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Golf
Ein Platz, zwei Turniere

Zum ersten Mal werden Männer und Frauen die US Golf Open auf demselben Platz austragen - ein Test für das olympische Turnier 2016 in Rio de Janeiro. Viele Spielerinnen fühlen sich aufgewertet. Aber es gibt auch Kritik.

Von Jürgen Kalwa | 09.06.2014
    Für die Wochenschau waren sie Miss und Missus. Und wirkten in ihren wadenlangen Röcken und kurzen Söckchen so adrett, als wären sie zu einem Sonntagsausflug unterwegs. Dabei waren sie schon damals, Ende der vierziger und Anfang der fünfziger Jahre, als die US Open noch National Open hießen, in erster Linie eines: ehrgeizige Sportlerinnen mit enormem Talent. Sie mussten allerdings von Anfang mit einem Nachteil fertig werden: Sie standen weitab und im Schatten der Männer. Und ihre Wege kreuzten sich - anders als im Tennis - nicht mal bei den bedeutenden Turnieren.
    Umso ungewöhnlicher ist der Plan, der vor einer Weile vom amerikanischen Golfverband entwickelt wurde, der in wenigen Tagen auf der anspruchsvollen Golfanlage von Pinehurst im Bundesstaat North Carolina seine Premiere erleben wird. Zum ersten Mal werden die US Open der Männer und Frauen auf demselben Platz ausgetragen. Nicht gleichzeitig - dazu fehlt es in der langsam dahinmäandernden Sportart Golf an Kapazität - aber nacheinander. Am Donnerstag dieser Woche gehen die Männer auf ihre erste Runde. Am Donnerstag danach die Frauen.
    Innovatives Zeichen der Aufgeschlossenheit
    Wie bemerkenswert das ist, erklärte Vicki Goetze-Ackerman, die Repräsentantin der Aktiven im Vorstand der amerikanischen Profi-Tour der Frauen - kurz: LPGA - vor wenigen Wochen, als man die Details Medienvertretern präsentierte. Das sei nicht nur innovativ, sagte sie, sondern auch ein Zeichen für Aufgeschlossenheit. Und eine Möglichkeit der Top-Profis, ihr Können zu zeigen.
    Ähnlich sieht es Sandra Gal, die beste deutsche Golferin. Sie qualifizierte sich so wie Caroline Masson, die ebenfalls in den USA lebt, aufgrund ihrer Position auf der Geldrangliste für das Teilnehmerfeld:
    "Ich finde das eine super Idee. Das hätte man schon früher machen sollen, dass man die Majors zusammenlegt. Genauso wie das im Tennis der Fall ist. Weil es den Wert unseres Turniers steigert. Vorteile sind zum Beispiel: mehr Zuschauer. Dass unser Preisgeld steigt. Um einiges. Das ist vom letzten auf dieses Jahr enorm gestiegen."
    Der Gesamt-Prämientopf für die Frauen wuchs um 750.000 auf 4 Millionen Dollar. Eine hübscher Bonus für ein Turnier auf einem schweren Platz.
    "Die größten Schwierigkeiten sind definitiv ums Grün herum. Jedes Grün ist wie ein umgedrehter Topf. Das heißt: Man muss einen hohen Ballflug haben, weich landen. Und wenn man das Grün verpasst, was oft passieren wird, dann muss man einen Chip-and-Run beherrschen oder vielleicht auch putten, je nachdem wie kurz das Gras sein wird."
    So etwas wäre schon bei einem normalen Turnier auf diesem Platz ein Problem. Aber für die Frauen kommt erschwerend hinzu, dass sie den Männern den Vortritt lassen müssen. Die werden auf ihren vier Runden in dieser Woche das Gras massiv strapazieren. Und zwar sowohl auf den kurz gemähten Grüns als auch in den Fairways. In denen werden dort, wo viele Bälle ausrollen, eine Unzahl von sogenannten Divots entstehen. So werden die mit den Schlägern aus dem Rasen herausgedroschenen Löcher genannt. Die werden zwar anschließend mit Sand gefüllt. Aber das ist pure Kosmetik. Wessen Ball hinterher in einer dieser Schadstellen landet oder gar liegen bleibt, hat einen eindeutigen Nachteil.
    Nicht alle sind zufrieden
    Das ist nicht alles, was man den Frauen zumutet. Ihre Vorbereitungsphase ist knapp bemessen. Denn sie können erst ab Montag zu ihren Proberunden aufbrechen. Und das auch nur, wenn die Männer am Sonntagabend programmgemäß einen Sieger ermittelt haben. Sonst findet am Montag ein Stechen statt und die Anlage ist noch länger blockiert.
    Das reichte der Amerikanerin Lizette Salas, Nummer 22 der Weltrangliste, um sich öffentlich zu beklagen. Bei einem Turnier der LPGA in New Jersey vor wenigen Tagen ließ sie durchblicken, dass sie für eine Mehrheit der Spielerinnen spricht, denen es nicht behagt, die Rolle als zweite Geige zu akzeptieren.
    "Unsere Tour ist ein wenig besorgt. Es gibt viele Spielerinnen, die das nicht für eine gute Idee halten. Es wäre besser gewesen, wenn die Frauen zuerst spielen."
    Es ist mehr als nur ein Experiment, sondern ein Präludium. Bei den Olympischen Spielen 2016 in Rio de Janeiro, wo die Sportart zum ersten Mal seit langem wieder auf dem Programm sein wird, treten Frauen und Männer ebenfalls auf demselben Platz an.
    Lizette Salas mag allerdings nicht so weit nach vorne schauen:
    "Das mit der Qualifikation ist kurios. Der Platz ist noch nicht fertig. Da sind noch viele Fragezeichen. Unser Hauptinteresse ist denn auch die US Open."