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Goldförderung, ökologisch korrekt

Eine Goldmine zu betreiben bedeutet zurzeit, sich mit unerfreulicher Chemie abgeben zu müssen. In der Industrie wird das Gold derzeit mit Blausäure aus den Mineralien gewaschen, in Südamerika macht man das zum Teil sogar mit giftigem Quecksilber. Schon lange sucht die Goldbranche daher nach einer umweltverträglicheren Lösung - bislang vergebens. Ein irischer Chemieprofessor hat nun eine neue Idee: Er versucht mit Kohlensäure Gold aus Gesteinen heraus zuwaschen.

von Frank Grotelüschen |
    Besonderer Schaden wird am Amazonas angerichtet. Dort nutzen die Leute illegal Quecksilber für die Goldgewinnung: Sie geben dem Golderz Quecksilber zu. Dieses löst das Gold aus dem Gestein heraus und verbindet sich mit ihm zu Amalgam. Dann wird das Amalgam erhitzt, das Quecksilber verdampft und Gold bleibt zurück. Dabei werden die Arbeiter zwangsläufig Quecksilberdämpfen ausgesetzt. Und Quecksilber ist eine giftige und gefährliche Substanz.

    Die illegale, weil gesundheitsschädliche Goldgewinnung am Amazonas, sie geht Jeremy Glennon am meisten gegen den Strich. Doch auch was große Goldminen ganz legal veranstalten, ist für den Chemieprofessor der Universität Cork in Irland alles andere als das Gelbe vom Ei. Die Industrie nämlich laugt die Golderze mit Cyanid aus, mit giftiger Blausäure.

    In modernen Minen wird das Cyanid zwar recycelt, sagt Glennon, und bei guten Anlagen gibt es kaum noch Zwischenfälle mit dem Cyanid. Dennoch gibt es ein natürliches Bestreben, nach sauberen Möglichkeiten zu suchen, um mögliche Risiken von Mensch und Umwelt abzuwenden.

    Lange suchte die Branche nach umweltverträglichen Chemikalien zur Goldgewinnung – bislang ohne Erfolg. Glennon hat nun eine neue Idee: Er setzt auf Kohlendioxid bzw. Kohlensäure - allerdings in einer besonderen, einer exotischen Erscheinungsform, superkritische Kohlensäure genannt.

    Es ist ein Mittelding aus Gas und Flüssigkeit. Superkritisches Kohlendioxid ist genauso dicht wie eine Flüssigkeit, hat aber dieselbe Viskosität, denselben Fließwiderstand wie ein Gas. Erreicht wird dieser superkritische Zustand schon bei einer Temperatur von 32 Grad. Allerdings muss man das Kohlendioxid dabei unter Druck setzen, muss es in einem Druckgefäß auf 73 Atmosphären zusammenpressen. Technisch ist das kein Problem.

    Das Besondere: Superkritische Kohlensäure ist dank ihrer Fließfähigkeit eine überaus agile Substanz. Dadurch kann sie sich in andere Stoffe bestens hineindrängen und sie auflösen. Auf diese Weise kann superkritische Kohlensäure manch organisches Lösemittel ersetzen und vermag auch Kaffee zu entkoffeinieren. Jeremy Glennon aber ist nicht hinter Kaffeebohnen her, sondern will ökologisch korrekt Gold gewinnen.

    Stellen Sie sich einen Behälter vor gefüllt mit Golderz. Dieses Erz lassen Sie von superkritischer Kohlensäure durchströmen. Und die Kohlensäure löst das Gold aus dem Erz. Dazu müssen wir dann noch eine Art Trägermolekül geben – ein Molekül, das das Gold aufnimmt und es aus dem System herausträgt. Das ist unser Traum und unser Ziel.

    Dieses Trägermolekül ist eine komplexe chemische Verbindung, die man sich vorstellen kann als ein großes, rundes Teilchen mit einem Loch in der Mitte, in das genau ein Goldpartikel hineinpasst.

    Im Labor funktioniert’s. Wir haben das im kleinen Maßstab ausprobiert und haben gezeigt, dass wir Gold aus Golderzen herauslösen können. Im Prinzip sind wir zuversichtlich, das auch im großen Maßstab machen zu können - auch wenn‘s da durchaus noch offene Fragen gibt.

    Lassen sich die Trägermoleküle in einem Kreislauf wiederverwerten, und ist der ganze Prozess halbwegs kostengünstig zu gestalten? Das sind die Fragen, die Glennon am meisten beschäftigen – auf dem Weg zur umweltverträglichen Goldgewinnung insbesondere am Amazonas.