Mittwoch, 24. April 2024

Archiv

Golf bei Olympia
Mehr als nur Fototapete?

Imagewerbung für den Golfsport, Stars für Olympia - all das sollte die Rückkehr des Golfsports zu den Olympischen Spielen nach 112 Jahren bringen. Die Zwischenbilanz nach dem Männerwettbewerb und vor dem der Frauen fällt eher gemischt aus.

Von Jürgen Kalwa | 14.08.2016
    Golfspieler C.T. Pan aus Taiwan während der Olympischen Spiele in Rio de Janeiro 2016
    Golfspieler C.T. Pan aus Taiwan während der Olympischen Spiele in Rio de Janeiro 2016 (picture alliance / dpa / Erik Lesser)
    "Wenn ich jetzt schon Tränen bekomme, weil ich bei den Olympischen Spielen einlaufe, weiß ich nicht was passiert, wenn ich dann da oben stehe.”
    Am Anfang Emotionen pur. Am Ende war Dabeisein aber auch schon alles - die Erfahrung von Martin Kaymer beim Ausflug zu den Olympischen Spielen.
    Auch der Amerikaner Gil Hanse hatte sich wohl im Stillen etwas mehr erhofft. Der Architekt, der den Golfplatz in die Sandlandschaft im Naturschutzgebiet von Marapendi hineingebulldozt hatte.
    Golf bei Olympia: Nur zweitklassig?
    Bleibende Imagewirkung für das Golfspiel weltweit dank der Strahlkraft der Superstars - die Rechnung ging nicht auf. Schon eher wird dies in Erinnerung bleiben: Die patzige Absage des nordirischen Golfspielers Rory McIlroy, den nur bedeutende Turniere interessieren.
    Golf bei Olympia also nur zweitklassig? Ja und Nein. Immerhin könnte zumindest Hanse zum Gewinner werden. Denn sein Platz ist, obwohl flach, sportlich sehr anspruchvoll ausgefallen und wird das noch ein zweites Mal unter Beweis stellen können. Wenn die Frauen antreten - auf leicht verkürzten Bahnen, weil sie den Ball nicht so weit schlagen können. Mit dabei für Deutschland: Sandra Gal und Caroline Masson, die bei den Profis in den USA ihr Geld verdienen.
    Die Optik täuscht
    Von der Optik darf man sich übrigens nicht täuschen lassen. Golfplatzarchitektur ist etwas sehr Spezielles. Mehr als nur eine Fototapete für ein Spiel, das auf der Welt von rund 60 Millionen Aktiven betrieben wird.
    Zwar geht es am Ende nur darum, einen kleinen Ball in ein nicht viel größeres Loch zu bugsieren und dafür so wenige Schläge wie möglich zu benötigen. Aber unterwegs hat das Ganze den Charakter eines ausgedehnten Hindernisparcours. Die Unterschiede zwischen Plätzen sind - je nach Landschaft - enorm. Doch bei der Ausgestaltung destilliert ein hervorragender Architekt – und das ist Gil Hanse - an jedem Loch das Gelände aufs Eigentliche: auf vielfältige spieltaktische Herausforderungen. Weshalb manche Plätze auf Golfer eine Faszination ausüben wie gotische Kirchengebäude auf Kunstgeschichtler. Und weshalb Ortsnamen wie St. Andrews oder Pebble Beach ihren ganz besonderen Klang haben.
    Spagat zwischen Profis und Amateuren
    Hanse musste in Rio einen beachtlichen Spagat hinbekommen - und nicht nur den Profis etwas bieten. Der Platz soll nach den Spielen die Entwicklung des Golfsports in Brasilien mit antreiben helfen. Also muss er auch trotz der vielen großen Sandbunker und der böigen, unberechenbaren Winde für Amateure spielbar sein. Deshalb sind die Bahnen so breit, sagt Martin Kaymer:
    "Man muss vom Abschlag her nicht wirklich perfekte Schläge machen. Die okayen Schläge sind immer noch ganz gut. Wenn’s dann Richtung Grün geht, da wo die Fahne draufsteht, da muss es schon ein bisschen genauer sein.”
    Aber noch deutet nichts darauf hin, dass das Experiment schon bald gelingen wird. Die Zuschauerzahlen bei dn Männern: eher bescheiden. Aber man sollte nicht vergessen: Auch in Deutschland mit seinen inzwischen mehr als 600.000 Freizeitgolfern dauerte es Jahrzehnte, ehe die Sportart aus dem Reichengetto ausbrechen konnte.