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Goethe-Institut will sich nicht für wirtschaftliche Zwecke instrumentalisieren lassen

Christoph Bartmann, Leiter der Abteilung Wissen und Gesellschaft beim Goethe-Institut, hat seine Institution gegen den Vorwurf der Instrumentalisierung für politische und wirtschaftliche Zwecke in Schutz genommen. Die Zusammenarbeit mit der Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) bereichere beide Seiten, Kulturpolitik werde nicht als Wirtschaftspolitik missverstanden.

Moderation: Michael Köhler |
    Michael Köhler: Was haben Kultur und Entwicklung eigentlich miteinander zu tun?

    Christoph Bartmann: Ja, die Frage stellt man sich in der Tat. Das Begriffspaar Kultur und Entwicklung geistert seit vielen Jahren durch die Diskussion in der auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik und auch in der Entwicklungspolitik. Es gab schon vor zwei Jahrzehnten eine Dekade der UNESCO zur kulturellen Entwicklung, und so recht wissen dann doch viele nicht, was diese Begriffe eigentlich miteinander verbindet. Ich denke, vielleicht kann man es wie folgt erklären: Das Goethe-Institut ist das deutsche Kultur-Institut im Ausland und widmet sich in aller erster Linie Kultur, Sprache, Information und Bibliothek im Medium oder im Modus von Projekten. Diese Projekte zielen in aller Regel nicht darauf an, diejenigen die an ihnen teilnehmen, gerade in der südlichen Hemisphäre, in die Lage zu versetzten, berufliche Vorteile daraus zu ziehen, sich beruflich weiterzubilden, beispielsweise in Form von Trainingsprogrammen. Dies genau ist eine klassische Domäne der Entwicklungszusammenarbeit. Die Entwicklungszusammenarbeit zielt, wie wir alle wissen, auf Nachhaltigkeit, und sie fördert Entwicklungsprojekte mit Blick darauf, vor allem junge Menschen beruflich zu fördern, ihnen Perspektiven zu eröffnen.

    Wenn wir diese beiden Aspekte zusammenbringen, nämlich die Förderung von jungen Kulturschaffenden, von Künstlern, gerade in Asien, in Afrika, in Südamerika, dann haben wir diese beiden Aspekte von Kultur und Entwicklung, denke ich, zusammengedacht. Und das Goethe-Institut betritt insofern Neuland, als es zum Kerngeschäft der Kultur diesen Aspekt der Entwicklung hinzudenkt, und die Partner von der GTZ gewinnen Neuland, in dem sie die kulturellen Aspekte von Entwicklung in ihrer Arbeit stärker betonen.

    Köhler: Herr Bartmann, Sie sprechen von Neuland und Kerngeschäft. Lassen Sie es uns für eine Sekunde auch einmal problematisieren, und ich würde gerne Ihre Antwort auf meinen skeptischen Einwurf hören: Die Zusammenarbeit mit der Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) ist nicht neu, 2004 gab es eine Konferenz, "Der Begriff Fortschritt in den unterschiedlichen Kulturen". Was auf den ersten Blick ja einleuchtend erscheint, wirft ja so ein bisschen auch die Frage auf, ob sich Goethe damit oder die auswärtige Kulturpolitik zu dem, ich sage es mal polemisch, Steigbügelhalter von wirtschaftlicher oder technischer Zusammenarbeit macht, also dann am Ende doch wieder in Dienst genommen wird, was ihr ja so ein bisschen im Moment vorgeworfen wird.

    Bartmann: Wir haben diese Diskussion im Haus, und wir beobachten auch auf dieser Konferenz, dass diese Diskussion eine große Rolle spielt. Die Frage, wieweit darf die Indienstnahme von Kultur für politische und wirtschaftliche Zwecke reichen. Ich denke, es ist ein Feld, auf dem der Widerstreit die Regel ist und Konsens die Ausnahme wäre. Es kann nicht zu erwarten sein, dass wir uns hier insofern einigen, als dass wir sagen, Kultur ist per se autonom…

    Köhler: Sie kennen die Einwände unter Kinkel hat man gesagt, ach da wird Kulturpolitik nur als Wirtschaftshilfe verstanden, und unter Joschka Fischer hat man gesagt, da ist Kulturpolitik Konfliktprävention und dient übergeordneten politischen Zielen.

    Bartmann: Ja, es gab, ich sage mal, die unglückliche Wendung von Gleitmittelkultur und dergleichen mehr. Also wir wollen uns von dieser Vorstellung gerne verabschieden, oder wir haben sie eigentlich in unserer Arbeit nie wirklich anerkannt, also Kultur ist kein Gleitmittel, aber natürlich kann Kultur Teil eines, ich zitiere den Bundesaußenminister, eines Werkzeugkastens sein, mit dem die deutsche auswärtige Kultur- und Bildungspolitik politische Interessen und Wirkungen im Ausland zu verfolgen versucht.

    Köhler: Herr Bartmann können Sie mir mal ein Beispiel sagen, wo Sie erfolgreich mit der Gesellschaft für technische Zusammenarbeit gearbeitet haben, also haben Sie ein Projekt begleitet, wo die in Indonesien eine Brücke bauen wollten und Sie haben dann Sprachkurse gemacht? Oder ist das ein bisschen zu plump?

    Bartmann: Das ist zu plump. Also es wäre, glaube ich, zu kurz gegriffen, wenn wir das als Beispiel akzeptieren würden und sagen, die GTZ baut die Brücke, das Goethe-Institut bringt den Ingenieuren Deutsch bei. Es geht hier um Projekte, wo Kultur und Entwicklung zueinander in ein neues Verhältnis gesetzt werden, ein Verhältnis, das beide Sphären bereichert. Wir haben jetzt mit der GTZ in China ein Abkommen über Kooperation geschlossen, und dieses Abkommen sieht für die nächsten drei, vier Jahre vor, dass wir an vielen Orten, - wir beginnen jetzt in Nanjing, einer nun auch Sechs-Millionen-Metropole - dass wir dort eine ganze Reihe von Stadtfestivals, von Stadtwochen veranstalten, und das heißt, das Ganze hat natürlich einen Entwicklungsaspekt, es geht um Stadtentwicklung, es geht gleichzeitig aber auch um Kulturfestivals in diesen Städten. Und Kultur, und das, meine ich, ist auf dieser Tagung deutlich geworden in den Redebeiträgen, gerade der internationalen Gäste, Kultur kann für das Selbstverständnis, gerade von Megacitys, für die Lebensqualität dieser Städte einen ganz entscheidenden Beitrag leisten. Insofern denken wir uns Kultur nicht nur als einen flankierenden Beitrag, sondern als einen Beitrag, der in der Sache selbst enthalten ist.