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Goldrausch in der Tiefsee

Geologie. - Im Februar 1977 wurden vor den Galapagos-Inseln erstmals so genannte "Black Smoker" entdeckt. Die "Schwarzen Raucher" ermöglichen extremen Organismen das Überleben in der Tiefsee. Jetzt wollen Abbaufirmen Kapital aus den Schloten ziehen.

Von Dagmar Röhrlich | 18.03.2008
    Am Meeresgrund liegen gewaltige Schätze an Kupfer, Gold, Silber, Zink, Cadmium, Gallium, Tellur oder Indium: die ganze Palette der Metalle, die die moderne Industrie so braucht. Die Rohstoffpreise steigen kontinuierlich. So soll 2010 die Ära des Tiefseebergbaus beginnen – hofft Justin Baulch von Neptune Minerals, einem auf diesen Spezialgebiet tätigen Unternehmen aus Sydney: Seine Bergbaufirma setzt auf die Erzlagerstätten, die an Black Smokern entstehen. Die bizarren Schlote erheben sich in 1500 und mehr Metern Wassertiefe, wo die Plattentektonik Meerwasser in den Untergrund eindringen lässt und an Magmenkammern auf 350 Grad erhitzt. Das Wasser wird aggressiv, belädt sich mit Metallen und Schwefelwasserstoff, sprudelt schließlich als Hydrothermalquelle aus dem Meeresgrund. Sobald die heiße Lösung auf das kalte Tiefseewasser trifft, fallen schwarze Metallsulfide aus, die Black Smoker wachsen:

    "Das Interessante ist der Bereich unterhalb dieser Schlote. Wenn ein solches Rohstoffvorkommen entsteht, dann bilden sich zunächst einmal solche Schornsteine. Mit der Zeit werden Höhen erreicht, die dazu führen, dass diese Schornsteine zusammenbrechen."

    Peter Herzig vom Meeresforschungsinstitut IFM-Geomar in Kiel ist Spezialist für die Lagerstätten an den Black-Smokern. Die Metall beladenen Lösungen sickern weiterhin durch den Schuttberg und imprägnieren ihn mit Erzen, während sich obenauf neue Kamine auftürmen. Black Smoker sind die Erzfabriken:

    "Die Lagerstätten sind Hügel auf dem Meeresboden, die Durchmesser von 200 Metern erreichen und um die 40 Meter hoch werden. Für den Abbau suchen wir inaktive Smoker-Felder, denn die Maschinen vertragen 350 Grad heißes, saures Wasser nicht. Weil wir die aktiven aber sehr viel einfacher finden, suchen wir zuerst sie und dann nach den inaktiven in ihrer Nähe."

    An den versiegten Quellen ist auch die Black-Smoker-Fauna verschwunden. Das soll Argumentationshilfe für die Verhandlungen zum Umweltschutz liefern. Allerdings:

    "Bislang sind erloschene Smoker kaum untersucht worden, wir wissen nichts über die Ökosysteme. Bislang haben wir dort jedoch nur Tiere gesehen, die wir auch sonst vom felsigem Meeresboden kennen. Aber wir werden diese Frage vor Abbaubeginn genau untersuchen,"

    verspricht Justin Baulch. Die Tiefseebergleute in spe plagen zudem ganz praktische Probleme: Denn längst nicht alle Black-Smoker haben das Zeug, einen Goldrausch zu verursachen. Die besten Vorkommen werden im Pazifik vermutet: vor Papua Neuguinea, Neuseeland, den Tonga-Inseln, vor Japan:

    "Wir kennen im Moment etwa 180 Vorkommen am Meeresboden, und ich denke, davon sind etwa zehn, wenn überhaupt, von einem wirtschaftlichen Interesse. Von diesen zehn sind einige noch in sehr, sehr großen Wassertiefen, tiefer als drei Kilometer, oder zigtausende Seemeilen von Land entfernt. Also es gibt nur sehr wenige Sites, die wir im Moment kennen, die wirtschaftlich von Interesse sind,"

    urteilt Sven Pedersen vom IFM Geomar. Ökonomisch abbaubar wären Vorkommen mit Gehalten von fünf bis zehn Prozent Kupfer und 15 Gramm Gold pro Tonne. An manchen Black Smokern werden solche Werte gemessen – an der Oberfläche. Wie es im Inneren des Erzhügels aussieht, ist eine andere Frage, und die Erkundung in 1500, 2000 Metern Wassertiefe ist technisch sehr schwierig und teuer. Aber das schreckt die Goldsucher offenbar nicht:

    "Zu den Vorteilen dieser Lagerstätten gehört, dass sie auf der Oberfläche sitzen. Uns reichen relativ kleine Vorkommen, weil wir unser Bergbauschiff von Abbau zu Abbau bewegen."

    Die erst einmal gefunden und erkundet werden müssen. Zudem steht die Abbautechnologie nur auf dem Papier. Der Tiefseebergbau soll ferngesteuert funktionieren: rotierende Schneidköpfe fräsen den Rohstoff aus dem Ozeanboden. Tennisballgroße Brocken werden zur Förderplattform an der Meeresoberfläche gesaugt – verarbeitet werden soll das Erz dann an Land.