Auf in den Osten: Angeregt von Deutschen Akademischen Austauschdienst, stellt das Bildungsministerium allein in diesem Jahr zweieinhalb Millionen Euro für die neue Kampagne GO EAST bereit. Studierende und Graduierte, die sich für Mittel-, Ost oder Südosteuropa interessieren, sollen so besser informiert, umworben und mit zusätzlichen Stipendien versorgt werden. Die erste Resonanz auf GO EAST übertrifft alle Erwartungen. Innerhalb von 5 Wochen gingen beim DAAD Anträge zur Förderung von 1700 Studenten und Graduierten ein. Bitter nötig, denn der Osten hat immer noch einen schlechten Ruf. Zu unrecht, meint die DAAD-Referentin Katharina Ochse, verantwortlich für GO EAST:
Auf Osteuropa verbindet sich mit sehr vielen immer noch die Vorstellung, sagen wir mal von grauer Farbe, unsichere Verhältnisse, darüber hinaus ist die Unkenntnis über Osteuropa nach wie vor sehr groß, und damit auch über die Chancen, die sich für deutsche Studenten und Graduierte dort bieten.
Eine erweiterte EU wird zahlreiche neue Karrieremöglichkeiten in den künftigen Mitgliedstaaten bieten. Schon heute ist beispielsweise Estland dank Spezialisierung aus Sowjetzeiten Weltspitze in der Lasertechnologie. Und auch die estnische Biotechnologie erreicht internationalen Standard. Wer dort hin studieren oder forschen geht, hat Osten und Westen zugleich. Und kann dazu auf viele hilfreiche Programme zurückgreifen: Stipendien für Sprachkurse, für einzelne Semester, für bestimmte Fächer, zum Anfertigen der Abschlussarbeit, Reisekosten-zuschüsse - und nun auch noch GO EAST:
Im Zuge dieser Initiative finden auch Sonderausschreibungen statt, dort können akademische Auslandsämter und Projektleiter Mittel beim DAAD für Studierende und Graduierte beantragen, die für einen Monat oder auch für ein Jahr an Gasthochschulen in Osteuropa studieren wollen.
Für André Gesche kommt GO EAST zu spät. Der Rostocker Student ist vor zwei Jahren mit ERASMUS ins estnische Tartu gegangen. Dort steht die ältesten Universität des Baltikums und mit über 13 Tausend Studenten auch die Größte Uni Estlands. Mittlerweile hat er hier zwei Semester und verschiedene Praktika absolviert. Als deutscher Theologie- und Langzeitstudent ist Gesche allerdings ein doppelter Exot:
Das heißt, de facto hat es vor mir nie einen Deutschen gegeben, der je hingekommen ist, was auch damit zusammen hängt, dass eben halt die geringere Anzahl an deutschen Studenten sicherlich bereit ist, die estnische Sprache zu lernen.
Wer sich wirklich ernsthaft auf Studium und Leben in Tartu einlassen will, kommt um die Landessprache kaum herum. André Gesche kann sich vorstellen, nach dem Studium dort oben, im Norden des Baltikums, zu bleiben. Was ihn lockt: Die Strukturen sind noch im Umbruch, da bleibt viel Raum für Kreativität. Die enormen Veränderungen in der Gesellschaft werden von der Wissenschaft hautnah reflektiert und begleitet. Und ein Professor auf sieben Studenten, das sind gegenüber Deutschland traumhafte Verhältnisse.
Das Studium hier ist sicher weniger anonym als in Deutschland. Einfach wegen der Größe. Das ist sozusagen ein Vorteil. Ein Nachteil liegt spezifisch in Estland. Einfach weil die Leute hier noch weniger Fremden gegenüber zugänglich sind als die Deutschen.
So wirbt auch die Uni von Tartu nicht gerade offensiv für Ausländer. Zwar studieren die Esten mittlerweile ganz selbstverständlich im Westen oder in Finnland. Aber der Gedanke, ihre Uni könnte im gleichen Maße Gastgeber sein, liegt den Funktionären in Tartu noch fern.
Vielleicht hängt dass ja auch damit zusammen, dass die Zeit des Kommunismus noch nicht so lange vorüber ist, und dass es hier noch immer genügend Menschen in den Schaltstellen gibt, die eben halt gewohnt sind, darauf zu warten, das jemand zu ihnen kommt. Und nicht, dass sie sich überlegen, wo könnte ich jemanden finden für meine Belange.
Von GO EAST haben sie bisher noch nichts gehört. Studenten wie André Gesche werden dort wohl noch einige Zeit Exoten bleiben.
(Autor: William Vorsatz)
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GO East
Auf Osteuropa verbindet sich mit sehr vielen immer noch die Vorstellung, sagen wir mal von grauer Farbe, unsichere Verhältnisse, darüber hinaus ist die Unkenntnis über Osteuropa nach wie vor sehr groß, und damit auch über die Chancen, die sich für deutsche Studenten und Graduierte dort bieten.
Eine erweiterte EU wird zahlreiche neue Karrieremöglichkeiten in den künftigen Mitgliedstaaten bieten. Schon heute ist beispielsweise Estland dank Spezialisierung aus Sowjetzeiten Weltspitze in der Lasertechnologie. Und auch die estnische Biotechnologie erreicht internationalen Standard. Wer dort hin studieren oder forschen geht, hat Osten und Westen zugleich. Und kann dazu auf viele hilfreiche Programme zurückgreifen: Stipendien für Sprachkurse, für einzelne Semester, für bestimmte Fächer, zum Anfertigen der Abschlussarbeit, Reisekosten-zuschüsse - und nun auch noch GO EAST:
Im Zuge dieser Initiative finden auch Sonderausschreibungen statt, dort können akademische Auslandsämter und Projektleiter Mittel beim DAAD für Studierende und Graduierte beantragen, die für einen Monat oder auch für ein Jahr an Gasthochschulen in Osteuropa studieren wollen.
Für André Gesche kommt GO EAST zu spät. Der Rostocker Student ist vor zwei Jahren mit ERASMUS ins estnische Tartu gegangen. Dort steht die ältesten Universität des Baltikums und mit über 13 Tausend Studenten auch die Größte Uni Estlands. Mittlerweile hat er hier zwei Semester und verschiedene Praktika absolviert. Als deutscher Theologie- und Langzeitstudent ist Gesche allerdings ein doppelter Exot:
Das heißt, de facto hat es vor mir nie einen Deutschen gegeben, der je hingekommen ist, was auch damit zusammen hängt, dass eben halt die geringere Anzahl an deutschen Studenten sicherlich bereit ist, die estnische Sprache zu lernen.
Wer sich wirklich ernsthaft auf Studium und Leben in Tartu einlassen will, kommt um die Landessprache kaum herum. André Gesche kann sich vorstellen, nach dem Studium dort oben, im Norden des Baltikums, zu bleiben. Was ihn lockt: Die Strukturen sind noch im Umbruch, da bleibt viel Raum für Kreativität. Die enormen Veränderungen in der Gesellschaft werden von der Wissenschaft hautnah reflektiert und begleitet. Und ein Professor auf sieben Studenten, das sind gegenüber Deutschland traumhafte Verhältnisse.
Das Studium hier ist sicher weniger anonym als in Deutschland. Einfach wegen der Größe. Das ist sozusagen ein Vorteil. Ein Nachteil liegt spezifisch in Estland. Einfach weil die Leute hier noch weniger Fremden gegenüber zugänglich sind als die Deutschen.
So wirbt auch die Uni von Tartu nicht gerade offensiv für Ausländer. Zwar studieren die Esten mittlerweile ganz selbstverständlich im Westen oder in Finnland. Aber der Gedanke, ihre Uni könnte im gleichen Maße Gastgeber sein, liegt den Funktionären in Tartu noch fern.
Vielleicht hängt dass ja auch damit zusammen, dass die Zeit des Kommunismus noch nicht so lange vorüber ist, und dass es hier noch immer genügend Menschen in den Schaltstellen gibt, die eben halt gewohnt sind, darauf zu warten, das jemand zu ihnen kommt. Und nicht, dass sie sich überlegen, wo könnte ich jemanden finden für meine Belange.
Von GO EAST haben sie bisher noch nichts gehört. Studenten wie André Gesche werden dort wohl noch einige Zeit Exoten bleiben.
(Autor: William Vorsatz)
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