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Goldrausch im Pazifik

Technik. - Vor etwa 40 Jahren sorgten Manganknollen weltweit für Furore. Die blumenkohlartigen Knollen enthalten neben Mangan wertvolle Metalle wie Nickel, Kupfer oder Kobalt. Zwar ist es mittlerweile recht still geworden um den Schatz der Tiefsee, aber ganz verworfen wurde die Idee einer Förderung nie.

Von Dagmar Röhrlich |
    Über Jahrmillionen hinweg sind in der Tiefsee unscheinbare, schwarz-braune Knollen herangewachsen, die wie Kartoffeln im Meeresschlamm stecken: die Manganknollen. Besonders wertvoll sind sie im Zentralpazifik: Dort enthalten sie so viel Kupfer, Nickel oder Kobalt, dass sich ihr Abbau lohnen könnte. Das hoffen jedenfalls die Staaten, die sich dort Claims gesichert haben: Frankreich etwa, Indien, China, Japan oder Russland. Die Lizenz, die Claims zu erforschen, erhielten sie von der UN-Meeresbodenbehörde in Kingston, Jamaika:

    "Seit den 70er Jahren wehrten sich die in der Gruppe 77 organisierten Staaten der Dritten Welt dagegen, dass die Lagerstätten jenseits der nationalen Wirtschaftszonen einfach so von den Industrienationen ausgebeutet werden sollten. Die Bodenschätze in den internationalen Gewässern seien ein Erbe der gesamten Menschheit, und deshalb verwaltet die Internationale Meeresbodenbehörde diese Schätze seit 1994 im Auftrag der UN."

    Tony Koslow von der Scripps Institution in San Diego. Die Lizenz läuft über 15 Jahre und kostet 250.000 Dollar. Wer einen Claim reserviert, muss einen gleich großen dazunehmen, der ebenfalls erkundet und als zukünftige Rohstoffquelle für die Menschheit bewahrt wird. Wer fördert, zahlt Gebühren an die Behörde, die dann teilweise an die Entwicklungsländer fließen sollen. Seit 2006 hat auch Deutschland so einen Claim, erklärt Michael Wiedecke, Meeresgeologe von der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe in Hannover:

    "Das Gebiet besteht ja aus zwei Teilgebieten, die auch eine Entfernung von fast 2000 km haben. Das eine liegt also näher an Mexiko, das andere näher an Hawaii."

    Der deutsche Claim ist so groß wie Schleswig-Holstein und Niedersachsen zusammen. Im vergangenen Herbst wurde das Gebiet zunächst mit dem Echolot vermessen:

    "Die Topographie des Meeresbodens ist vermutlich zum jetzigen Zeitpunkt der wichtigste einzelne Parameter überhaupt: Wo ist Berg, wo ist Tal."

    Inzwischen haben die Geologen etwas mehr als die Hälfte des Claims kartiert. Das Ergebnis: Weite Gebiete sind gespickt mit untermeerischen Vulkanen, von denen manche Tausende Meter aufragen. Diese Unterwasserberge scheiden für die Förderung aus. Bei den Franzosen, die ihr Gebiet bereits seit 2000 untersuchen, sieht es ähnlich aus. Sie schätzen, dass nur ein Drittel ihres Claims eben genug für den Bergbau ist:

    "Das Ganze sind dann auch oft sehr fleckenhafte Bereiche, so dass man eine Art Patchwork eines zukünftigen hypothetischen Abbaus sich vorstellen kann. Es wird also nicht eine große zusammenhängende Fläche sein, sondern es wird ein Muster von relativ begrenzten Flächen sein, die auch oft gar nicht mal aneinander grenzen."

    Das wird im deutschen Claim ähnlich sein. Dort zeigen die ersten Proben außerdem, dass die begehrten Knollen ungleichmäßig verteilt sind. Aber erst ab zehn Kilogramm Manganknollen pro Quadratmeter gilt ein Vorkommen als förderwürdig. Dabei sind die noch offen. Saugt ein Bergbauschiff den Meeresboden auf, um die Manganknollen an Bord herauszusieben, entstehen gigantische Schlammwolken.

    "Die Claims sind gigantisch, etwa 75.000 Quadratkilometer. Davon würde der Bergbau für etwa 20 Jahre in jedem Jahr etwa 300 bis 500 Quadratkilometer umpflügen – plus die mindestens eine doppelt so große Fläche, die durch Sedimentwolken zugedeckt werden wird. Um die Natur zu bewahren, plant die UN-Meeresbodenbehörde für die Abbaugebiete ein System von Schutzzonen. Simulationsrechungen haben ergeben, dass diese Gebiete von Pufferzonen umgeben sein müssten, damit sie nicht von den Sedimentwolken beeinträchtigt werden."

    Es wäre ein Abbau nach dem Schachbrettprinzip, bei dem eine Parzelle abgebaut wird, die nächste nicht. Allerdings können die Biologen nur hoffen, dass die Artenvielfalt in den geschützten Zonen genauso hoch ist wie in den abgebauten, und dass sie von ihren Refugien aus die zerstörten Gebiete wieder neu besiedeln. Im Experiment dauerte das viele Jahre.