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Goldschwämme für die grüne Chemie

Chemie. - Katalysatoren spielen in der Chemie eine entscheidende Rolle, sie erleichtern Reaktionen oder setzen sie gar erst in Gang. Forscher tüfteln in den Forschungslabors weltweit an Katalysatoren aus Nano-Schwämmen, weil die sehr effizient sind und darüber hinaus auch umweltfreundlich.

Von Jan Lublinski | 22.01.2010
    Bereits in den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts kannten die Chemiker den Trick. Sie wussten, wie man Schwämme aus Gold mit extrem kleinen Löchern herstellt, sogenannte nanoporöse Materialien.

    "Nanoporöse Materialien haben in letzter Zeit enorm an Bedeutung gewonnen, weil sie eben sehr interessante Materialien sind für Energiespeicherung, Energieumwandlung, Katalysatoren, 'Green Energy'. Es wird momentan sehr viel in die Forschung investiert – in diese Materialien."

    Der Chemiker Jürgen Biener, er arbeitet am Lawrence Livermore National Laboratory, in Kalifornien. Der alte Trick für die Herstellung eines Goldschwammes mit Nano-Löchern funktioniert so: Man nehme Gold und Silber, verschmelze diese beiden Komponenten zu einer Legierung, so dass Gold- und Silberatome gut vermischt sind. Anschließend ätze man die Silberatome mit einer Säure heraus. Fertig ist der Schweizer Nano-Käse.

    "Historisch war dieses Material ein chemisches System das man als Modell für Korrosion betrachtet hat, weil eben ein Teil des Materials weggeätzt war. Mir ist dann irgendwann klar geworden, dass die Porosität des Materials kein Problem darstellt, sondern eine Besonderheit ist, ein Feature."

    Jonah Erlebacher von der Johns Hopkins University in Baltimore erkannte vor etwa vier Jahren, dass ein so extrem poröses Material sich als sehr nützlich erweisen könnte. Die Oberfläche des Metall-Schwammes ist sehr groß, er kann als extrem effizienter Katalysator dienen, das heißt: Er kann bestimmte chemische Reaktionen gezielt und schnell ablaufen lassen. Erlebacher beschichtete zunächst Gold-Schwämme mit Platin und versuchte, daraus eine besonders effektive Elektrode herzustellen – für eine Brennstoffzelle. Jenes Gerät also, das aus Wasserstoff Strom erzeugen kann.

    "Im Moment ist eine sehr fruchtbare Zeit für die Entdeckung neuer Katalysatoren. Meine Kollegen und ich arbeiten derzeit auf dem Gebiet der sogenannten Sauerstoffreduktion, die man für die Wasserstoff-Brennstoffzelle benötigt. Und es ist nicht ausgeschlossen, dass wir die Effizienz dieser Reaktion um den Faktor 10 oder sogar 100 steigern werden. Es ist also durchaus möglich, dass unsere neuen Materialien noch ganz groß rauskommen."

    Noch ist die Chemie der nanoporösen Materialien reine Grundlagenforschung, aber die Fortschritte auf diesem neuen Gebiet sind beachtlich. Jürgen Biener und ein Chemiker-Team von der Universität Bremen berichten in der Fachzeitschrift "Science", es sei ist ihnen gelungen, mit nanoporösem Gold als Katalysator Methanol in Methylformiat zu verwandeln, eine für die chemische Industrie sehr wichtige Reaktion. Entscheidend für die Katalysatorwirkung waren dabei nicht nur die Gold-, sondern auch Silberatome, die nach dem Heraus-Ätzen noch im Schwamm übrig geblieben waren. Insgesamt zeichnete sich der neue Katalysator durch eine besonders lange Lebensdauer aus – er scheint also geeignet für industrielle Anwendungen. Außerdem ist das Verfahren sehr umweltfreundlich: Bei der Reaktion fällt als Abfall ausschließlich Wasser an. Biener:

    "Momentan sind solche 'Green Energy'-Sachen sehr beliebt. Dieses nanoporöse Gold ist ein sehr guter Katalysator für viele Reaktionen und die Katalyse ist einer der größten Industrieprozesse, die wir haben. Alles was wir an Kleidung tragen ist zum Beispiel mindestens einmal durch eine Katalyse gelaufen. Selbst wenn da nur ein kleines Stückchen abfällt für Gold-Katalyse, dann spielt das eine große Rolle."

    Inzwischen experimentieren die Chemiker nicht mehr nur mit Schwämmen aus Gold sondern auch mit Schwämmen aus Kohlenstoff. Auf diese Struktur dampfen sie dann zum Beispiel Nanopartikel aus Platin auf. Von diesem teuren Rohstoff benötigen sie dann nur noch geringe Mengen - und verfügen doch über einen sehr effizienten Katalysator für die Umwandlung chemischer Stoffe.

    Und es zeichnen sich auch noch ganz andere Anwendungen ab: Die nanoporösen Materialien könnten in Zukunft auch als Sensoren zum Einsatz kommen. Mit ihrer Hilfe lassen sich geringste Mengen bestimmter Chemikalien in Flüssigkeiten aufspüren. Außerdem lassen sie sich als Aktoren verwenden, also als Bewegungsgeber: Sie ziehen sich zusammen oder dehnen sich aus, wenn man elektrische Spannungen anlegt. Vielseitig sind sie also allemal die Schwämme mit den einschlägigen Nanolöchern.