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Göppel: Im Süden Deutschlands brauchen wir Schwachwind-Anlagen

Union und SPD wollen in einer künftigen Koalition die Förderung des Ökostroms radikal umbauen - und das betrifft auch die Windkraft. Dort soll sich etwa die Förderung im Inland auf "gute Standorte" konzentrieren. Was das genau bedeutet, erläutert der Umweltobmann von CDU/CSU, Josef Göppel.

Josef Göppel im Gespräch mit Jule Reimer | 12.11.2013
    Jule Reimer: Angesichts steigender Strompreise planen die künftigen schwarz-roten Koalitionäre einen radikalen Umbau der Ökostrom-Förderung. Die Förderung selbst soll gekürzt werden, Stromerzeuger sollen ihren Ökostrom stärker selbst vermarkten, der Zubau ab einer bestimmten Menge begrenzt werden. Nachdem die Solaranlagen-Betreiber schon heftige Kürzungen hinnehmen mussten, trifft es jetzt die Windmüller. Die Ausbauziele für die teuere Offshore-Windenergie vor der Küste wurden zusammengekürzt, aber auch im Inland soll der Ausbau der Energie begrenzt werden – auf die guten Standorte, heißt es. - Am Telefon bin ich jetzt mit Josef Göppel, Umweltobmann der CDU/CSU und Mitglied der Koalitionsarbeitsgruppe Energie, verbunden. Herr Göppel, was bedeuten denn die jetzigen Vereinbarungen für die Windenergie in Deutschland, das Aus, so wie es schon in Schlagzeilen kolportiert wurde?

    Josef Göppel: Zunächst mal grüß Gott aus Bayern. Die Frage, um die es hier geht, betrifft vor allem Süddeutschland. Das Land Bayern hat ein Energiekonzept vor zwei Jahren aufgestellt mit dem Ziel, 50 Prozent des Strombedarfs aus der eigenen Fläche zu erzeugen und die übrigen 50 Prozent aus dem Norden Deutschlands zuzukaufen. Und dieses Ziel kann nur erreicht werden, wenn die Windkraft da ein Drittel etwa beiträgt. Deswegen sind die Leute in Süddeutschland jetzt sehr aufmerksam geworden bei der Frage, was gute Standorte dann heißt.

    Reimer: Was glauben Sie denn, was das heißen wird? Es ist ja tatsächlich so, dass der Wind an den Küsten im Norden Deutschlands stärker weht.

    Göppel: Nach den Expertisen des Deutschen Wetterdienstes hat der Wind an den Küsten mehr Kraft. Er reicht aber im Binnenland immer noch aus, um Windräder anzutreiben. Es gibt jetzt eine neue Technologie bei den Windrädern, die man von außen gar nicht sieht. Das sind die sogenannten Schwachwind-Anlagen mit etwas längeren Flügeln und getriebelos, die auch bei geringeren Windgeschwindigkeiten noch sehr viele Volllast-Stunden im Jahr erreichen können, also knapp die Hälfte des Jahres laufen, und genau das sind die Anlagen, die man für die Grundversorgung im Süden braucht.

    Reimer: Kann man denn dann sagen, der Ausbau der Windenergie trifft auf zu wenig Interesse in Süddeutschland? Das war ja bisher so.

    Göppel: Das ist exakt umgekehrt. Es gibt in meiner fränkischen Heimat eine große Zahl von dörflichen Energiegenossenschaften, die gemeinsam ein Windrad bauen wollen. Die Beiträge der Bürger, die beginnen bei 500 Euro. Das sind Energiegenossenschaften mit mehreren hundert Teilnehmern, also wirklich eine breite Beteiligung der Bevölkerung. Die sehen das als ihre eigene Energie an und das finde ich als Umweltschützer auch ganz wichtig, weil diese Beteiligung ein anderes Herangehen an die Energie mit sich bringt. Solange die Menschen nur passive Konsumenten sind, haben sie nicht das Bewusstsein für das Management und den Umgang mit Energie wie diejenigen, die in solchen Energiegenossenschaften sind. Die Bürgerbeteiligung, die ist im Süden besonders stark, und das ist auch ein Grund, warum wir auf diese Grundversorgung im eigenen Land nicht verzichten wollen.

    Reimer: Nun gibt es ja bereits so eine Art informellen Finanzausgleich. Formell zahlen die Bayern in den Norden, aber informell sieht es so aus, dass aus Nordrhein-Westfalen bereits viel Geld über die EEG-Umlage nach Bayern fließt, weil dort eben so viele Solaranlagen aufgebaut worden sind. Nun könnte man böse formulieren, Nordrhein-Westfalen sorgt mit den Braunkohlekraftwerken für die Grundlast und trägt ansonsten die Lasten und die Nachteile der Energiewende, die Bayern profitieren davon. Ist das vielleicht ein Grund für das Ausbremsen der Windenergie dann auch?

    Göppel: Wir haben solche Fragen ja mit Frau Kraft in der Arbeitsgruppe Energie diskutiert und die Frage der Braunkohlekraftwerke, die löst sich durch den Zeitablauf. Wir haben jetzt in Deutschland 25 Prozent erneuerbare Energien und 2020 wollen wir 40 Prozent haben. Das heißt, es ist immer noch ein großer Rest vorhanden. Wir brauchen die anderen Energiearten noch für eine ganze Generation und darin liegt der Kompromiss. Wenn wir die bisherigen Ziele, die die Bundesregierung 2010 aufgestellt hat, so einfach umsetzen, dann halte ich das für das vernünftigste.

    Reimer: Das war Josef Göppel, Umweltobmann der CDU/CSU-Fraktion und Mitglied der Koalitionsarbeitsgruppe Energie, zu den Plänen der schwarz-roten Koalitionäre in Sachen Energiewende. Schönen Dank für das Gespräch.

    Göppel: Gerne.


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