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Good bye, Ulysses!

Raumfahrt. - Die Raumsonde Ulysses hat fast 18 Jahre lang die Sonne beobachtet und viele Entdeckungen gemacht. In den nächsten Wochen wird das Gefährt für immer verstummen. Ein europäisches Nachfolgeprojekt könnte erst 2015 starten.

Von Dirk Lorenzen | 17.03.2008
    Natürlich sei er traurig, sagt Richard Marsden. Nach mehr als 30 Jahren Arbeit für die Ulysses-Mission sei es fast so, als müsse man sich von einem Familienmitglied oder guten Freund verabschieden. Andererseits habe die großartige Mission viel länger gedauert als erwartet, räumt der Projektleiter bei der Europäischen Raumfahrtagentur Esa ein. Die Raumsonde Ulysses war 1990 gestartet und hatte ursprünglich nur fünf Jahre lang Messdaten über die Sonne zur Erde funken sollen. Jetzt steht die Mission vor dem Aus, weil die Batterieleistung nachlässt und für das Heizen nicht mehr ausreicht. Die Raumsonde kühlt nun extrem ab. Irgendwann in den nächsten Wochen gefriert der Treibstoff. Dann lässt sich Ulysses nicht mehr präzise ausrichten und eine der erfolgreichsten Weltraummission aller Zeiten geht zu Ende.

    "Einer der Höhepunkte war der erste Flug über einen Pol der Sonne. Wir mussten erst zum Riesenplaneten Jupiter fliegen, der mit der Anziehungskraft die Raumsonde Ulysses aus der Hauptebene des Sonnensystems herausgeschleudert hat. Wir haben erstmals die Sonne aus einer ganz anderen Perspektive beobachtet. An den Polen ist das Magnetfeld sehr turbulent und extrem fein strukturiert. Aus den Polarregionen rasen zudem sehr schnelle Teilchen des Sonnenwindes weit hinaus ins All. Die Sonnenpole sind viel komplizierter als wir gedacht hatten."

    Von der Erde aus blicken die Astronomen immer auf den Äquator und die gemäßigten Breiten der Sonne. Die Pole sind nicht zu sehen. Anders für Ulysses: Mit Jupiters Hilfe war die Raumsonde auf eine Bahn praktisch senkrecht über die Pole der Sonne gelangt. Alle sechs Jahre kreist sie so um die Sonne. Ulysses misst mit ihren wissenschaftlichen Instrumenten das Magnetfeld der Sonne und die Energie der Teilchen aus dem Sonnenwind. Anfang der 80er Jahre von Dornier, heute EADS Astrium, in Friedrichshafen gebaut, hatte Ulysses keinerlei technische Ausfälle. Mag die Raumsonde auch bald Geschichte sein: Die von ihr gewonnenen Daten werden noch Jahrzehnte Bestand haben, betont Richard Marsden.

    "Die Sonnenaktivität schwankt. Von sehr aktiv bis ruhig dauert es etwa sechs Jahre – etwas schneller ist der Wiederanstieg der Aktivität. Wir haben mit Ulysses mehr als einen vollen Zyklus abgedeckt: Von einem Minimum zum Maximum und wieder zum Minimum. Wir haben gemessen, wie sich der Zustand der Sonne verändert und wie die Sonne im Laufe eines Zyklus einfach ihr Magnetfeld umkippt. Im Detail verstanden haben wir diese Vorgänge noch lange nicht. Ulysses zeigt uns auch, wie weit die Sonnenteilchen hinaus pusten, wie weit sozusagen der Einfluss der Sonne im All reicht."

    Einer breiten Öffentlichkeit ist Ulysses kaum bekannt. Ein Grund dafür ist sicher, dass die Raumsonde keine Kamera an Bord hat. Sie funkt einzigartige Messdaten zur Erde, aber keine Fotos der Sonne. Die macht die amerikanisch-europäische Soho-Sonde, die fünf Jahre nach Ulysses gestartet ist. Da die Esa zu spät mit den Planungen für eine neue Sonnenmission begonnen hat, wird der Nachfolger von Ulysses frühestens 2015 starten, erklärt Richard Marsden.

    "Wir planen den Solar Orbiter. Das wird eine Raumsonde, die die Stärken von Ulysses, Soho und der amerikanischen Stereo-Mission kombiniert. Der Solar Orbiter soll aus der Nähe hochgenaue Fotos der Sonnenoberfläche machen und auch die Sonnenpole beobachten. Wegen der Hitze können wir nicht zu nah an die Sonne. Aber Solar Orbiter soll der Sonne näher kommen als jemals eine Raumsonde zuvor: Immerhin auf ein Fünftel des Abstands Erde-Sonne."