessel der Kölner Oper mag man sich mit Richard Strauss indes fragen: "was gibt dem Herrn Befugnis"? Das Zitat entstammt dem "Rosenkavalier", zu erleben übrigens im November an der Stuttgarter Staatsoper.