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Google macht mobil

Es tut sich derzeit etwas auf dem Mobilfunkmarkt: Der Verkaufsstart von Apples iPhone sorgte für reichlich Wirbel, dazu überraschte Google mit einem breiten Vorstoß in den Handymarkt. Der Suchmaschinen-Spezialist will mit einem eigenen Betriebssystem in den Revieren der Hersteller räubern.

Von Marcus Schuler |
    Es Apple nach zu tun, und ein eigens Mobiltelefon zu produzieren, ist zwar eine nahe liegende Idee, aber entspricht nicht unbedingt dem Stil von Google, das sein Geschäftsmodell nach wie vor im Internet sieht. Die Ankündigung, ein eigenes, kostenloses, offenes, auf Linux basierendes Betriebssystem auf den Markt zu bringen, ist vermutlich sogar mutiger. Hinter Android steckt eine Allianz von mehr als 30 verschiedenen Partnern weltweit. Initiator: Google. Mit dabei: Mobilfunkprovider wie T-Mobile aus Deutschland oder China Mobile aus China, aber auch Handy-Hersteller wie Motorola, Samsung oder LG. Mobile Datendienste und Kommunikation – das ist einer der Wachstumsmärkte der Zukunft, prophezeien Experten. Tim Weber, deutschstämmiger Wirtschaftsjournalist bei der britischen BBC und Google-Experte sagt, dass vor allem in Entwicklungsländern der stationäre Internet-Verkehr via PC vom mobilen Datenverkehr via Handy oder Handheld überflügelt werden dürfte.

    "Und wenn Google dann plötzlich nicht in dem Bereich ist, wo die Leute mehr Zeit zubringen als vor dem Computer, dann hat Google ein Problem. Wieder ein Teil der Google-Strategie: Dort hinzugehen, wo die Menschen hingehen."

    Von Android sollen alle profitieren – sogar die Konsumenten. Bereits im nächsten Jahr sollen die ersten Geräte auf den Markt kommen. Die Mobilfunkprovider hoffen vor allem eines: Traffic in ihren Netzen. Also möglichst viel Datenverkehr. Denn der bringt Umsatz. Und Android verspricht genau das. Nicht nur bloße Telefonie, sondern die mobile Nutzung des Internets und seiner Dienste. Alexander van Elsas vom niederländischen Telefonanbieter KPN sieht noch ein weiteres Motiv, das die offene Plattform für die Mobilfunkprovider so interessant macht:

    "Sie müssen die Kosten weiter reduzieren und gleichzeitig die Funktionalität der Mobiltelefone erhöhen, weil die User immer mehr Möglichkeiten verlangen. Doch dazu müssen sie standardisieren. Nur so können sie mehr Gewinn machen."

    Standardisierung war auch eines der meist genannten Worte bei den Mobilfunkexperten, als Google die neue Plattform ankündigte. Handys mit Android-Betriebssystem werden benutzerfreundlicher. Der Grund: ein für alle Entwickler weltweit offener Standard. Jeder kann Verbesserungen einbringen. Alexander van Elsas prognostiziert deshalb:

    "Wir werden eine Menge neue Programme für die Plattform erhalten, weil es sich um ein offenes System handelt. Und die werden auf mehr als einem bestimmten Gerät funktionieren. Der Benutzer wird profitieren, weil die Bedienung intuitiver werden wird."

    Ein weiterer Vorteil: Linux ist ein sparsames Betriebssystem. Es benötigt vergleichsweise wenig teuren Speicherplatz. Konkurrenzmodelle zum Beispiel mit Windows Mobile von Microsoft benötigen 80 Megabyte und mehr. Das iPhone von Apple braucht sogar rund 500 Megabyte. Aber auch bei den Material- und den Entwicklungskosten sollen die Handy-Hersteller künftig sparen können. Während man bei Microsoft schweigt und versucht, Google zu ignorieren, ist man bei Symbian nervöser. Seit dem Jahr 2000 sollen mehr als 145 Millionen Handys mit diesem von einer britischen Firma stammenden Betriebssystem ausgeliefert worden sein. Fast drei Viertel aller Handys weltweit laufen damit auf Symbian. Nokia ist einer der größten Abnehmer, ist sogar an dem Unternehmen beteiligt. Symbian-Chefstratege Forsyth sagt: Wäre nicht Google in dieses Projekt involviert, hätte die Branche über den Ansatz wohl nur müde gelächelt. Der amerikanische Technologie-Blogger Om Malik aus San Francisco warnt vor allzu viel Euphorie für Android und für Google:

    "Es gibt noch eine Reihe von Punkten, die nicht geklärt sind. Zum Beispiel, wie sehen die Verträge von Google mit seinen Partnern aus. Ich glaube, da müssen wir noch ein Zeit lang abwarten, bis die von Google angestrebten Geschäftsbedingungen definiert sind."